Oberösterreich, 23. Jahrgang, Heft 3/4, 1973

Friedrich Fuchs Das oberösterreichische Gewerbe Skizze einer Standortbestimmung und Ausblick Sämtliche Fotos: Römer Seit Marx sind immer wieder Versuche und Anstrengungen unternommen worden, das Handwerk bzw. das Gewerbe totzuschwei gen oder besser gesagt totzusagen. Die Zahl derer, die dies taten, ist Legion. Auch heute braucht man sich nicht besonders an zustrengen, um in den verschiedentlichsten Veröffentlichungen immer wieder die Aus sage zu finden, „das Gewerbe stirbt", „Wieder weniger Gewerbebetriebe", oder „Die Bedeutung des Gewerbes dauernd im Schwinden begriffen". Fast möchte man fragen, warum so voreilig? Denn als vor eilig müssen solche Aussagen qualifiziert werden, wenn nicht gar als oberflächlich. Für die meisten Verfasser solcher Aussagen — nur einzelne tun dies noch als treue Anhänger der Marx'schen Lehre — genügen ein paar Globalzahlen über die Entwicklung des Mitgliederstandes der Sektion Gewerbe, wie sie in den Jahresberichten ausgewiesen werden, um neuerlich — zum wievielten Male schon? — der erstaunten Umwelt zu verkünden, daß das Gewerbe im Sterben liege. Erreicht wird damit nur, daß der Bevöl kerung die volkswirtschaftliche Aufgabe des heimischen Gewerbes weitgehend verbor gen bleibt und daher auch das Interesse der Bevölkerung an den Problemen des Ge werbes wesentlich abgeschwächt wird. Die Folgen davon hat aber wieder das Gewerbe selbst zu tragen, z. B. Berufswahl; welche Eltern werden dem Kind zu einem Hand werksberuf raten, wenn heute schon die berufliche Zukunft in Frage gestellt wird? Es ließen sich hier noch eine Menge Bei spiele anführen (Kreditfragen, Standort fragen usw.), doch ist dies nicht Aufgabe dieser Ausführungen. Hier soll eine Standortbestimmung des oberösterreichischen Gewerbes versucht werden. Dem heimischen Gewerbe gehören heute 17.679 Mitglieder an. In 56 Innungen und Fachvertretungen aufgegliedert, ergibt sich eine breit aufgefächerte Palette von Waren- und Dienstleistungsangeboten. Die volkswirtschaftliche Bedeutung dieses Lei stungsangebotes wird wohl am besten da durch dokumentiert, daß das österreichische Gewerbe seinen Bruttoproduktionswert al lein im letzten Jahr von 89,7 auf 108,6 Mil liarden Schilling steigern konnte und damit seinen Anteil am Bruttonationalprodukt von 21,6 auf 22,8 Prozent erhöhte. Auch das oberösterreichische Gewerbe hat seinen Anteil am Bruttoregionalprodukt ständig gesteigert und hält derzeit bei einem sol chen von etwas mehr als 20 Prozent. Dabei ist besonders hervorzuheben, daß Ober österreich im letzten Jahrzehnt ein außer ordentlich starkes Wirtschaftswachstum ver zeichnen konnte(Erhöhung des Bruttoregionalproduktes seit 1964 um 15 Prozent) und trotzdem das Gewerbe seinen Anteil am Bruttoregionalprodukt ständig verbessert. Diese Tatsache, mit Stolz vermerkt, beweist, daß die oberösterreichischen Gewerbeinha ber mit der Zeit gehen und den Anforde rungen, die an sie gestellt werden, gewach sen sind. Doch noch ein kurzer Rückblick auf die Entwicklung der Mitgliederbestände! Es ist richtig, daß die Zahl der Gewerbebetriebe seit 1950 um 35,04 Prozent abgenommen hat (siehe auch „Die Entwicklung der Mit gliederzahlen im oö. Gewerbe seit 1950" in diesem Heft) und es ist richtig, daß dieser Prozeß sich zwar verlangsamt hat, aber sicher noch nicht abgeschlossen ist. Er kann nicht abgeschlossen sein, ist er doch der sichtbarste Ausdruck für die andauernde Wandlung der Struktur der Betriebe, die wiederum notwendig ist, um den ständig sich ändernden Ansprüchen, die an das Gewerbe herangetragen werden, gerecht werden zu können. Büromaschinenmechaniker bei Reparatur arbeiten

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