Oberösterreich, 23. Jahrgang, Heft 3/4, 1973

Josef Ofner Eisenwerkstätten in Alt-Steyr Am 23. August 1287 bestätigte Herzog Al brecht I. die Vorrechte der Stadt Steyr. Die ses Privileg sicherte der Stadt auch das Stapelrecht auf Eisen und Holz aus Inner berg-Eisenerz. Der Handel mit Stahl und Eisen sowie die Verarbeitung dieser Roh stoffe in vielen Werkstätten spielten daher in Steyr die vorherrschende Rolle. Die Hauptmasse dieser Handwerksbetriebe befand sich in den Vorstädten Steyrdorf, Wieserfeld und Aichet am linken Ufer der Steyr. Hammerwerke, Schleifen und Draht züge nützten hier die Wasserkraft. Ein vom Steyrfluß bereits im Mittelalter abgezweig ter 1,5 km langer Kanal, der „Wehrgra ben", trieb die unterschlächtigen Wasser räder. Wegen Lärm und Feuersgefahr lagen die meisten Eisenwerkstätten außerhalb der Stadtmauern, nur die für den Hufbeschlag dringend benötigte Stadtschmiede befand sich in einem Winkel der südlichen Innen stadt. Von den 466 Handwerkern, die gegen Ende des 17. Jahrhunderts im Burgfried der Stadt Werkstätte und Wohnung besaßen, beschäftigten sich mit der Eisenverarbei tung etwa zweihundert Meister. In Steyr dorf und in den angrenzenden Stadtvier teln arbeiteten 297 Handwerker. Man be zeichnete daher diesen Vorort mit Recht als „die Gewerksvorstadt". Im Vordergrund stand die Klingenproduk tion. Das Handwerk der Messerer, dessen Freiheiten schon 1407 Herzog Ernst bestä tigt hatte, erlebte im 16. Jahrhundert einen gewaltigen Aufschwung, Meister aus dem Reich und aus der benachbarten Stadt Wels ließen sich in Steyr nieder und erbauten in der Zeit von 1540 bis 1550 auf dem Wieser feld ihre Werkstätten. Im Jahre 1546 wurde Steyr Mittelpunkt der Messererzunft. Die ser Verband umfaßte die Meister in den Städten St. Pölten, Waidhofen a. d. Ybbs, Krems, Wels, Steinbach a. d. Steyr, Frei stadt, Wien und Preßburg. An der Messererzeugung waren Klingen schmiede und Schleifer beteiligt. Erstere lie ferten die Rohklingen, letztere gaben ihnen die „Schneid". Die Messerer machten sie durch Anbringung der Schale aus Bein, Perlmutter, Messing oder Buchsbaumholz gebrauchsfertig. Messing lieferte meist das Hüttwerk in Reichraming, Buchs bezog man aus Nürnberg und Muscheln aus Venedig, wohin ja auch die Messer größtenteils ge liefert wurden. In den Vorstädten Steyrdorf und Aichet standen auch die Werkstätten der Ahl-, Zweck- und Nagelschmiede, der Feilhauer und Polierer, der Schermesserer und Scher schmiede. Hier und in der Vorstadt Ennsdorf arbeiteten Schwert-, Kreuz-, Pfannen-, Schrot- und Neigerschmiede, Schlosser, Sporer, Plattner, Zirkelschmiede und Klampferer. Im Hinblick auf die Türkengefahr wurde auf Betreiben des Eisenobmannes Johann Christoph Struz von der „Gesellschaft der Rohr- und Büchsenhandlung" 1595 im Stadtteil Vogelsang am rechten Steyrufer die Produktion von Feuerwaffen (Haken büchsen, Musketen, Arkebusier- und Faust büchsen) in größerem Umfang aufgenom men. Diese Rohrschmiede bestand, von ei ner vorübergehenden Stillegung abgesehen, bis ins 19. Jahrhundert. Um 1640 errichtete Bürgermeister Egger von Marbach mit kaiserlicher Genehmigung eine befreite Plattnerwerkstätte, in der größtenteils Brüstharnische angefertigt wurden. Nach ihrer Auflassung um 1659 übten wie früher wieder nur zwei Meister die Plattnerei aus. In der Folgezeit waren bis 1836 Büchsenmacher, Rohrschmiede, Schlosser, Sporer, Plattner und Schwert schmiede im „Kaiserlichen Armaturs-Werk" an der Waffenerzeugung beteiligt. Dieser Produktionszweig wurde durch das 1788 errichtete „Büchsenmacher-Lehrlings-Institut" und durch die „k.k. Feuergewehr-Fabriks-Lokaldirektion" erheblich gefördert. In der Biedermeierzeit bestanden im Kom missariatsbezirk Steyr 227 Werkstätten der „Feuerarbeiter". Das geschäftige Treiben in Steyrdorf schildert F.X. Pritz in seiner 1837 erschienenen Stadtgeschichte: „Schon in den oberen Teilen dieser Vorstadt ertönt über all das Klopfen der kleineren Hämmer, und man erblickt die rußigen Gestalten, die munter und singend ihre Arbeit vollbrin gen; aber noch interessanter ist es, wenn man hinabwandelt zum spiegelklaren, schnell daherrollenden Steyrflusse, der hier in enge Ufer eingezwängt, alles belebt und in Tätigkeit versetzt. Hier hebt er den schweren Eisenhammer zum majestätischen Donner, dort dreht er die kleineren Häm mer in rastloser, hochlärmender Bewe gung"- Um diese Zeit erzeugte Leopold Werndl in seinen Werkstätten in Letten Gewehrbe standteile und Bajonette. Josef Werndl führte das Werk seines Vaters weiter und schuf gemeinsam mit seinem Werkmeister Karl Holub eine blühende Waffenindustrie. Aus diesem Unternehmen, seit 1869 „österreichische Waffenfabriks-Gesellschaft", gingen nach dem ersten Weltkrieg die „Steyr-Werke" hervor, deren Hauptar beitsgebiet die Autofabrikation bildet. An die Stelle der handwerksmäßigen Mes sererzeugung traten 1875 die Hack-Werke. Hingewiesen sei aber auch auf das am Ost abhang des Tabors gelegene Atelier des Meisters Michael Blümelhuber, in dem er vor Jahrzehnten in mühevoller Arbeit seine weltberühmten Werke aus Stahl geschaf fen hat. . i > V.,

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