Oberösterreich, 23. Jahrgang, Heft 3/4, 1973

ker der damaligen Zeit eine weitblickendere Einsicht zu verlangen als von der gelehrten Obrigkeit, wurde doch beispielsweise von der vorderösterreichischen Regierung noch 1796 die Verwendung einer neuen Spinn maschine mit der Begründung verboten, daß jede Maschine oder Erfindung, die da hin ziele, die Handarbeit und Nahrung vie len Menschen zu entziehen, für schädlich angesehen werden müsse. So begann dem Handwerk sein goldener Boden, den es lange Zeit gehabt hatte, langsam zu ent schwinden, lange bevor die Zünfte neuen Gesetzen und Organisationsformen weichen mußten. Abschließend soll noch kurz der kulturellen Art der Freizeitgestaltung des zünftischen Handwerks Erwähnung getan werden. Von den erstbekannten fünf Meistersingorten Österreichs lagen allein drei auf oberöster reichischem Boden, nämlich Steyr, Wels und Eferding^h Daß der Meistersang auch in anderen Orten gepflegt wurde, ist bekannt. Hans Sachs hat, wie er selbst in seinen Reimen schildert, in Wels mit der Dicht kunst begonnen. In Braunau sang er sein „salve ich grues dich schone..." und in Ried komponierte er seinen „güldenen Ton". Aus den Welser Meisterhandschrif ten von Thomas Strohmair und Paulus Freudenlechner aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erfahren wir nicht nur die Namen von Welser Meistersingern, wie des Tuchmachers Gregor Chulich, des Kürsch ners Thomas Mayer und des Weißgerbers Georg Schmiedmayr, sondern auch deren Lieder. Freudenlechner ist 1604 in Eferding nachgewiesen, wo er 1616 sein letzt bekanntes Lied geschrieben hat. In Wels war die Meistersingschule im Schloß Poll heim untergebracht, in Steyr befand sie sich im Rathaus, vorübergehend auch in der Spitals- und Bruderschaftskirche und in der Dominikanerkirche. In Steyr dichtete der Nürnberger Jeronimus Rieger sein Mei sterlied „Klag über alle Welt", 20 Jahre später, 1562 nannte der Kürschner Lorenz Wessel aus Essen in einem seiner Gedichte die Namen der 12 Begründer des Steyrer Meistergesanges, von denen allein zehn ei senverarbeitenden Zünften angehörten. Ne ben dem Nadler Peter Haiberger, dem Mes serer Lorenz Hagmaier und dem Borten schlager Niklas Lindtwurm lebte auch der berühmteste österreichische Meistersinger, der Ahlschmied Stefan Kriegsauer in der alten Eisenstadf'^. Wenngleich die literarische Bedeutung des Meistersanges nicht über Gebühr gewertet werden kann, ist doch unter Berücksichti gung der damaligen Zeitumstände der sitt liche Wert einer solchen Freizeitbeschäfti gung entsprechend hoch einzuschätzen. Wo chentags von früh bis spät abends mit sei ner Hände Arbeit für das Wohl seiner Haus- und Zunftgemeinschaft harte Arbeit leistend, verschrieb sich der zünftische Handwerker in seiner Freizeit voll inniger Frömmigkeit, erfüllt von sinnig ernster und scherzhaft derber Lebenslust, der holdseli gen Kunst des Meistersanges, als dessen würdigster Vertreter und zugleich Vorbild des zünftischen Handwerksmeisters der Schuhmacher und Poet Hans Sachs gelten kann, dessen Meistersang „Wacht auf, es nahet gen dem Tag" seine alten Zunftge nossen wie ein Warn- und zugleich Trost ruf für spätere Zeiten in ihrem zünftischen Leben begleitet haben mag. iSiegel des Handwerks der Schlosser in Enns 1698, oö. Landesarchiv Anmerkungen 'E. Mummenhoff, Der Handwerker in der deutschen Vergangenheit, S. 48. - STA. Schärding, Privilegienbrief dto. Lands hut 1316, 20. 1. Copie. •' F. Kurz, Österreichs Handel in alten Zeiten, Big. XXIX, S. 416. '' F. Kurz a. a. O. S. 99. ^ E. Neweklowsky, diesbzgl. Hinweis; F. Krakowizer, Geschichte der Stadt Gmunden, Bd. III, 262; A. Ziegler, Linz im Wandel der Jahrhunderte. « R. Wissel, Des alten Handwerks Recht und Gewohnheit, Bd. II, S. 332. 'HKA. Hüttenbrief der Grieskirchner Stein metzen und Maurer 1618,1. 4. ® F. Berndt, Das ehrsame Handwerk der Stein metzen und Maurer in Steyr. ° STA. Mondsee, Freiheitsbrief der Maurer und Steinmetzen Oö.1646,11. 5. O. Kastner, Eisenkunst in Oö. "STA. Freistadt, H. ö. der Eisenzieher und Drahtzieher Wels,1630,3. 4. 1- E. Mummenhoff,a. a. O.S. 82,84. ö. Wutzel, Eferding, Antlitz einer alten Stadt(Oö.Heimatblätter Jg. 2/4). ^ J. öfner. Der Handwerkerstand in der 1000jährigen Geschichte Steyrs, S. 302, S. 130. F. Kurz, a. a. O. S. 115. J. öfner, a. a. O. S. 131. "A.Ziegler, Linz im Wandel der Jahrhunderte, S. 108. A. GrüII, Die Stadtrichter, Bürgermeister und Stadtschreiber von Freistadt (Freistädter Ge schichtsblätter, H. 1, S. 11). ö. Wutzel, a. a. O. S. 302. -" STA. Freistädter Bäckenrecht 1397. -' STA. Eferding, Steinmetzartikel für Lehr jungen, Anhang zu Ordnung 1625,15. 6. -- Vorschriftsbüchlein der Innviertier Lebzelterund Wachsziehergesellen, Hauptlade Lands hut. Siegel des Handwerks der Seifensieder im Lande ob der Enns, oö. Landesmuseum MM Siegel des Handwerks der Hammerschmiede in Freistadt, oö. Landesmuseum

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