Wkm Siegel der Gürtler in Steyr, Archiv der oö.Han delskammer Siegel des Handwerks der Sieb- und Korb macher in Linz, Städtische Sammlungen Linz W I Siegel des Handwerks der Glaser in Wels, Burgmuseum Wels Schaffung der Meisterstücke mehrmals er wogen, es kam aber nie dazu. Hatte der Stückmeister allen Anforderungen entspro chen und den Meistereid abgelegt, wurde er als Jungmeister in die Zunft aufge nommen, die ihm nun nicht nur ihren Schutz und Beistand in allen Lebenslagen gewährte, sondern auch eine ausreichende Existenz sicherte. Unverschuldet in Not ge ratene Handwerksgenossen erhielten Dar lehen. Nach dem Grundsatz, daß ein Hand werk, das zwei ernähren könne, nicht einer allein betreiben solle, sorgte die Zunft da für, daß auch dem kapitalschwächeren das gleiche Recht auf Arbeit zukam wie dem Begüterten. Diese Erwägungen führten zur Beschränkung der Arbeitsplätze, der Fest legung der Produktionsmengen, der Ver teilung und Zuweisung der Rohstoffe und öffentlichen Aufträge, der Bestimmungen über Ein- und Verkauf, sowie der Unter bindung des Fürkaufes, unlauteren Wettbe werbes und Störerunwesens. Hierüber finden sich in den oberösterreichi schen Handwerksordnungen mannigfaltige Artikel. Die Zünfte schritten aber auch gegen ihre Mitglieder, die schlechte Arbeit leisteten, mit aller Strenge ein. Wer schlechte Arbeit gemacht und das Holz un gebührlich verschleudert hatte, wurde nach der Ordnung der Schüßler, Schaufler und Rockenmacher in Mölln vom Jahre 1600 strengstens bestraft^®. In einzelnen Städten besaßen die Handwerker eigene Beschauund Zunfthäuser, so in Ried und Wels die Leinenweber, in Linz die Bäcker und in Steyr die Messerer, deren Haus heute noch steht. Die gerechte Rohstofflenkung wie der durch die Zunft getätigte Materialeinkauf stellten für viele Handwerker, die selbst nicht über die nötigen Mittel verfügten, den Lebensnerv dar. Hierüber lesen wir in den Ordnungen immer wieder, vor allem aber auch über die Anordnung der Verkaufs hütten. Dem Schutz der Konsumenten dien ten die öffentlich angebrachten Längenmaße und aufgestellten Metzen, die Bäckerschup fen usw. Ein besonderes Auge wandten die alten Zünfte der sozialen Fürsorge zu. Nach der Handwerksordnung der Linzer Schneider (1570) mußten die Gesellen alle 14 Tage 2 Pfennige in die Lade legen, damit einer der ihren zufolge „Armuet,khrankheit oder anderer beschwerlichkeit Schwachheit und gebrechlichkeit" nicht an den Bettelstab komme®^. Das Handwerksbuch der Frei städter Drahtzieher weist unter dem Titel „ausgeliehen Gelt auf die Armen und Dürf tigen handwerchsleut" die an solche aus gegebenen Beträge auf, während nach der Zunftordnung der Welser Hufschmiede die Stadt Wels zur Unterstützung der durch Feuersbrunst, Krankheit oder dergleichen verarmten Meister eine Hilfssteuer vor sah'®. Im Bäckerhandwerk war es üblich, daß ein verarmter Bäckermeister das erste Anrecht auf einen Brotsitz hatte. Die so ziale Betreuung war mit dem zünftischen Gedanken aufs engste verbunden. Die Zunft sorgte für ihre Mitglieder von der Wiege bis zur Bahre; so kenne ich kaum eine Handwerksordnung, die nicht allen Mitgliedern die Teilnahme am Begräbnis eines Zunftgenossen vorgeschrieben hätte. Will man das zünftische Leben ins rechte Licht rücken, muß man wohl auch die Schat tenseiten aufzeigen, die ihm seine Grund lagen entzogen, seinen Höhenflug fortzu setzen. Mit der schon erwähnten Behinde rung junger Meister, das Meisterrecht zu erwerben, und dem immer mehr zu Tage tretenden Sichabschließen wurde be reits der Ast angesägt, auf dem man selbst saß. Reformation und Gegenreformation, Epidemien, der dreißigjährige Krieg, all dies wirkte sich naturgemäß auch auf das zünf tische Leben verheerend aus. Wenn wir hören, daß um 1622 in Steyr vor den Brot sitzen an die hundert Personen Schlange standen, der Wert des Geldes auf die Hälfte und später auf ein Viertel sank und die Städter ihren Silberschmuck, ihr Zinnge schirr, Bettzeug und sonstige wertvolle Habe zu den Bauern aufs Land hinaustru gen, um sie gegen Getreide und Lebensmit tel einzutauschen, werden Erinnerungen an die Zeiten der beiden Weltkriege wach". Die Not führte dazu, daß sich die Meister selbst ins Handwerk pfuschten, die Rats protokolle unserer Städte aus jenen Zeiten sind voller Klagen der einen gegen die an deren; die Glaser führten Klage gegen die Tischler, diese wieder gegen die Zimmer leute, gegen die wieder die Wagner Be schwerde erhoben. Die Schneider standen gegen die Hutstepper, die Nestler gegen die Beutler, die Riemer gegen die Sattler, die Kerzenmacher gegen die Metzger. Be sonders stark traten die Übergriffe bei den eisenverarbeitenden Gewerben in Erschei nung. Ärger aber als all dies brachte das Ver schwinden des auf das Gemeinwohl aller und nicht des einzelnen gerichteten zünf tischen Geistes das Handwerk in Verruf. Der Versuch, unter allen Umständen an al ten Arbeitsmethoden festzuhalten und sich gegen alle Neuerungen zu stellen, tat das Seine dazu. Der schon damals aufflackernde Erfindergeist wurde in enge Schranken ver wiesen. Man staunt, wenn man hört, daß dem Nürnberger Rotschmied Hans Spaichel die Herstellung neuer Drehtmühlen verbo ten wurde, weil er dies mittels von ihm ge machter Erfindungen besser als andere be werkstelligen konnte,und gegen seinen Sohn wurde Klage geführt, daß er sich unterstan den habe,„deren zu steier ir hiervor aufge richtete aber doch unganghafte Thretmühle durch nothwendigen puchsen, dörn treheisen und andere zugehörung ..." gangbar gemacht zu haben^". Man kann und darf solch kurzsichtige Gewerbepolitik aber nicht den Zünften allein anrechnen. Es wäre grundfalsch, von dem einfachen Handwer-
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