Oberösterreich, 23. Jahrgang, Heft 3/4, 1973

I i /j Siegel der Schilfsleute von Obernberg am Inn 1583, oö. Landesarchiv ' ■ V : m '^3 >« Siegel des Handwerks der Buchbinder in Linz 1614, Archiv der oö. Handelskammer mm' mm Siegel des Handwerks der Riemer in Linz 1658, oö. Landesmuseum Jahr drei, im zweiten vier und im dritten fünf Kreuzer Wochenlohn zu, außerdem ei nen „Schleifrock, 3 par Schuch, 3 Pfaidten und ein Schenfel". Daß der Lehrling beim Meister Kost und Quartier hatte, war eine Selbstverständlichkeit, ebenso aber auch, daß der Lehrling von ehrlicher und eheli cher Geburt sein mußte. Vom Tage des Eintritts in das Handwerk übernahm die Zunft den Schutz des Lehrlings. So lesen wir in den Eferdinger Steinmetzartikeln, daß ein Junge, falls ihm von seinem Mei ster, der Meisterin oder einem Gesellen Un bill widerfahren sei, nicht davonlaufen, sondern dies seinen Bürgen oder den Zech meistern anzeigen möge, damit diese für ihn beim Handwerk Schutz suchen^'. In der für die Hutmacher des Innviertels gel tenden Ordnung hieß es, daß bei harter Behandlung des Lehrlings die „Vierer" dar ein sehen sollten. Dem Meister oblag die Pflicht, dem Lehrling eine gründliche Aus bildung angedeihen zu lassen und für des sen sittliches und leibliches Wohl Sorge zu tragen; hiemit befaßten sich die Ordnun gen in vielfacher Art. Am Ende der Lehr zeit folgte dann in feierlicher Weise, meist am Jahrtag, die Freisprechung. In nicht we niger als 118 Punkten wurden die frei und ledig gesprochenen Lebzelter- und Wachsziehergesellen des Innviertels von der zu ständigen Hauptlade angewiesen, wie sie sich in der Zeit ihres Gesellenstandes ge bührend zu verhalten hätten^^. Wenngleich der Zunftordnung nach mit der Müßigzäh lung der Lehrling Geselle geworden war, wurde er von der Gesellenschaft aber nicht früher als ebenbürtig anerkannt, ehe er nicht in feierlicher Auflage in der Gesellen schenke als ihresgleichen aufgenommen und durch Hobeln, Schleifen, Taufen, Pritschen, Gautschen, Brunnenwerfen udgl. als gleich berechtigt anerkannt worden war. In den oberösterreichischen Zunft- und Gesellen ordnungen finden sich zahlreiche Hinweise auf diese Zeremonien des Gesellenmachens. Ursprünglich bestand zwischen Meister und Gesellen ein partriarchalisch familiäres Ver hältnis, das aber dann zu bestehen auf hörte, als für viele Gesellen die Arbeits bedingungen und die Erlangung des Mei sterrechts so erschwert wurden, daß es ihnen unmöglich schien, selbst einmal Mei ster zu werden. Die Gesellen erkämpften sich daher das Recht, eigene Gesellenzechen zu errichten, bezogen eigene Herbergen und erhielten entsprechende Satzungen. Wo dies nicht der Fall war, wurden in die Zunft ordnung entsprechende Artikel aufgenom men; aus der Eggenfelder Leinenweberord nung ist z.B. erkenntlich, daß bezüglich der Gesellenarbeit auch zwischen bayrischen, österreichischen und salzburgischen Ze chen bestimmte Abmachungen bestan den^^. Die Gesellen verstanden es auch schon bald, ihre Rechte durchzusetzen. So ist im Freistädter Bäckenrecht bereits 1387 davon die Rede, daß die Bäckenknechte die Arbeit niedergelegt hatten, weil die Mei ster fremde Arbeitskräfte arbeiten lie ßen^''. Nach der Aufnahme in die Gesellenschaft begann bei den „geschenkten" Zünften die bei diesen vorgeschriebene Wanderzeit, die die jungen Leute oft durch halb Europa führte. Damit begann die zweite Stufe des handwerklichen Werdeganges. Auch die Wanderzeit war nicht bei allen Zünften gleich lang. Im obderennsischen Leinenwe berhandwerk durfte ein Meister, der nicht zwei Jahre gewandert war, durch acht Jahre keinen Knappen aufdingen^^, nach der Lin zer Binderordnung mußte ein Meistersohn oder Geselle, der sich mit einer Witwe oder Meisterstochter verheiraten wollte, vorher drei Jahre gewandert sein^®. Für die Wanderschaft war der Handwerker gruß von besonderer Bedeutung. Dieser war bei den einzelnen Zünften in Sprache und Gebärden unterschiedlich und mit ihm hatte sich der Wandernde, sobald er in eine fremde Stadt kam, auf der Herberge oder beim „Irten" — oder „Umschickgesellen" auszuweisen. Erst nach Anerkennung sei ner Redlichkeit und ehrlichen Geburt wurde ihm eine Arbeitsstelle zugewiesen. Strenge wurde darauf geachtet, daß sich kein Ge selle zu unwürdiger Arbeit gebrauchen ließ, Frauenarbeit war im allgemeinen verboten und „sollte etwa eine Dirne mit Wissen des Meisters arbeiten", dann waren Mei ster und Gesellen, die dagegen nichts unter nahmen, straffällig, kündet die Gürtlerord nung der Stadt Steyr aus dem Jahre 1584^^. Die Gesellenzusammenkünfte fanden meist einmal im Monat im Beisein des Altgesel len, mitunter auch des verordneten Mei sters statt. Jeder Geselle war verpflichtet, daran ohne Wehr und Waffen teilzuneh men und sich ehrbar allen anderen gegen über zu erweisen. Um allenfalls ausbre chende Streitigkeiten schon im Keim unter binden zu können, bestimmte der Artikel brief der Webergesellen der Stadt Wels, daß in einem solchen Fall die Versamm lung vom Altgesellen aufzuheben und ein „Friedtag" festzusetzen war, der den Sinn hatte, die erhitzten Gemüter innerhalb ei ner gewissen Frist abkühlen zu lassen und erst dann die Beratungen wieder fortzu setzen. Sehr verschieden war die Länge der Arbeitszeit, die sich im allgemeinen nach der Jahreszeit richtete. Im Sommer begann sie meist um 4 oder 5 Uhr und endete nach dreimaliger, meist einstündiger Unterbre chung um 7 Uhr abends, häufig auch spä ter. Im Winter (Michaeli bis Georgi) rich tete sie sich gewöhnlich nach den Lichtver hältnissen. Der in Bad Ischl heute noch alljährlich nach Michaeli abgehaltene Lichtbratl-Montag erinnert noch an diese Zeit, in der das erstmalige Lichtanzünden bei der Arbeit mit einem Mahl gefeiert wur de^®. Daß dies an einem Montag geschah, bringt den „blauen Montag" in Erinnerung. Während in älteren Ordnungen gegen das zeitweise oder ganztägige Ausstehen Straf-

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