Oberösterreich, 23. Jahrgang, Heft 1, 1973

derts war zwischen Ulm—Regensburg— Linz—Wien ein regelmäßiger Personen- und Warenverkehr eingerichtet, der durch „Ordinari-Schiffe" betreut wurde. Erst das Zeitalter des Merkantilismus schuf in Eu ropa die große Epoche der Schaffung von Kanalsystemen — so insbesondere in Eng land, in Frankreich und im Norden des Deutschen Reiches. Auch am Wiener Hof kursierten Projekte, die sich mit der An lage künstlicher Wasserstraßen, dabei auch mit der Wiedererweckung des Werkes „Weyland Kaiser Caroli Magni" befaßten. 1668 schrieb der Kaiserliche Rat Johann Becher seinen „Politischen Diskurs über die Utilitäten der Vereinigung von Donau und Rhein über Wernitz und Tauber", wobei er auch über den Inn an eine Verbindung nach Süden dachte. Ab Innsbruck sollte auf dem Landweg die Etsch gewonnen und von da ab wieder der Wasserweg nach Venedig und in die Lombardei erschlossen werden. Kaiser Leopold 1. gab zudem seinem Statt halter in Mähren den Auftrag, zur Hebung des Orienthandels eine Donau-Oder-Was serstraße auszubauen. Durchgeführt wurde dieser Plan allerdings nicht. Die Regel, daß Wasserstraßen für den Güterverkehr lei stungsfähiger als die Landstraßen wären — leistungsfähiger und in Bau und Erhaltung zumeist auch billiger —, galt eben nur für das Flachland. In den österreichischen Län dern der Habsburgerkrone stieß der Kanal bau auf große Schwierigkeiten. So blieb etwa die zur Zeit Maria Thersias geplante Kanalverbindung von Wien nach Triest bei der Realisierung in der Anfangsstrecke, dem „Wiener Neustädter-Kanal", stecken. Trotzdem gab es damals sehr weitge spannte Projekte, wie zum Beispiel jenes des belgischen Ingenieurs Maire, der im Auftrag von Kaiser Josef II. ein Kanal system von der Donau zum Main sowie zur Moldau, zur Oder, zur Weichsel und zum Dnjestr ausarbeitete. Die einzige Wasserstraßenverbindung, die sodann im Bereich der oberen Donau tat sächlich zwei große Stromsysteme verband, war der von Josef Rosenbauer in den Jah ren 1789 bis 1822 erbaute fürstlich Schwarzenberg'sche Holzschwemmkanal zwischen der Moldau der der Großen Mühl bzw. der Donau. Neben der Donauschiffahrt kam in Ober österreich stets der Traunschiffahrt ein be sonderer Rang zu, weil der Großteil des Salztransportes auf dem Wasser erfolgte. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden in Gmunden jährlich 300.000 bis 400.000 Zentner Salz verschifft. Im Gegentrieb wurde ungarisches Getreide in das auf die Lebensmittelzufuhr von außen angewie sene Salzkammergut herangebracht. Eine der wichtigsten Transportbewegungen waren die Salztransporte aus dem Salz kammergut nach Böhmen. Sie vollzogen sich bis Linz gleichfalls auf der Traun und von hier ab bzw. von Mauthausen auf dem Landwege nach Norden. Es handelte sich hiebei um sehr beträchtliche Mengen. Dem Ziel, die Beförderung zu erleichtern und zu beschleunigen, diente das Projekt des aus Linz gebürtigen Professors am Wiener Polytechnikum und Navigationsbaudirek tors Josef Walcher (1718—1803), der durch den Haselgraben über Leonfelden bis Hohenfurt an der Moldau einen Kanal plante, welcher allerdings infolge der zu überwin denden Höhenunterschiede nicht weniger als 275 Schleusen aufweisen sollte. Reali siert wurde diese verkehrspolitische Kon zeption sodann durch die erste Überland bahn des Kontinents, die Pferdeeisenbahn Budweis—Linz—Gmunden (gebaut 1826 bis 1836). In der Zizlau entstand der erste Hafenplatz an der Donau mit direktem Bahnanschluß. Hier wurde das für Wien usw. bestimmte Salz von den Wagen der Pferdebahn auf die zu Tal fahrenden Kelheimer verladen. Es wurde aber auch direkt an der Linzer Lände umgeschlagen. Zunächst als Dampfbahn projektiert, je doch sodann auf den Hauptteilen nur für den Pferdebetrieb ausgebaut, haftete der ersten Überlandbahn Europas in ähnlicher Weise von Anfang an das Moment des technischen Überholtseins an wie ein Jahr zehnt später der ersten Verwirklichung der Rhein-Main-Donau-Verbindung durch Kö nig Ludwig I. von Bayern. Der LudwigDonau-Main-Kanal, der lediglich 120-Tonnen-Schiffe aufnehmen konnte und nur für den Treidelzug mit Pferden ausgestattet war, wurde 1846 bzw. zu einer Zeit eröff net, als streckenweise parallel dazu bereits eine wesentlich leistungsfähigere Dampf bahn in Betrieb war und auf den Wasser straßen schon Dampfschiffe von beträcht licher Größe verkehrten. Die Donau war weiterhin bestimmend für die weiträumigen Wirtschaftsbeziehungen der Stadt. Am 13. September 1837 hatte erstmals ein Dampfschiff der 1829 gegrün deten „k.k. priv. Donau-DampfschiffahrtsGesellschaft", die „Maria Anna", nach zweitägiger Bergfahrt von Wien herauf an der Linzer Lände angelegt. Einen Monat später traf der erste Dampfer der „Königl.- bayrisch-württembergischen Donau-Dampf schiffahrtsgesellschaft", von Regensburg herabkommend, in der oberösterreichischen Landeshauptstadt ein. Im folgenden Jahr wurde durch die beiden Gesellschaften ein Anschlußlinienverkehr Ulm—Regensburg— Passau—Linz—Wien eröffnet. Anderseits er schloß die Donauschiffahrt der Monarchie den natürlichen Zugang zum Meer. Die 1829 gegründete „Erste Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft" verfügte 1842 be reits über 16 Donau-Dampfschiffe, hievon zwei reine Zugschiffe, bzw. Remorqueure und 14 Passagierschiffe, die auch Waren beförderten. Das Unternehmen besaß außerdem sieben Seeschiffe, die den Ver kehr von Galatz aus zu den Häfen des Vorderen Orients und in den Mittelmeer bereich besorgten. Nachdem 1834 in Triest im Auftrag der DDSG der erste Seedamp fer von Stapel gelassen worden war und im gleichen Jahr der Dampfer „Argo" das Eiserne Tor passiert hatte, war die Donau der Weg in den Seeverkehr geworden. Erst 1844 trat die DDSG auf Veranlassung der Regierung ihre Seeschiffe an den neuge gründeten österreichischen Lloyd in Triest ab, der im Seeverkehr ihr Erbe antrat und nicht zuletzt hiedurch binnen weniger Jahre zur größten Dampfschiffahrtsgesellschaft des Mittelmeeres aufsteigen konnte. Die Voraussetzung für den Verkehr auf der oberen Donau war die Entschärfung der Stromschnellen im Greiner Struden, wo zwar schon seit Kaiserin Maria Theresia Sprengungen durchgeführt worden waren, die aber für die Passage eines Dampfschif fes nicht ausreichten. Noch lange Zeit blieb der Struden trotz allem das größte Hin dernis an der oberen Donau, das auch von der Dampfschiffahrt seine Opfer forderte und bei der Bergfahrt bis in die siebziger Jahre den zusätzlichen Vorspann von Pfer den oder Ochsen verlangte. Knapp drei Jahre nach der Ankunft des ersten Donaudampfers in Linz, nämlich 1840, gründete im Osten der Stadt der Handelsmann und Schiffmeister Ignaz Mayer die Linzer Schiffswerft, den ältesten eisenverarbeitenden Großbetrieb der Lan deshauptstadt und die erste Werft an der Donau, auf der nach englischen Vorbil dern eiserne Güterkähne für den Verkehr auf dem Strom gebaut wurden. In schicksalhafter Weise werden alle mit dem Donaustrom verbundenen Einrichtun gen und Lebensbereiche von den nicht vor ausschaubaren Ereignissen der Natur be stimmt, sei es die Donauschiffahrt selbst, sei es ihre wirtschaftliche Bedeutung, seien es die Anlagen am Strom. Waren es einer seits die Stromschnellen, die unregelmäßige Wasserführung, die häufigen Hochwässer und extremen Niederwässer des „Giganti schen Wildbaches", als der sich die Donau zeigte (und zum Teil ja auch heute noch erweist), welche die Transportbewegungen der Schiffahrt beeinflußten, so erwiesen sich andererseits die Ernteergebnisse in den Agrargebieten des Donauraumes von nicht geringeren Auswirkungen. Das Jahr 1867 war z. B. infolge der Rekordernte in Un garn und den gleichzeitigen Mißernten in Westeuropa das beste Geschäftsjahr der DDSG ihres nunmehr heute mehr als hun dertvierzigjährigen Bestandes. Die DDSG verfügte zu dieser Zeit schon über mehr als 150 Dampfschiffe, 550 Güterkähne, über ein Betriebsstreckennetz von 5434 km Länge, sie hatte ausländische Konkurrenz unternehmungen aufgesogen (wie etwa die Bayrisch-Württembergische Dampfschiff fahrt), besaß zwei Werften (Altofen und Korneuburg), eigene Bergwerke, eigene Bahnlinien und gab für den Postdienst im Südosten sogar eigene Briefmarken heraus.

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