Fritz Felgenhauer Ausgrabungen im Bereich des karolingischottonischen Königshofes und der bambergischen Bischofsburg zu Attersee Wohl die wenigsten der zahlreichen Besu cher des kleinen Ortes, der den Namen des größten österreichischen „Binnensees" trägt, Attersee, werden sich bewußt sein — wie übrigens wohl auch viele Ansässige —, daß dieser Ort einmal von beachtlicher hi storischer Bedeutung und Mittelpunkt eines ganzen Verwaltungsgebietes, des Atter gaues, war, daß hier auf dem Hügel, der heute die katholische Pfarrkirche trägt, sich ehemals ein Königshof befunden hat, spä ter eine mächtige Burg der Bamberger Fürsterzbischöfe. Denn nichts mehr ist heute zu sehen von alten Mauern und Türmen. Nur dem sorgfältigen Beobachter fallen vielleicht ein tiefer Graben und ein vorgelagerter Erdwall auf, die den Kirch berg noch im Osten, Norden und Westen umziehen (Abb. 1). Bei näherer Betrachtung erkennt man dann allerdings, daß sich hier eine künstliche Anlage, eine Wehranlage, befindet, die den im Süden steil gegen das Seeufer zu abfal lenden Kirchberghügel benützt und ihn an den von Natur aus weniger geschützten Seiten mit künstlich angelegtem Graben und Wall umgibt. Im Westen, wo sich der einzige natürlich günstige Zugang ergab, war der Graben ursprünglich auch vorhan den und nur mittels einer Brücke über querbar. Doch ist er an dieser Stelle vor eini gen Jahren zugeschüttet worden(Abb.2) In unmittelbarer Nähe des Kirchberges, am Südabfall des Buchberges, heute völlig im Hochwald versteckt, befindet sich eine ähn liche Wehranlage, im Volksmund „Schloß berg" genannt. Sie liegt in sehr steiler Hanglage und besteht aus einem relativ großflächigen Mittelwerk, das zum Teil von drei Gräben und Wällen umgeben ist. Noch weiter oben, am Rücken des lang gestreckten Buchberges selbst, findet man, heute ebenfalls ganz bewaldet,eine noch grö ßere, langgezogene Ringwallanlage. Das Vorkommen dreier recht umfangreicher Abb. 1; Der Kirchberg von Attersee, Ansicht von Osten. — Foto: F. Wallisch Wehranlagen auf relativ kleinem Raum ist beachtenswert; es erhebt sich die Frage, welchen Grund dies haben kann. Aus der Urzeit kennen wir in diesem Raum nur die Pfahlbausiedlungen der Jungstein zeit, die sich am Mondsee und an den Ge staden des Attersees ausbreiteten. Aus den folgenden urzeitlichen Perioden, den Me tallzeiten, ist bisher aus diesem Räume noch nichts bekannt geworden. Es ist aber recht unwahrscheinlich, daß die Römer, als sie um die Zeitenwende das Land besetz ten und sich nach Errichtung des Donau limes in ihren Landhäusern auch am Atter see niederließen, hier auf keine Vorbevöl kerung gestoßen wären. Die fünf Jahrhunderte römischer Herrschaft haben das Land geprägt. Römische Kultur und Gesittung fanden Eingang, auch die nichtrömische Bevölkerung war weitgehend romanisiert. Straßen durchzogen das Land, römische Städte und Siedlungen entstanden auf dem flachen Land. 488 ziehen die letz ten Römer von Enns aus, dem Ansturm germanischer Völker aus dem Norden wei chend, in ihr Mutterland ab. Überall im Lande blieb aber eine Restbevölkerung zu rück, deren Vorhandensein ganz besonders im Räume des späteren Attergaus durch einige Indizien naheliegend erscheint. Die „Quadrafluren" und die „Walchen"namen verweisen darauf. Als im 6. Jahrhundert die Bayern in die ses Gebiet einwanderten und das Land bis zur Enns bald zum bayrischen Kerngebiet gehörte, trafen sie auf diese romanisierte Restbevölkerung und standen wohl in rela tiv gutem Einvernehmen mit ihr. Es hat so gar den Anschein, als ob die bayrischen Herzöge ganz besonders gerne das von den Walchen besiedelte Gebiet in ihren eigenen Besitz übernommen hätten. In diesem Zu sammenhang erhält die erwähnte große Ringwallanlage auf dem Buchberg einiges
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