Oberösterreich, 22. Jahrgang, Heft 2, 1972

scKlossenes, ziemlich geschütztes Gebiet. Diese Fläche könnte das Siedlungsgebiet der jüngeren Steinzeit gewesen sein. Man muß bedenken,daß damals das Jahresmittel um zwei Grad wärmer als heute war und es damals am Kürnberg noch keinen Na delwald gegeben hat. Es war eine Art Park landschaft. Von der Kanzel hatte man eine gute Fernsicht nach Süden, Westen und Norden und vom Gipfelpunkt nach allen Himmelsrichtungen. Die Felsgruppe Kan zel-Kapuze bot auch hinlänglich Schutz ge gen die Wetterseite für die Menschen in den vermuteten Wohnhöhlen. Südlich des Geiernestes sind Anzeichen einiger Wohn gruben erkennbar. Eine Wasserstelle inner halb des beschriebenen Siedlungsgebietes habe ich zwar nicht gefunden, 100 Schritte südlich der Kanzel befinden sich jedoch eine Quelle und mehrere Wohngruben. In vier dieser Wohngruben habe ich noch 75 cm tiefer geschürft, aber nichts gefunden, was zur zeitlichen Bestimmung geeignet gewe sen wäre. Nur in einer Grube befand sich etwas Holzkohle. Der Inhalt der Gruben war bereits gänzlich ausgeräumt. Wären sie unberührt geblieben,so hätte man heute Mühe, sie als Wohngruben anzusprechen, denn eine Zeit von ca. 3600 Jahren wirkt sehr ausgleichend. Da sich in der Reingrub, einer ziemlich ebenen Terrasse am Südhang des Berges, ein Hügelgräberfeld befindet, muß am Kürnberg auch eine bronzezeitliche Sied lung gewesen sein. Diese Siedlung befand sich am Berggipfel, wovon die vielen Wohngruben in der Nachbarschaft des Ringwalles Zeugen sind. Besonders zahl reich sind diese Wohngruben an der SüdOstseite des Ringwalles. Auf diesem Platz hat Benesch 1910 noch 60 Gruben feststel len können, von denen einige deutlich den Anschluß an eine Vorratsgrube aufwiesen. Der Inhalt der meisten Gruben ist zu Wall bauten verwendet worden, sonst wären sie nicht so deutlich zu erkennen. Der Flur name lautet „In den Grüben". Die auffallendsten Spuren menschlicher Tätigkeit am Kürnberg sind aber die vielen Wälle (Abb. 1). Es gibt da Randfesten, Grenzwälle, Wildzäune mit Wall und Gra ben und große bis zu sechs Meter hohe Wälle. Die Randfesten, eine Bezeichnung, die von Benesch stammt, der sie auch ent deckt und zeichnerisch festgehalten hat, sind noch nicht datiert, ihr Zweck war wohl der, ein feindliches Eindringen auf den Berg, besonders von Reitern, zu verhindern oder zumindest zu erschweren. Ihre Ent stehung dürfte daher in die Zeit fallen, in der die Reiterheere der Hunnen, Awaren, Magyaren und Türken in unser Land ein fielen und streunende Abteilungen die Ge gend um den Kürnberg unsicher machten, deren Bevölkerung sich auf den Berg ge flüchtet hatte. Ursachen für Grenzgräben T-j'-r ) I 15 § 1 ■ fift v oa-^TO— ; a I I i ^ (■■»S.VSS'g—V- ?jio 910 bzw. Grenzwälle waren gegeben durch die Stiftung des Klosterwaldes (Wilheringer Waldes) für die Zisterze Wilhering, durch den Steyregger Besitz am Kürnberg, die Gebietsanteile verschiedener Herrschaften an der Mühlbacher Seite und schließlich durch den landesfürstlichen Besitz selbst, den Kümberger Wald. Nun bleiben noch die mächtigen Wälle am Berggipfel und seinem Südhang und beim Friedgraben, dem früheren Heiimbach. Wer waren die Erbauer, wann wurden sie errich tet und warum? Schon bei meinem ersten Spaziergang im Oktober 1920 im Kümber ger Forst waren mir diese großen Wälle aufgefallen. Meine diesbezüglichen Fragen wurden mir im Landesmuseum mit dem Hinweis auf den Artikel von Ludwig Be nesch „Zur Lösung des Kürnbergrätsels" von 1910 beantwortet. In ausgezeichneten Handskizzen macht hier Benesch auf die Wälle, Hügelgräber und Wohngruben auf merksam und bezeichnet den Ringwall am Gipfel als eine „Sachsenburg". Oswald Menghin deutete 1923 den Ringwall als keltische Volksburg und verlegte ihre Er bauung in den Anfang der Spät-La-TeneZeit, also etwa 100 v. Chr. Das „Gugerl", die Motte E beim unteren Vorwall und das „Gschloß" bei der Mündung des Heinzenbaches in die Donau hielt Menghin für hochmittelalterliche Hausberge. Die Ver anlassung zu seinem Gutachten waren die Grabungen von P. Dr. Leopold Schiller vom Stiftsgymnasium in Wilhering, der mit seinen Schülern zum erstenmal einen Grab hügel am Nordrand der Reingmb im Herbst 1922 öffnete. Es war ein kleiner Hügel, der in seinem Innern die typische Steinpackung bronzezeitlicher Gräber zeigte. Leider war das Grab beraubt. Nur eine der seltenen Zylinderhalsurnen konnte geborgen werden. Sie wurde hinter eine Steinplatte gestellt, die jedoch umfiel und die Urne zerdrückte. Erwin Theuer, Schloß besitzer in Fischlham, der sich sehr für die Grabungsarbeit Schillers interessierte, sam melte die Bruchstücke und setzte sie in monatelanger Arbeit wieder zusammen. Die Urne kam in das Oö. Landesmuseum. Um die Zeitstellung besser aufzuklären, wurde am 1. Mai 1923 ein zweiter, etwas größerer Tumulus angeschnitten. Es zeigte sich ein ähnliches Bild und auch die Ge wißheit, daß eine Beraubung aus unbe kannter früherer Zeit vorlag. Als Datierung konnte die Bronzezeitstufe B angenommen werden, ebenso die Vermutung, daß zu dieser Zeit die Kuppe des Berges besiedelt war. Von Schiller und Theuer wurden nach einander acht weitere Grabhügel unter sucht, doch zeigten sich bei allen schon in geringer Tiefe deutliche Anzeichen von Be raubung, andererseits unverkennbare HinAbb. 2: Archäologische Aufnahme und Skizze des Verfassers von einem Hügelgrab in der Reingrub

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2