Oberösterreich, 22. Jahrgang, Heft 2, 1972

Severinus-Tor (Westtor) der St.-LaurenzBasilika zu Enns-Lorch. Severinus-Tor und Florian-Tor, beides Bronzetore, sind Schöpfun gen des Linzer Bildhauers Peter Dimmel. Unser Bildausschnitt zeigt die Auffassung des bilden den Künstlers der Gegenwart. — Foto: Diözesanbildstelle Linz, R. Mair Kaiser bei Ernennung des weströmischen Konsuls Rücksicht auf die Rivalität der beiden sich bereits damals scharf gegen einander abgrenzenden Gruppen des galli schen und italischen Provinzadels nehmen mußte, auch erwähnt der über den galli schen Senatorenstand gut informierte Apol linaris Sidonius den Severinus sonst nir gends. Nichts liegt aber näher, als auch den Konsulat des Severinus mit Verdien sten um den Vandalenfeldzug und das zu diesem Zweck aufgestellte Heer in Verbin dung zu bringen. Wenn wir ihn nun mit dem Anführer der vor allem aus Donau germanen bestehenden Armee identifizie ren könnten, wäre eine Beziehung herge stellt, die zugleich seine Identifizierung mit dem norischen Heiligen in den Bereich der Möglichkeiten rücken würde. Apollinaris Sidonius, der jenes Gastmahl beschreibt, erwähnt zugleich, der Konsul Severinus habe schon mehreren Kaisern — offenbar ein Ausnahmefall — treu gedient. Diese Mitteilung würde uns über den Vor gänger des Maiorian, Avitus, auf Valentinian III. zurückführen. Von Avitus be richtet Sidonius an anderer Stelle, er habe die pannonischen Provinzen nach langen Jahren dem Römischen Reich zurückgewon nen. Da er dies jedoch auf einer Reise von der Provence nach Italien innerhalb weni ger Wochen nicht gut allein erreicht haben kann, müssen wir das eigentliche Verdienst einer Reorganisation Pannoniens nach dem verheerenden Hunnensturm einer Persön lichkeit zuschreiben, die schon unter dem Vorgänger des Avitus, Valentinian III., hier gewirkt haben dürfte. Sie muß in die sem Raum nach 454 eine ähnliche Rolle gespielt haben wie im Jahre 408 nach dem Abzug der Westgoten Alarichs der von Honorius dorthin abgeordnete Generidus, dem — wohl als Heermeister — die nori schen und pannonischen Provinzen samt Dalmatien unterstellt worden waren. Da mit werden wir nun wiederum an die Aus sage Eugipps erinnert, Severin sei nach dem Zusammenbruch des Hunnenreiches in das Donauuferland gekommen. Demgegenüber lassen sich freilich, wie eine genauere Untersuchung ergibt, die in den ersten Kapiteln erwähnten Vorkommnisse nur in die Jahre 467 bis 471 datieren. Demnach klafft zwischen der Ankunft Se verins und dem Beginn seines Wirkens, so wie dies Eugipp schildert, eine Lücke von etwa dreizehn Jahren. Da das zeitliche Zu sammenfallen des Eintreffens Severins am Donaulimes mit einem so markanten Er eignis wie dem Tode Attilas im Jahre 511 noch durch Zeitgenossen und insbesondere die noch lebenden Schüler Severins kont «i - iw »21 < trollierbar war, möchte man dieses Datum nicht ohne zwingende Gründe aufgeben. Andererseits ließe sich die Traditionslücke gut durch die Annahme erklären, die Er eignisse dieser Periode im Leben Severins könnten deshalb ausgefallen sein, weil sie sich mit der im Kloster gepflegten Über lieferung vom Heiligen, den obenerwähnten Forderungen des Meisters selbst sowie der hagiographischen Intention der Vita schlecht in Einklang bringen ließen. Da aber die Zugehörigkeit des heiligen Severin zur höchsten Rangklasse des Illustr(issim)ats nicht mehr in Zweifel ge zogen werden kann und diese zugleich eine von ihm bekleidete hohe Stellung im Ge füge der spätantiken Staatsorganisation voraussetzt, andererseits gerade im pannonisch-norischen Donauraum nach 454 eine Persönlichkeit dieses Ranges gewirkt haben muß, deren Namen wir nicht kennen, kann die Möglichkeit einer Identität des Heiligen und des Heermeisters, der 458 das donau germanische Heer aufbot und dem Kaiser Maiorian zuführte, nicht ganz von der Hand gewiesen werden. Diese Hypothese wird nun durch den Umstand gestützt, daß der Konsul des Jahres 461 ebenfalls den Namen Severinus trägt und schon Valenti nian III. gedient haben muß, wahrschein lich dem italisch-stadtrömischen Adel ent stammt und möglicherweise mit der Vor-

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