desverse, Alk. 1139 ff., wo es im letzten Dialog: Admet-Herakles, heißt: „Wie hast Du sie aus der Unterwelt hieher ans Licht geleitet?" — „Durch einen Kampf mit der Dämonen Herrn." — „Wo, sagst Du, hast Du diesen Kampf mit Thanatos ausgefochten?" — „Am Grabe selbst habe ich ihn mit Händen aus dem Hinterhalt ge packt." — (nach E. Diez). Es ist ein reli gionsgeschichtliches Unglück, daß uns die Figur des Todes rechts verlorengegangen ist. Denn wir wissen zwar zur Not, wie die Griechen den Thanatos gebildet haben, aber überhaupt nichts vom Bild des römi schen Mors. Gewiß war er nicht eines der Memento mori-Gerippe der Toreutik oder Mosaiken und gewiß auch nicht einer jener wunderschönen, zärtlichen Knaben, die als Trauergenien mit gesenkter Fackel Sarko phage und Grabreliefs bevölkern. Es wird schon in irgendeiner Form ein Kraftkerl, ein rauher Büttel der Unterwelt gewesen sein, der wohl als athletischer Widerpart des Muskelberges Hercules auftreten konnte. Wahrscheinlich war noch ein Mittelstück der kontinuierlichen Szenenfolge vorhan den: Hercules und Alkestis in der Unter welt, vertreten durch ihr Herrscherpaar Pluto und Proserpina samt dem Höllen hund Cerberus. Es wäre dann eine bild gewordene Trilogie von der Überwindung des Todes durch Hercules, seiner Höllen fahrt und seinem Mittlertum zum ewigen Leben gewesen. Und dieses Elysium verkörpern nun die Hauptreliefs rahmende, bacchisch-orgiastische Figurinen. Immer stehen sie auf ge heimnisvolle, für uns Heutige nicht mehr auszuschöpfende Weise zu Hercules in Be ziehung, als synkretistische Geschöpfe und verkindlicht als athletische Putten bei ver schiedenen Beschäftigungen sind sie die heiter wirbelnden Begleiter des abgeschie denen Gerechten auf den Inseln der Seli gen, „auf denen Menschen wie Götter le ben" (B. Andreae). Da schlägt auf der vor gekröpften Randleiste der linken Platte (Textabb. 11) eine üppige, halbentblößte Kitharistria, teils apollinische Muse, teils dionysische Mänade, in ekstatischem Tanz schritt auf ihrer Lyra die sinnbetörende Mysterienmusik, da erscheint auf der Schmalseite derselben Platte (Tafelabb. 11 a) das pralle, tänzerisch bewegte Herculesknäblein im Kampf mit den beiden Schlangen der eifersüchtigen Göttermutter Hera, seiner ersten Siegertat — oder ist es vielleicht nur ein Erot, der sich die Schlangen der Mänaden angeeignet hat? —, und da dreht und wendet sich auf der vor gekröpften Randleiste der rechten Platte (Textabb. 12) ein dralles Bürschchen mit stabartigen Gegenständen in Händen. Seine Bekleidung wurde als gegürteter Lenden schurz mit Überfall angesehen; aber gerade dieser (scharfgratige) Wulst um die Hüf ten erweckt im Verein mit der ausgepräg ten Oberkörpermuskulatur Assoziationen an einen Muskelpanzer, eine Art Küraß mit fellähnlichem Unterleibsschutz. Der Kleine wäre dann verwandt gemeint mit dem Kreis der satyrhaften Waffentänzer, dem Völkchen der Kureten und Korybanten, von denen sich wiederum Fäden zu den dämonischen Schmiededäumlingen der grie chischen Mythologie, den kunstreichen Daktylen und Teichinen spinnen. Daktylen und Herakles gehen z. B. beim Reiseschrift steller des 2. Jahrhunderts n. Chr., Pausanias, in eins auf, wie der Halbgott als Musenführer und Teilnehmer am bacchischen Thiasos gerne gesehen ist. Der Kreis schließt sich endlich von den Musen zu den tosenden, klirrenden Waffentänzen der Ku reten und Korybanten bei dem im 5. Jahr hundert n. Chr. schreibenden Nonnos, des sen Musen bezeichnenderweise „Korybantinnen" heißen, und so sind die beiden f'-.: .I'r Ii - ' 25: Enns, Wiener Straße 2; über dem Haus eingang eingemauert Reliefplatten Textabb. 11, 12, Tafelabb. 11 a bereits in gewissem Sinn die vorweggenom mene Versteinerung der „alles bunt durch einanderwirbelnden, dionysisch rauschenden Poesie" dieses bedeutendsten griechischen Epikers der Kaiserzeit. Prall, glatt, untersetzt, puppenhaft-gelenkig ist der Figurenstil der zwei Steine, der Kopftypus des Herculesknaben Tafel abb. 11 a rund mit starkem Kinn und tiefliegenden Knopfaugen. Dieselben be leibt-stämmigen „seligen Knaben", wie man sie auch genannt hat, erscheinen auf den Schmalseiten dreier weiterer Platten: Tafelabb. 13 laufend mit Füllhorn (Höhe 0,67 m; Material wie Tafelabb. 2), Tafel abb. 14 stehend mit Mäntelchen (Höhe 0,68 Meter; Material wie Tafelabb. 2), Tafelabb. 15 a tanzend mit (?Sieges-)Kranz (Höhe 0,78 m; Material wie Tafelabb. 2). Eine Mänade derselben Körpergestaltung und derselben Kopfcharakteristik dreht sich auf der Grabplatte Tafelabb. 16 a im feierlichen Kulttanz(Höhe 1,13 m; Ma terial wie Tafelabb. 2), das Haupt des fischleibigen Tritons der Platte Tafel abb. 17 mit Steuerruder und (?Frucht-) Schale, der eine Nereide auf dem Rücken trägt, gehört ebenfalls in diese Reihe (Höhe 0,58 m; Material wie Tafelabb. 2). Wie Hercules und sein Schwärm, verweist genauso der Reigen des Meerthiasos, der Tritonen, Nereiden und Meeresmonster auf orphisch-neupythagoreisches Gedankengut, sie sind es ja, die den Mysten nach dem Tode über das Weltenmeer zu den Inseln der Seligen tragen und geleiten. Tafel abb. 17 war vielleicht Seitenrelief zur Frontplatte einer Grabädikula, der einsti gen Doppelarkade Tafelabb. 18 mit dem Hinterleib eines Tritons(Höhe 0,71 m; Ma terial wie Tafelabb. 2), wozu noch dasselbe Sujet auf einem anderen Stein anzuführen ist (Tafelabb. 19; Höhe 0,66 m; Material wie Tafelabb. 2). Haben wir uns bis jetzt in der Welt der Mythen und des Jenseits bewegt, so führt uns die Platte Tafelabb. 20 in ein dies seitiges Geschehen um Tod und antiken Totenbrauch zurück (Höhe 0,79 m; Mate rial wie Tafelabb. 2). Diener und Dienerin in langärmeligen, fast knöchellangen Tuni ken (gegürtet bei der Dienerin rechts) sind beidseits eines Tisches, worauf sich ein Brotlaib und ein angerichteter Schweins kopf befinden, eifrig mit Trinken bzw. Nachschenken beschäftigt; gemeint ist das kultische Mahl für einen Verstorbenen, an dem er in der ursprünglichen Bildfassung persönlich teilnimmt. Und wir trauen unse ren Augen nicht! Aus den assistierenden Dienergestalten des Totenmahls — daß es wirkliche Haussklaven und nicht etwa die Verstorbenen selbst sind, zeigen Tracht, Barfüßigkeit und die um die linken Unter arme geschlagene Opferserviette — sind Hauptakteure geworden, die sich an Speis und Trank gütlich tun, aus dem üblichen dreibeinigen Zeremonientischchen ein ordi näres Hausmöbel. Die Opferhandlung ist ihrer sepulkralen Feierlichkeit entkleidet und zur Buffoszene gewandelt: Das listige Dienerpärchen bei diebischem Tun — eine Metamorphose, die so recht der mensch lichen Grundstimmung der Lauriacenser Reliefkunst entspricht. Die gliedrige Be hendigkeit der Personen unseres von inti mem Reiz erfüllten Zustandsbildchens, ihre lockigen Kugelköpfchen und tiefliegenden Knopfaugen schließen sie mit den mytholo gischen Wesen der Textabb. 11,12 und der Tafelabb. 11a, 13, 14, 15 a, 16 a, 17 zu sammen. Noch einmal erscheint die eigentümliche Kopf- und Gesichtsbildung bei einem Die ner des Totenmahls (Tafelabb. 21; Höhe 0,91 m; Material wie Tafelabb. 2), der, vom Hauptbild losgelöst, diesmal ernst sei nes Ministrantenamtes waltet: Vor sich das dreifüßige Speisentischchen, die Opferserviette über der linken Schulter, weht er
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