Oberösterreich, 22. Jahrgang, Heft 2, 1972

besonderer historischer Bedeutung, in ih rer Gesamtheit sind sie für uns jedoch von hohem Wert. Aus ihnen erfahren wir Ein zelheiten über die Bevölkerung, ihre so ziale Gliederung und den Forschritt ihrer Romanisierung — Dinge, über die uns die literarischen Quellen nicht oder nur unzu reichend informieren. Am häufigsten findet sich der sogenannte titulus, eine rechteckige, meist von einem einfachen Profilrahmen umgebene Platte, die quer beschrieben wurde und ursprüng lich in den Grabhügel selbst eingelassen war. In der Regel sind die tituli etwa 45 zu 60 cm (IV2 zu 2 röm. Fuß) groß und zwi schen 5 und 15 cm dick. Eine weitere, oft verwendete Form ist die Stele, ein bis zu 2 m hoher und 80 cm brei ter, aufrecht stehender Pfeiler, der vor oder hinter dem Grab stand. Ursprünglich nur mit geringen Zierelementen, etwa einem Medusenhaupt, profilierten Leisten, Roset ten oder Blattranken versehen und oben mitunter giebelförmig abgeschrägt, schwoll die ornamentale Ausgestaltung immer mehr an. Über dem Sockel, der mit Delphinen, Greifen oder anderen Fabelwesen ge schmückt sein kann, erheben sich im Re lief rechts und links vom Schriftfeld mit einem Blattkapitell geschmückte Pilaster, auf denen ein Bildstreifen mit stilisierten Darstellungen ruht. Das obere Feld, be grenzt durch zwei gedrehte korinthische Säulen, schließt mit einem Architrav und einem reich mit figuralen Darstellungen (Medusenhaupt, Pinienzapfen, Tierfiguren) ausgestatteten Giebel ab. Diese Art der Grabsteine und eine andere Form, die die Brustbilder der Verstorbenen in Nischen form oft ohne figuralen Schmuck zeigt, bie ten wichtige Aufschlüsse über die Tracht und den Schmuck der Einheimischen. Wenn auch die Kunstfertigkeit der Steinmetze nicht immer höheren Ansprüchen genügen kann, so wurde sicherlich auch bei den Gesichtern annähernde Porträtähnlichkeit erreicht. Das Formular der Grabinschriften läßt sich in den meisten Fällen auf einfache Grund typen zurückführen. In den meisten Fällen ist zunächst eine Person, meist das Fami lienoberhaupt, im Nominativ genannt, die den Stein zu Lebzeiten für sich und die Gattin und die Kinder errichten ließ: vivus fecit sibi et... coniugi et... filio oder filiae. Bei bereits verstorbenen Familienange hörigen wird das Lebensalter mit (ohitus) annorum ..., verstorben mit... Jahren, angegeben. Oft ist auch zu erkennen, daß die Inschrift nicht in einem Zuge einge meißelt wurde, sondern die einzelnen Fa milienangehörigen erst im Laufe der Zeit nachgetragen wurden. In manchen Fällen hat der Verstorbene auch testamentarisch dafür gesorgt, daß ihm von seinen Erben nach dem Ableben eine würdige Grabstätte errichtet wurde. Die immer wiederkehren den und von allen verstandenen Formeln der Grabinschriften sind zumeist stark abWeihealtar für die Nymphen (CIL III 5678). Nymphis / Aug(ustis) sac(rum). / Mal(lius) Vica/rius ei ß Val(erius) Crisp/[i]nus aed(iles) / [c]ol(legii) iuven(um) / [v(otum)] s(olverunt) l(ibentes) m(erito). Den ehrwürdigen Nymphen geweiht. Mallius Vicarius und Valerius Crispinus, Ädilen der Jugendvereinigung, haben das Gelübde gern nach Gebühr eingelöst. In Lauriacum bestand ein von Ädilen geleitetes coUegium iuvenum, eine der politischen und vormilitärischen Ausbildung dienende JugendVereinigung. Das Heiligtum der Nymphen, denen die Weihung gilt, ist noch nicht lokalisiert. f'* mm r: .

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