Oberösterreich, 22. Jahrgang, Heft 2, 1972

Eine Fülle von Neuheiten drang ins Land. Gold, Silber, Bernstein, Gagat und Glas waren nicht mehr ungewöhnliche Werk stoffe. Die neue Technik der Gold- und Bronze-Treibarbeiten fand in der Situlenkunst ihren Höhepunkt. Die in der Jung steinzeit ausgeklungene Gefäßbemalung gelangte zu neuen Ehren, die Ritz- und Stempelverzierung der Tongefäße erreichte barocke Formen. Die Erdbevölkerung der älteren Eisenzeit wird mit etwa 100 Millionen angenom men, umfaßte demnach bereits das 5- bis 20fache der jungsteinzeitlichen Gesamt bevölkerung. Die jüngere Eisenzeit brachte verstärkten keltischen Einfluß. Die Töpferei wurde mit Hilfe der Töpferscheibe zur Massenfabrika tion. Es entwickelte sich die Tendenz zur Großsiedlung mit eigenen Werkstätten bezirken. Die wandernden Schmiede der alten Zeit wurden abgelöst von ortsfesten Werkstätten, in denen man Eisengerät se rienmäßig fertigte. — Norisches Eisen wurde zum Qualitätsbegriff. Die Siedlungsreste und Werkplätze in der Welser Heide (besonders bei Neubau) las sen einiges dieser Entwicklung erkennen. Nicht zuletzt in Form von konzentrierten Abfallschüttungen von bisher unbekanntem Ausmaß. Das Jahr 15 vor Christi Geburt bringt das Ende der Urgeschichte und ihrer Kulturen. — Römische Legionen besetzen das Alpen vorland bis an die Donau. Wieder leben wir in einem neuen Zeitalter. Wieder standen die Techniker Pate. — Die vielfältigen, die drängenden Wünsche — sind sie seit damals weniger geworden? — Dem Fortschritt, so wird versichert, sind keine Grenzen gesetzt. — Den Weg säumen versunkene Kulturen. Walter Kunze Pfahlbauten am Mondsee Eine Sage erzählt am Mondsee von einem Dorf, das einst versunken sei und dessen Reste zuweilen in der Tiefe des Sees noch zu sehen seien. Man wird nicht fehlgehen anzunehmen, daß das Entstehen dieser Sage mit jenen Pfählen zusammenhängt, die man als Reste der Pfahlbausiedlungen zu Zeiten, vor allem im Winterhalbjahr, wenn das Wasser besonders klar ist, auf dem Seeboden erkennen kann. Ohne Zwei fel waren sie den Fischern immer bekannt gewesen. So wird auch Matthäus Much die ersten Hinweise von Fischern erhalten ha ben. Er war es, der 1872 die erste Pfahl bausiedlung am Mondsee, die sogenannte Station See, nahe dem Ausfluß der Seeache entdeckte. Damit leitete er jahrelange Untersuchungen ein, die den Beginn einer eingehenden systematischen Pfahlbaufor schung in Österreich bedeuteten. Sie hatten zur Folge, daß mit den reichen zu Tage kommenden prähistorischen Funden das Bild einer jungsteinzeitlichen Kultur er stand, die von der Wissenschaft den Namen Mondseekultur erhielt. Bereits im Jahre 1854 hatte der Präsident der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Dr. Ferdinand Keller, im Zürichersee Pfahl ansammlungen untersucht und als Reste von Wohnplätzen der Menschen aus der Vorzeit gedeutet, die ihre Hütten auf Pfäh len über dem Wasser errichteten. In diesem Jahr war der Seespiegel vieler Schweizer Seen durch eine außergewöhnliche Trokkenheit besonders tief gesunken, und die Uferbewohner versuchten durch Eindäm mungen das nun trockenliegende, ufernahe Land zu gewinnen. Dabei waren neben Pfählen Tonscherben und ganze Gefäße, Werkzeuge aus Stein sowie Knochen und mancherlei organische Reste frühen menschlichen Daseins ans Licht gekommen. Die Deutung Ferdinand Kellers bedeutete die Geburtsstunde der Vorstellung von Pfahlbauten über dem Wasser (wenn man von den Berichten Herodots absieht), wie sie uns seit der Schulzeit geläufig ist. Der aufsehenerregende Fund am Zürichersee löste ein verbreitetes Suchen nach Pfahl bauten in anderen Seen der Schweiz, aber auch in Süddeutschland, Frankreich, Italien und Österreich aus. Bis 1866 waren in den Schweizer Seen schon annähernd 200 Pfahl bausiedlungen entdeckt worden. Im Jahre 1863 kam der Schweizer Geologe und Prä historiker Adolf Morlot nach Hallstatt, um die aufsehenerregenden Ausgrabungen am Salzberg zu besuchen. Anläßlich dieses Auf enthaltes forschte er an einigen oberöster reichischen und Kärntner Seen nach Resten von Pfahlbauten, allerdings ohne Erfolg. Hingegen gab ein Vortrag in der Geolo gischen Reichsanstalt in Wien über die Schweizer Pfahlbauten, in dem er die Ver mutung ausdrückte, daß es auch in den österreichischen Alpenseen Pfahlbauten ge ben müsse, Anregungen zum Beginn einer Pfahlbauforschung in Österreich. 1864 be gann die Akademie der Wissenschaften durch ihren Präsidenten Andreas Freiherr von Baumgartner eine systematische Pfahl bauforschung ins Auge zu fassen, und die damalige Zentralkommission zur Erfor schung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale in Wien rief zu Beobachtungen über etwaige Vorkommen von Pfählen in den österreichischen Seen auf. Erste Beobachtungen von Pfählen wur den aus dem Laibacher Moor und vom Keutschacher See gemeldet. Untersuchun gen des Geologen Rudolf Kner und des bekannten Geographen und Dachstein forschers Friedrich Simony in Salzkammer gutseen blieben ohne Erfolg. 1870 nahm die in diesem Jahre gegründete Wiener Anthropologische Gesellschaft die Suche nach Pfahlbauten in den österreichischen Alpenseen in ihr Arbeitsprogramm auf. Eine namhafte Spende des Grafen Johann Wilczek sicherte die finanzielle Seite des Vorhabens. Im Auftrag der Gesellschaft begann Gundaker Graf Wurmbrandt unter Mithilfe eines Schweizer Fischers im Hallstättersee zu suchen, ohne aber Pfähle zu finden. Auf Rat von Matthäus Much suchte Graf Wurmbrandt am Attersee im Bereich des Ausflusses der Ager und entdeckte hier

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