Oberösterreich, 22. Jahrgang, Heft 1, 1972

Mit dem Niedergang von Linz als Markt ort begann indes die wirtschaftliche Be deutung der Haupt- und Residenzstadt Wien. Indirekt gesehen traten später die Wiener Messen die Nachfolge von Linz an. Ein Rückblick auf die Vergangenheit muß im Raum Oberösterreich freilich auch an dere „Messeorte von einst" erwähnen. So hatten etwa im 18. Jahrhundert die Märkte von Grieskirchen, Haag a. H. und Wolfsegg im Leinwandhandel überregionale Bedeu tung, in Sierning wußte man einen Messe platz für Drillich und Bettzeug, in Steyr und Steinbach a. d. Steyr florierte der Eisen handel. Freistadt bildete im Mittelalter einen Marktplatz an der Landesgrenze ge gen Böhmen, wobei das Salz eine wichtige Rolle spielte. Mauthausen (ab 1406), Grein, Leonfelden, aber auch die Märkte Hofkir chen, Rohrbach, Haslach und Aigen pro fitierten von dem Salzhandel,im Süden wa ren es Gmunden, Ischl und Lauffen, die eine gewisse Rolle spielten (Holzhandel). Wels, Traun, Zipf und vor allem Ried bil deten dank ihrer zentralen Lage im Agrar land und dank ihrer Verkehrsschwerpunkte schon immer Marktplätze von großer Bedeutung. Gewissermaßen die Renaissance des Marktund Messewesens in Oberösterreich be gann dann mit dem 20. März 1817. Kaiser Franz I. verlieh mit einer Urkunde der „Ortsgemeinde Ufer" das Recht, zweimal im Jahr Märkte abzuhalten. Der erste „Urfahrer Jahrmarkt" fand am 18. Mai 1818 statt und war sogleich ein großer Erfolg. Er dauerte zwei Tage (am ersten Sonntag nach Pfingsten), doch war der Herbstmarkt zu Martini (11. und 12. November) noch bedeutender. Die Urfahrer Jahrmärkte fan den zuerst am Platzl (Landungsplatz der Fährleute von Linz nach Urfahr) statt, über siedelten dann in die heutige Hauptstraße, wurden ab 1861 auf dem heutigen Bernaschekplatz abgewickelt und bestehen seit 1902 auf dem heutigen traditionellen Platz an der unteren Donaulände in Urfahr. Der Verfall der Linzer Jahrmärkte sicherte den Urfahrer Jahrmärkten ihre Blüte, die vor allem in die Zeit zwischen 1844 und 1847 fällt. Als mit dem 7. Mai 1892 nach einem Beschluß des Gemeinderates die Linzer Märkte, die einst die Bedeutung der Leip ziger Messe gewonnen hatten, völlig ein gestellt wurden, setzte ein neuer Auf schwung für die Urfahrer Jahrmärkte ein. In Urfahr reagierte man prompt; Aus den Zwei-Tage-Märkten wurden achttägige Ver anstaltungen. Der „Urfahraner Jahrmarkt" ist heute je weils im Frühjahr und im Herbst ein Wirt schaftsfaktor für Linz, der mit Rekorden aufwartet. Man zählt an die 500.000 Besu cher und erreicht Millionenumsätze. Dar über hinaus ist dem Linzer Ausstellungs verein eine Reihe von Sonderveranstaltun gen wie der hervorragend besuchte „Christkindlmarkt" im Volksgarten zu verdanken. «8, C29, -1927' - ttt. Das WIFl und das Bauzentrum sowie die Handelskammer bieten durch qualitativ hervorragende Sonderausstellungen wirt schaftliche Informationen von großem Publikumsinteresse. Die Landeshauptstadt Linz machte aller dings im vorigen Jahrhundert noch einmal einen kräftigen Ansatz zur Messestadt. Während die Jahrmärkte dahinsiechten, raffte sich die „obderennsische Landwirt schaftsgesellschaft" auf und veranstaltete im Jahre 1858 eine land- und forstwirt schaftliche Ausstellung in der ständischen Reitschule an der Promenade. Sie bildete den Auftakt für die „Linzer Volksfeste", die der damalige Pächter des Kaplanhofes, Josef Bott, nach dem Vorbild des Münchner Oktoberfestes durchführte. Im Jahre 1861 fand das erste Volksfest auf dem neuen Marktplatz und im Garten des Herrenhau ses (heutiges Kaufmännisches Vereinshaus) statt. Linz, das damals Mittelpunkt des Agrarlandes Oberösterreich war, erreichte mit den zunächst jährlichen, später alle zwei Jahre stattfindenden Landwirtschafts ausstellungen die rasche Mechanisierung der Landwirtschaft. Man faßte Mut in Linz und errichtete sogar 1865 eine Volksfest halle, die 1877 durch einen Westflügel ver größert wurde. Aber die Linzer verließ die Schneid. Im Mai 1878 mußte sich die Stadt gemeinde dazu entschließen, die Volksfest idee abzubauen. Als die Volksfeste dann auf die Südbahnhofgründe verlegt wurden, siechten sie völlig dahin, im Jahre 1913 fand das letzte im Turnus abgehaltene Lin zer Volksfest statt, ein Aufflackern der Linzer Messestadt wurde noch mit der gro ßen Ausstellung im Jahre 1927 erreicht, seither dominiert auf Linzer Boden aber völlig allein der Urfahrer Jahrmarkt. Die Nachfolge von Linz als Messestadt trat dann Wels an. Vom Innviertel her war die Messeidee auf agrarischem Sektor belebt worden. Dama lige Metropole für Landwirtschaftsmessen war Braunau am Inn, wo etwa am 1. und 2. September 1867 eine recht erfolgreiche Landwirtschaftsausstellung abgehalten wurde. In Ried im Innkreis hatte man gleichfalls seit langem vorgehabt, solch eine Landwirtschaftsschau durchzuführen. Die Initiative hatte der landwirtschaftliche Filialverein der oberösterreichischen Land wirtschaftsgesellschaft ergriffen, der ja Linz seine „Landwirtschaftsmessen" ver dankte. Mit geradezu erstaunlicher Eile stampfte man, offenbar gereizt durch die Erfolge des Nachbarn Braunau, vom 6. bis 8. Oktober 1867 das „Erste landwirtschaft liche Ausstellungsfest in Ried" aus dem Bo den, das im Volksmund bald den Kurz namen „Rieder Volksfest" bekam. Vom Oktobertermin kam man indes in Ried bald ab und ging zu den Terminen Ende Sep tember (20. bis 22. September 1868) über, wobei schon damals die Rinder- und Pferde schauen so bedeutsam waren, daß das Ackerbauministerium Staatspreise im Ge samtbetrag von 125 Dukaten ausgesetzt hatte. Der Besuch war für diese Zeit enorm. An drei Messetagen wurden 20.000 Ein trittskarten verkauft — dabei gab es da mals noch keine Bahn in Ried. Ausstel lungsplatz war die sogenannte Dechantwiese (Jungreithmayergründe), im Jahre 1895 mußte man, da der Platz zu klein geworden war, nach „Bad Ried" übersie deln und die Rennbahn einbeziehen, wo durch auch die Verbindung von Pferderen nen mit dem Volksfest möglich war. Etwa seit der Jahrhundertwende finden die Rie der Volksfeste Ende August/Anfang Sep tember statt. Seit dem Jahre 1927 über nahm die Stadtgemeinde Ried die Organi sation des Festes. Es wurden vier große Dauerhallen errichtet, in denen vor allem umfangreiche Viehausstellungen gezeigt wurden. Was sich heute als Landwirtschaftsmesse von internationalem Format in Ried prä sentiert, geht auf den mutigen Beginn im Jahre 1947 zurück. Das erste „Nachkriegs volksfest" zählte sogleich über 120.000 Be sucher. Fortan ging es weiter bergauf. Seit dem Jahre 1951 sind die Volksfeste auf neun Tage ausgedehnt und seit 1953 führt das Rieder Volksfest den Titel „österrei chische Landwirtschaftsmesse". Das Aus stellungsgelände wurde immer weiter aus gebaut. Es umfaßt heute über 135.000 m- Ausstellungsfläche, weist 22 Hallen auf und erreichte 1971 eine Mil lion Besucher. Neben der Hauptmesse, die alle zwei Jahre in den „ungeraden Jahren" stattfindet, werden seit 1968 (seit 1970 Frühjahrsausstellung Ende Mai) „Früh jahrsmessen" unter dem Motto „Bauen und

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