Oberösterreich, 22. Jahrgang, Heft 1, 1972

Mathias Schwarz Die landwirtschaftliche Fachschule in Obcröstcrrcich Oberösterreich ist ein Land der Bauern. Zehntausende Gehöfte liegen einzeln, in kleinen oder größeren Ortschaften, zer streut in der Ebene oder auf den Hügeln unserer Heimat. Es ist daher ganz natür lich, daß eine günstige Entwicklung und Förderung der Landwirtschaft seit jeher angestrebt wurde. In der Erkenntnis, daß an einer Weiterentwicklung in hohem Maße die Schulen beteiligt sind, hat man in Oberösterreich schon früh ein landwirt schaftliches Schulwesen gegründet. Die landwirtschaftliche Fachschule ist die mittlere, die landwirtschaftliche Berufs schule die unterste Stufe der Fachschulen. Sie hat sich im Laufe von hundert Jahren nicht nur gut bewährt, sondern ist zu einem bedeutenden Bestandteil des gesamten landwirtschaftlichen Bildungswesens ge worden. Damit ist nicht gesagt, daß sie nach Inhalt und Form als abgeschlossen anzusehen ist, sie steht vielmehr wie jede andere Lehranstalt in einer ständigen Dy namik, in einer steten geistigen Auseinan dersetzung mit ihrer Umwelt, der Land wirtschaft, die sich in einer atemberauben den Entwicklung befindet. Gerade in der jüngsten Zeit, zum Teil aus gelöst durch die Einführung des neunten Schuljahres in Form des Polytechnischen Jahrganges, durch den langsamen Einbau der landwirtschaftlichen Berufsschulen in die Fachschulen, durch das steigende Bil dungsbedürfnis der Jugend, durch den Rückgang der Schülerfrequenzen, ist die Fachschule zunehmend in das Blickfeld des öffentlichen Interesses gerückt. Begreiflich, denn schließlich sind Bildungs- und Aus bildungsfragen im ländlichen Raum wich tig, weil sie unmittelbar gesellschaftliche Veränderungen für die Menschen auf dem Lande bringen. Bildungspolitik ist Hauptbestandteil der Gesellschaftspolitik. Die Schule In Oberösterreich stehen derzeit 17 land wirtschaftliche Fachschulen, 11 für Burschen und 6 für Mädchen (siehe Tabelle). Landwirtschaftliche Fachschule für Burschen des Landes Oberösterreich in Burgkirchen. Der derzeitige Standort der Fachschulen läßt sich nur aus der historischen Entwick lung verstehen. Nicht selten sind es Zufälle, Persönlichkeiten, Organisationen oder gün stige örtliche Gegebenheiten gewesen, die zur Gründung von Schulen an ihren heu tigen Plätzen beigetragen haben. Im Räume Wels haben wir eine Zusammen ballung mehrerer Fachschulen, Lambach, Stadl-Paura, Wels und Mistelbach. Andere wurden an die Peripherie unseres Bundes landes gebaut, wie Burgkirchen, Mauer kirchen, Otterbach, Schlägl, Weyregg, Alt münster. Mit der Motorisierung, mit der Überwindung der Verkehrsschwierigkeiten, mit der zunehmenden Erschließung des ländlichen Raumes durch gute Straßen und moderne Verkehrsmittel ist die Entfernung zur Schule nicht mehr von bestimmender Bedeutung. Dazu wird das Straßen-, Eisen bahn- und Liniennetz immer mehr ausge baut und werden den Schülern zur Fahrt in die Schule Freifahrkarten gewährt. Die erste Fachschule wurde schon im Jahre 1865 errichtet, kaum 17 Jahre nach der Aufhebung der bäuerlichen Untertänigkeit (Hans Kudlich — 1848). Bereits 20 Jahre vor der Gründung der Fachschule Ritzlhof, auf dem Gute Irnharting (1865), begann man die Landjugend in Kursen zu schulen, 1845 in Otterbach,1846 in Lambach. Ii m in In den abgelaufenen 100 Jahren führten die landwirtschaftlichen Fachschulen ver schiedene Bezeichnungen wie Landwirt schaftsschule, Landwirtschaftliche Winter schule, Winterschule, Bauernschule, Acker bauschule und die Mädchenschulen Haus haltungsschule, Hauswirtschaftsschule. Heute werden sie einheitlich Landwirt schaftliche Fachschule für Burschen oder Mädchen bezeichnet. Alle landwirtschaftlichen Fachschulen sind Internatsschulen. Die verfügbare Schulzeit umfaßt 1500 Unterrichtsstunden. Der Un terricht erstreckt sich bei den Burschen schulen auf zwei Winterhalbjahre, jeweils von November bis Ende März (5 Monate), und bei den Mädchenschulen nur auf 8 Monate, von Anfang Oktober bis Ende Mai. Nur vier Lehranstalten sind mit landwirt schaftlichen Gutsbetrieben verbunden, Ot terbach, Ritzlhof, Katsdorf und Freistadt. Durch die Beschränkung der Lehrtätigkeit auf die Winterhalbjahre kann die Vegeta tionszeit kaum für den Unterricht ausge nützt werden. Die landwirtschaftliche Pra xis auf dem Schulbetrieb, selbst wenn man außer acht läßt, daß man sie heute von den Schülern gar nicht mehr verlangen kann, ist für das Studium nicht entscheidend. Das Bauernkind erfaßt durch das tägliche Leben auf dem Hofe den Arbeitsablauf, die Bauernarbeit und erlebt die Wirtschafts weise. Durch die Kontakte mit der Wirk lichkeit bringt der junge Mensch bereits praktische Erfahrungen mit und kann den Fachunterricht somit leicht verstehen, er fassen und durchdringen. Der praktische Aus dem Alltag einer landwirtschaftlichen Fachschule: Viehhaltungs- und Melkkurs. — Tierbeurteilung. — Im Waschraum. — Fach unterricht. ,iill

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