Oberösterreich, 22. Jahrgang, Heft 1, 1972

Friedrich Samhaber Das Projekt eines Bauernkrieg museums in Peuerbach Peuerbach war eines der Zentren und Schau platz der ersten großen Entscheidungs schlacht des oberösterreichischen Bauern krieges im Jahre 1626. Dieser Bauernkrieg — die größte örtliche Bauernerhebung in Europa seit 1525 — bildete den Höhepunkt einer sich über mehr als hundert Jahre er streckenden Reihe von Bauernaufständen und Revolten in diesem Land, die in den immer unerträglicher werdenden Lebensumständen der damaligen Bauernschaft ih ren Ursprung hatten. Ursache dieser für uns heute unvorstell baren Notlage war das überaus unglückliche Zusammentreffen fataler politischer,religiö ser, sozialer und wirtschaftlicher Umstände. Mißernten, verschärfte Dienstleistungs und Abgabevorschriften, Beschränkung von Rodungs- und Nutzungsrechten, Krieg, Durchzug plündernder Söldnerheere, Ver pfändung des Landes, Besetzung durch aus ländische Truppen, religiöse Wirren — aus gelöst durch Reformation und Gegenreforrr rr "3: mation —,sowie Agitation durch feindliche Mächte sind nur einige dieser Kompo nenten. Oberflächlich betrachtet ist diese Zeit bereits so weit entfernt, daß sie jede Bedeutung für uns scheinbar verloren hat. Bei näherer Beschäftigung mit den Zeitumständen über rascht aber die oft verblüffende Ähnlich keit mit aktuellen Ereignissen, z. B. in den Entwicklungsländern. Die kulturpolitische Bedeutung dieses Bauernkrieges wird uns bewußt, wenn wir u. a. erfahren, daß For derungen der Bauern von 1626 wichtige Anliegen der französischen Revolution 1789 und des zweiten vatikanischen Kon zils vorwegnahmen. Um uns diese für die Geschichte unseres Landes so bedeutungsvolle Zeit näherzu bringen und eine möglichst vielseitige Be trachtung und objektive Beurteilung der turbulenten Ereignisse des Jahres 1626 und des vorangegangenen Jahrhunderts zu er möglichen, soll im Schloß zu Peuerbach ein .n im 's Bauernkriegmuseum eingerichtet werden. Es soll damit auch ein Kristallisationskeim für die Bauernkriegdokumentation geschaf fen und die Möglichkeit geboten werden, Dokumente und zeitgenössische Schriften, die derzeit über viele Archive verstreut sind, zumindest in Fotokopie an einem Ort un mittelbar miteinander zu vergleichen und einander gegenüberzustellen. Eine weitere Aufgabe dieses Bauernkrieg museums liegt darin, der Schlüsselfigur die ses Bauernkrieges — Stefan Fadinger — ein zeitgemäßes Denkmal zu setzen. Ihm kommt für Oberösterreich ähnliche Bedeu tung zu, wie sie Andreas Hofer für Tirol hat. Wenn wir jedoch die Verehrung ver gleichen, die die Tiroler ihrem Volkshelden entgegenbringen, erkennen wir, daß Ober österreich an dem Bauernhauptmann Ste fan Fadinger noch viel gutzumachen hat. Schließlich soll mit diesem Museum auch dem gemeindeeigenen Peuerbacher Schloß eine kulturelle Funktion gegeben werden. Da dieses einstmals großangelegte und im posante Bauwerk durch die Vielzahl der er littenen Zerstörungen Wesentliches von sei nem Reiz verloren hat, stellt diese Berei cherung von innen her eine willkommene Aufwertung dar. Das Museum, dessen erster Saal vor der Fertigstellung steht, wird im Stil einer per manenten Ausstellung gestaltet. Großfor matige Reproduktionen besonders markan ter und einprägsamer Darstellungen bil den optische Leitflächen am Weg zu den einzelnen Vitrinen. Großer Wert wird dar auf gelegt, daß die Präsentation des Gebo tenen zeitgemäß, ansprechend und abwechs lungsreich erfolgt. Das Museum soll 1976 mit einer Ausstel lung zum 350. Todestag von Stefan Fadin ger eröffnet werden. In dieser Ausstellung sollen charakteristische Exponate, die der zeit in einzelnen Museen und Sammlungen zerstreut sind und von dort als Leihgaben erbeten werden, vereinigt und zusammen Oben: Das Bauernkriegdenkmal auf der Lede rerwiese in Peuerbach. — Links: Gegenwärtige Ansicht von Schloß Peuerbach mit Renaissance portal aus 1574. — Fotos: Humer.

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