Oberösterreich, 22. Jahrgang, Heft 1, 1972

dien „Lob des Landes" und „Stille Gäste" greift Billinger sein altes Anliegen wieder auf: das Bauerntum in der Abwehr gegen die entarteten Formen der städtischen Zivi lisation. Billingers Romane sind mehr oder weniger autobiographisch. Dies gilt vor allem für die beiden Prosawerke „Asche des Fege feuers" und „Palast der Jugend." Im „Schutzengelhaus" werden wir wieder in den Konflikt zwischen Stadt und Land hin eingezogen, der mit der Begegnung des Bauernburschen Loisl mit Schanerl Spiel hahn, einem erwachenden Mädchen aus der Stadt, auf uns zukommt. Der Held in dem Roman „Das verschenkte Leben" flüchtet aus der bäuerlichen Welt in das Abenteuer des Zirkus, kehrt aber äußerlich und inner lich immer wieder dorthin zurück, wo das Bauerntum die ordnende Kraft ist. Und in „Lehen aus Gottes Hand" zeigt uns Billinger, wie der Bauer Ekhart Sundl, der wie ein König auf seinem Hof regiert, seine Kraft verliert, als er sich seiner Sehnsucht und seinen Trieben überläßt. Mit Billinger hat die bäuerliche Dichtung in unserem Land zweifellos einen Höhe punkt erreicht. Erfreulicherweise gruppieren sich aber in mehr oder weniger gemessenem Abstand um ihn eine beachtliche Reihe ober österreichischer Schriftsteller, die in ihrem Schaffen bäuerliche Probleme behandeln. Da ist einmal der 1905 in Bad Ischl geborene Erzähler August Karl Stöger. Er war nach Beendigung seiner Ausbildung an der Leh rerbildungsanstalt in verschiedenen Orten des Salzkammergutes, zuletzt in seiner eigenen Heimatgemeinde als Lehrer tätig. Von seiner schriftstellerischen Tätigkeit sagt er selbst im Nachwort zu dem Band „Junges Blut in kalter Welt": „Ich begann — ohne jede Bedeutsamkeit sei es gesagt — mit neunzehn zu schreiben und setzte dies bis heute fort... Ich behandle in meinen Arbeiten keine Probleme oder tue dies nur insoweit, als sie in Schicksalen sichtbar wer den. Angeregt, fortgetragen wird mein Er zählen immer wieder durch Menschen, de ren Tun und Lassen mir ans Herz greift." An einer anderen Stelle meint er, er sei dankbar, Lehrer geworden zu sein, „denn das Leben auf dem Lande, in der Einsam keit der Dörfer mit den stillen Nächten, mit dem Wind in den Bäumen und über die Saatfelder hin... dieses Leben ließ Quel len aufbrechen in mir." 1938 erschien der Roman „Die Kranewittbrüder", der in Perneck, einem Hintertal Bad Ischls, spielt. In spannenden Szenen wird uns das Schicksal zweier verfeindeter Brüder dargelegt. Auf der einen Seite ist der Kranewittbauer, ein ebenso tüchtiger wie kalt berechnender Mann, der unter allen Umständen die Zukunft seiner Kin der sichern will, selbst wenn er sich den Neid und die Mißgunst der Nachbarn und der Dorfbewohner zuzieht. Seine beiden Söhne sind von ganz verschiedener We sensart: Konrad ist bedächtig und für die Führung der Bauernwirtschaft bestens ge eignet, Michael, der lebendigere, unge stümere. Er soll nach dem Willen des Va ters einmal vom Berg leben. Auf der ande ren Seite steht der Bruder des Kranewittbauern, der Kraner, ein Bergknappe, der auf dem vom alten Kranewittbauer ererb ten Häusel in Perneck lebt, ein biederer, rechtschaffener Arbeiter, der für die Mit welt ein Herz hat. Und dazwischen befin det sich das Scheutzen Reserl, dessen Va ter bei Bauarbeiten tödlich verunglückt ist und um das sich der Kranergöd annimmt. Er konnte freilich nicht ahnen, daß man ihm seine Freundestat falsch auslegt und das Gerücht in Umlauf setzt, er wäre der uneheliche Vater des Mädchens. Die Feind schaft zwischen dem Kranewittbauer und seinem Bruder, vom ersteren immer wieder angeheizt, scheint unüberbrückbar. Erst die Liebe zwischen Konrad und dem Scheutzen Reserl vermag den Haß zu überwinden. In dem Roman „Das Boot ist leer" erzählt Stöger die Geschichte des Knaben Reinhold, der im Krieg seinen Vater verloren hat und sich trotz ständig wachsender Schwierigkei ten gegen den ihm innerlich fremden Stief vater wehrt. Mit der harten Realität, in die der Bauernstand durch die um sich grei fende Industrialisierung hineingestellt ist, setzt sich die Erzählung „Der Knecht To bias" auseinander. Im Los des Knechtes, der den Verfall des Hofes nicht aufhalten kann, der zusehen muß, wie die Bäuerin, von der Liderlichkeit des Mannes angeekelt, das Haus verläßt, spiegelt sich weithin die allgemeine Situation des Bauernstandes. Wohin der Egoismus führen kann, in die sem Fall das verhängnisvolle Streben des Bauern vom Schattwald, in den Besitz des benachbarten Sonnhofes zu kommen, der seinem im Krieg verschollenen Bruder ge hörte, zeigt der Roman „Der Mann vom Schattwald." Der Roman „Junges Blut in kalter Welt" erzählt die bitteren Erlebnisse der vier Körnerkinder, die im Krieg den Vater verloren und deren Besitz bei den letzten Kampfhandlungen zerstört wurde. Die aufopfernde Sorge um die Kinder bringt auch noch die Mutter in den Tod. Nun liegt die Last der Verantwortung über die Geschwister auf den Schultern des sech zehnjährigen Bernhard. Wie der nun mit den Schwierigkeiten auf dem Hof des geizi gen und hartherzigen Eckbauern fertig wird, ist von starker Wirkung. Ein anderer mit dem Bauerntum innig ver bundener Schriftsteller aus dem Salzkam mergut ist Engelbert Josef Koller. Er wurde 1900 in Unterach geboren, legte seine Mit telschulstudien in Salzburg ab und besuchte die Lehrerbildungsanstalt. Er ergriff den Beruf des Vaters und unterrichtete an ver schiedenen Schulen des Hausruck- und Inn viertels. Seit 1933 war Koller an der Haupt schule in Ebensee tätig. Als Schriftsteller überraschte er die Öffentlichkeit 1957 mit dem Roman „Der Geschwisterhof." Wohl hatte der Schriftsteller schon 1947 bei einem Kulturwettbewerb einen Roman mit dem Titel „Der ödbauernhof" eingereicht und ein belobigende Anerkennung erhal ten. 1955 war in der Bozener „Alpenpost" die bäuerliche Novelle „Die Bartelhofbäurin" erschienen. Und schließlich hatte Koller in verschiedenen Kalendern bäuer liche Geschichten veröffentlicht. „Der Ge schwisterhof" aber war sein erster großer Wurf. Dem Autor geht es darin um die Treue zum angestammten Hof, um das Schicksal bäuerlicher Menschen, die ihr per sönliches Glück den Erfordernissen des Be triebes unterordnen. Und es geht ihm um die Darstellung der Schwierigkeiten, die entstehen, wenn der Hof mehreren Erben zufällt. Ein anderer bäuerlicher Roman Kollers trägt den Titel „Erntezeit." In dieser Er zählung geht es um die richtige Abgren zung des Einflusses von Mann und Frau im landwirtschaftlichen Betrieb. In dem Roman „Auf der Hochalm" steht Vinz, ein Häuslerbub,im Mittelpunkt. Bäuerliche Romane schrieb der Braunauer Herbert Richard Wille. Als Sohn eines Bankbeamten 1904 geboren, besuchte er das Untergymnasium in Seitenstetten und Freistadt, dann die Linzer Handelsakade mie. 1924 bis 1930 war er in den Diensten des österreichischen Bundesheeres. In die ser Zeit absolvierte er obendrein die Höhere Bundeslehr- und Versuchsanstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau in Kloster neuburg. Von 1930 bis 1941 war er Beam ter der oö. Landwirtschaftskammer. Nach der Rückkehr vom Kriegsdienst begann er als freier Schriftsteller. Nach den Heimat romanen „Nach Großvaters Art" und „Heimweg" veröffentlichte er 1953 den Ro man „Der Acker ruft". Wilk zeigt am Bei spiel zweier Höfe nicht nur die Probleme des Zusammenlebens von alt und jung, von Bauern und Dienstboten, sondern gleich zeitig und vor allem die Fragen einer zeit gemäßen Bodenbearbeitung, des richtigen Pflanzenbaues und einer fortschrittlichen Tierhaltung. Auch das Problem der Land flucht läßt er anklingen. Das zweite Buch Wilks, „An den Wurzeln des Lebens", schildert die Bedeutung des Waldes und des Wassers. In vielen Ge sprächen und Szenen wird uns die Not wendigkeit einer geordneten Waldwirt schaft vor Augen geführt, werden die Fol gen der Kahlschlägerung, die Nachteile der Schlägerung eines zu jungen Bestandes, die Gefahren beim Holzverkauf, die Sünden am Baumbestand durch das überstarke Her ausschneiden von Christbäumen etc.deutlich gemacht. Eine Reihe von Personen beleben die Handlung. Beachtung fand auch der dritte Roman Wilks „Bartholomäus Rodauer." Der Autor spannt in dieser Erzählung einen histori schen Bogen vom Anherrn Rodauers, der

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