Oberösterreich, 22. Jahrgang, Heft 1, 1972

scheu verbergen, weil er das abträgliche Urtheil der Kundschaft fürchtet." Und Hanrieder stellt dann selbst die Fragen: Wieso ein Epos im Dialekt? Wird die Liebe zur Sprache des Volkes hier nicht zur Caprice? — Warum gerade diese heikle Epi sode der heimatlichen Geschichte, in der sich die officielle Auffassung und das histo rische Bewußtsein des Volkes gegenüber stehen und die obendrein eine „confessionelle Klippe" enthält, „da der Autor bei aller Objektivität und Wahrheitsliebe doch irgendwelchen Boden unter seinen Füßen haben muß ..." usw.Die Antwort,die Han rieder darauf gibt, ist eine zweifache: ent weder das Hängenlassen der Ohren wie ein störrischer Esel („Demitto auriculas ut iniquae mentis asellus") oder Bewußt sein, daß das Große den Willen voraus setzt („In Magnis voluisse sat est"). Es war tatsächlich nicht einfach für den Prie ster, sich den richtigen Blick für die Mo tive, die den Handlungen im Verlaufe der Bauernkriege hüben wie drüben zugrunde lagen, zu bewahren. Hanrieder hatte den Mut, den katholischen wie den protestan tischen Führern edle Gesinnung zuzubilli gen. So zeichnet er gerade auch Stefan Fadinger mit einer Liebe, mit der bisher kein Dichter an diesen Bauernkriegshelden herangegangen war. Immer wieder spürt man obendrein, daß Hanrieder das grau same Schicksal, dem die Menschen unserer Heimat damals ausgeliefert waren, tief berühte. Das, was Pater Johannes im Fa dingerlied singt, schreibt sich Hanrieder von der Seele. Erschütternd ist die Szene, in der Fadinger tödlich verwundet beim Wirt in Ebelsberg „auf der Pritschen" liegt und wie ihn seine Tochter Hedwig ermuntert: I kann just beten für di und woan; Du muaßt di mit unsärn Herrgott väroan und beichten, wiär mär ön Priestä beicht, Aft, Vadä, wird dar erst richti leicht! Aber Fadinger will nicht mehr katholisch werden und erklärt: Guät lutherisch will i bleibn bis zum Endt, Weil unsäroanä so gnau nöt kennt. Warum ä dös oan odär aner is, Än iadä betracht sein Glaubn für gwiß Und laßt d' Värantwortung söttän Leuten, Dö blehrt gnua sän, däß's zanken und streiten I „Der Bauernkrieg", schrieb Hanrieder an Zötl, „ist ein Lied der Treue, und zwar nicht bloß für die Katholiken, sondern auch für die Protestanten." Und so war es kein Wunder, daß das Epos weithin mit großem Beifall aufgenommen wurde, vor allem auch von jenen, denen die Verständi gung der christlichen Konfessionen ein An liegen war, wie etwa Handel-Mazzetti. Es ist erfreulich, daß die Hanrieder-Gemeinde, die anläßlich der Wiederkehr des 50. To destages des Dichters gegründet wurde, die Neuherausgabe der längst vergriffenen Werke Hanrieders betrieben hat. 1964 er schien ein unveränderter Nachdruck seiner Dichtung „Der oberösterreichische Bauernkriag", 1969 folgte in einem weiteren Band eine sehr sorgfältig erarbeitete Auswahl aus den drei veröffentlichten Mundart werken Hanrieders. Treffend heißt es im Vorwort zu dem Auswahlband: „Hanrie ders Bilder aus dem Volksleben sind noch heute, was sie einst waren: Wegweiser, um unter der Schale des Heute den Kern freizulegen, der die Welt belebt und be wegt: den Menschen, der jederzeit um ein neues und zeitgemäßes Selbstverständnis zu ringen hat." Der Band ist in Abschnitte gegliedert: In dem einen meldet sich Han rieder als Dichter zu Wort, der andere zeigt den Menschen Hanrieder. In einem weiteren Abschnitt sind die Lebensweis heiten gesammelt, mit denen sich der Dich ter an die Mit- und Nachwelt wendet, ein weiterer zeigt Hanrieder als Sänger des Mühlviertels, der nächste als den Dichter der Mühlviertier Mahrl, in denen von der gar wundersamen Wanderung von Jesus und Petrus durch die schöne Landschaft des oberen Mühlviertels die Rede ist. Dann folgen die bekannten Adamgeschichten, die mm Porträt Norbert Hanrieders, Holzschnitt von Auguste AignerKronheim in der Neuausgabe der „Mühlviertler Mährl" im Ober österreichischen Landesverlag 1969.

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