Oberösterreich, 22. Jahrgang, Heft 1, 1972

lieh wieder an die schöpferische Oberfläche empor. In erster Linie interessiert sie der Mensch in seiner Bewegung und seinem seelischen Gehalt. Wo die Körperlichkeit zum Ausdruck kommen soll, wird die Be wegung zur Dynamik gesteigert, wo die Seele sprechen soll, wird sie bis zu ergrei fender Innerlichkeit gedämmt. Verdichtung ist für.Vilma Eckl das Maß ihrer künst lerischen Gestaltung. Aus dieser Verhal tensweise führte sie auch der Weg aufs Land hinaus, zu den Bauern bei ihrer Ar beit. Nicht Bindung von der Geburt her oder romantische Sehnsucht des Städters nach dem Landleben brachten ihr die Land arbeit als künstlerisches Motiv nahe. Es war die Begegnung mit einer Urform menschlichen Seins und menschlicher Be schäftigung, die auf die Künstlerin eine bleibende Faszination ausübte. Für ihre bäuerlichen Arbeitsbilder suchte Vilma Eckl stets auch eine stark ausge prägte Landschaft. In jugendlichen Wander jahren war es vor allem die Begegnung mit Tiroler Bauern, die frühe Anregungen gab. Eine wichtige Rolle spielte in ihrer Lebens mitte die Voralpenlandschaft bei Lambach mit ihrer eigenartigen Mischung von Gebirgsluft und Sonnendunst der Ebene. Schließlich trat Oberneukirchen im mittle ren Mühlviertel in ihren Lebenskreis, zwi schendurch bei Erholungsaufenthalten die karge Welt der Bergbauern im Gebiet von Bad Goisern. Den Umfang der Motive hat Bruno Grimschitz sehr deutlich beschrieben. Be sonderes Interesse gilt den Mähern und dem Arbeitsvorgang des Mähens. Vor allem der Sensenschwung und weit ausholende Schritt auf einer Berghalde bieten Gele genheit zu dynamischen Bewegungsszene rien. In der Betrachtung dieser Blätter spürt man förmlich den sausenden Ton des Sensenblattes. In den Körpern der Mäher steckt eine ungeheure Vitalität. Es sind kraftstrotzende Menschen, ganz der Freude an der Ernte hingegeben. In ihren Bewe gungen klingt irgendwie aber auch tänze rische Leichtigkeit an. Ähnlich wirken die Säer auf den Betrachter oder die Pflüger. Ihr Ausdruck ist geballte oder verhaltene Kraft. Das Auswerfen des Saatgutes wird zum heiligen Tun. Die weit ausholende Geste des Schreitens in der weichen Ackerfurche ist auch in der Flächenhaftigkeit einer Zeichnung wie eine magische Formel zu spüren. Andere Szenen — Ährenklauberinnen, Erdäpfelklauberinnen. Beim Kornschneiden (mit der Sichel), Beim Sonnenblumenhacken, Heuernte, Heugende Frauen, Beim Zucker rübenstechen — strahlen wieder Ruhe und Verhaltenheit aus. Gezeigt wird der arbei tende Mensch, der ganz seinem Tun hin gegeben ist. Schwer lastet auf ihm das Licht der gelben Sonne oder er ist einge fangen im Erdbraun seines Gebücktseins. Anläßlich der letzten großen Kollektiv ausstellung der Künstlerin vom 26. Sep tember bis 23. November 1969 im Linzer Schloß wurde im Katalog vermerkt, daß die Bildwelt der bäuerlichen Arbeit im all gemeinen für Vilma Eckl abgeschlossen er scheint. Die Maschine als Symbol eines gewandelten und gänzlich verwandelten Bauernstandes hat ihr die notwendigen Motive genommen. Ihre Arbeitsbilder sind nämlich nie im Atelier, sondern immer in der freien Natur entstanden. Mit dem Zei chenblock begleitete Vilma Eckl ihre Mo delle aufs Feld, stellte sie nicht in eine statische Pose, sondern ließ sie unbeküm mert ihr Tagwerk verrichten. Aus der Summe der Beobachtungen, aus einer Viel zahl von Bewegungen entstanden sodann ihre Bilder und Zeichnungen — Zusammen fassungen vielfältiger Vorgänge, die auf einen Nenner gebracht wurden. Die bäuer liche Landschaft der Gegenwart ist leer geworden. Die Maschinen haben eine neue Atmosphäre geschaffen, für die es vorläufig noch keine künstlerische Formel gibt. So sind Vilma Eckls Darstellungen der Land arbeit im gewissen Sinne auch schon histo rische Bilder, Aufzeichnungen einer verlo renen und nicht mehr wiederholbaren Welt. Sie sind jedoch noch mehr! Wir müssen sie als menschliche Aussagen werten. Die bäuerliche Arbeit ist letztlich nur Anlaß, den Menschen im Ursprung seines Schaf fens und Arbeitens zu erkennen, so wie Bauernarbeit an den Beginn aller mensch lichen Tätigkeiten zu reihen ist. Zum Glück hat Vilma Eckl ihre Blätter in Kohle und Farbkreide zum bäuerlichen Le benskreis nicht zur Gänze an Käufer abge geben. In ihrem Atelier besitzt sie noch einen beachtenswerten Bestand aus frühe ren Jahren. Fallweise findet sich im Ur laubsort Oberneukirchen noch Gelegenheit zu neuen Arbeiten, wenn da und dort altes Arbeitsgerät gebraucht wird. Mit dieser Studie über die „Bäuerliche Ar beit als künstlerisches Motiv" soll ange deutet werden, wie eine Darstellung künst lerischer Erscheinungen in einer Aufglie derung nach Inhalten und Motiven neue Aspekte geben könnte. Daß besonders das Bauerntum in Oberösterreich eine kraft volle künstlerische Interpretation erfahren hat, hiefür namhafte Persönlichkeiten un seres Kunstlebens anzuführen sind, kann bei der Grundstruktur unseres Heimat landes nicht verwundern. ' ■■ / ■ f l i. Jim mm

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2