Oberösterreich, 22. Jahrgang, Heft 1, 1972

größerung der Betriebseinheiten und zu gleich wächst das Gewicht der landwirt schaftlichen Nebenerwerbsbetriebe. Die landwirtschaftliche Produktion und Pro duktivität wurde durch Mechanisierung und Chemisierung wesentlich gesteigert, wobei aber die Auswirkungen auf die Umwelt nicht übersehen werden sollten. Trotz einer geradezu sturzflutartigen Abwanderung eines sehr großen Teiles der landwirtschaft lichen,familienfremden und familieneigenen Arbeitskräfte konnte die landwirtschaft liche Selbstversorgung noch gesteigert wer den. Auf den Gesamtraum bezogen, hat sich der Industrialismus so ausgewirkt, daß ne ben den aufstrebenden industriellen und städtischen Ballungen im ländlichen Raum vielfach agrarische Passivräume entstanden sind. Während die wirtschaftlichen Wachs tumsgebiete durch ein gutes Einkommen, eine leistungsfähige Infrastruktur und eine rege Bautätigkeit ausgezeichnet sind, wer den die Passivräume wirtschaftlich und so zial ausgelaugt; es kommt zur Verarmung und Entsiedelung dieser agrarischen Ge biete. Man spricht mit Recht von der sozialen Frage der Landwirtschaft im 20. Jahrhun dert, von der Agrarkrise in der modernen Industriegesellschaft. Man kann zwar nicht bezweifeln, daß die Umschichtung der Ar beitskräfte aus der Landwirtschaft in andere Berufe und Wirtschaftszweige notwendig ist, doch muß man sich fragen, ob diese Abwanderung in dem Ausmaß und in dem Tempo und ohne die notwendige Vorberei tung sich vollziehen mußte, wie dies tat sächlich geschehen ist. Diese Frage nach dem richtigen Maß gilt auch gegenüber der Rationalisierung der Landwirtschaft und der Entwicklung in der Betriebsgrößen frage. Die Reaktion auf den Umbruch in der Landwirtschaft kann passive Resignation oder aktive Integration sein. Resignation äußert sich im Unbehagen, daß die Öffent lichkeit heute vielfach in der Agrarfrage empfindet und kommt auch zum Ausdruck im Unbehagen, daß sich in der Landwirt schaft selbst ausbreitet. Das öffentliche Un behagen mag z. T. auf die Unkenntnis zurückzuführen sein, die in der Agrarfrage herrscht. Man weiß im allgemeinen und auch in wissenschaftlichen Kreisen verhält nismäßig wenig über die eigentlichen Pro bleme der Landwirtschaft im Industriestaat. Ein solches Nichtwissen, Nichtkennen, Nichterkennen und Halbwissen führt aber mit großer Wahrscheinlichkeit zu Miß trauen und Ablehnung. Das Unbehagen in der Landwirtschaft beruht auf der Tatsache, daß die Zahl der Arbeitskräfte in der Land wirtschaft zwar notwendig abnimmt, aber dennoch die Disparität, das Mindereinkom men der Landwirtschaft dadurch kaum ver mindert wird. Die resignierende Landwirt schaft, die sich in der Industriegesellschaft isoliert fühlt, igelt sich ein. Das öffentliche Unbehagen an und in der Landwirtschaft ist ebenso unfruchtbar und unberechtigt wie die landwirtschaftliche Resignation. Die Lösung des modernen Agrarproblems liegt vielmehr in der aktiven Integration, in der wirtschaftlichen und sozialen Ein gliederung der Landwirtschaft. Diese Inte gration hat sich in zwei Richtungen zu voll ziehen: Einmal von der Landwirtschaft zur Ge samtwirtschaft und Gesamtgesellschaft, aber auch von der Gesamtheit her zur «rf

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