Oberösterreich, 22. Jahrgang, Heft 1, 1972

Otto Wutzel Die bäuerliche Arbeit als künstlerisches Motiv Die Moderne hat die Beziehungen zum Mo tiv und die Bindungen an ein Motiv weit gehend aufgegeben. Formale Zielsetzungen werden in den Vordergrund gerückt. Die Bildbetrachtung ist nicht mehr literarisch, sondern eher meditativ bestimmt. Diese Entwicklung ist nicht unbedingt mit dem Verzicht auf die Gegenständlichkeit in der bildenden Kunst gleichzusetzen. Den Ge genstand gibt es auch im modernen Bild. Was sollte sonst dargestellt werden? Doch ist der „Inhalt" nicht mehr ausschlag gebend. Vielfach wird er sogar als außer künstlerisches Element abgetan. Diese Situation beherrscht das künstlerische Tagesgeschehen. Ihr gilt das vornehmliche Interesse der Kunstfachleute und Kunst kritik. In der öffentlichen Meinungsbildung hat sie derzeit alle Trümpfe in der Hand. Die objektive Beobachtung muß allerdings feststellen, daß es auch in der Moderne in Nebenbewegungen stets das „Motiv" ge geben hat. Unter Moderne soll dabei das gesamte Kunstgeschehen der Gegenwart verstanden werden. Das Motiv wird ledig lich in einen tieferen geistigen Bezug ge stellt. Es wird nicht sosehr als Abbild ge wertet — wie in früheren Zeiten —,son dern als Sinnbild aufgefaßt. Der Künstler benützt das Motiv, eine Aussage zu geben. Bei Durchsicht des Motivenschatzes, wie er also auch in der Kunst der Gegenwart noch besteht, fällt sofort die Vernachlässigung des ländlichen Bereiches auf. In der Malerei des 19. Jahrhunderts fand die Welt des Bauern vor allem in der österreichischen Kunst Eingang in Form des Genrebildes. Glänzende Beispiele sind die köstlichen Werke Ferdinand Georg Wald müllers oder Friedrich Gauermanns. Land leben wurde gern als Idylle dargestellt. Ro mantisches „Zurück zur Natur" spielte da bei eine nicht unbedeutende Rolle. Die Folge war dann oft Verniedlichung und Versüßlichung. Die großen Vorbilder wur den zugunsten einer zweifelhaften „Hei- »„ rf *r ' t j W'"*' vr.h. i' rl mii •t ■ G ÜrZlVV l'/l* A_ n Wilhelm Dachauer: Schnitter, Studie, Bleistift, Museum der Stadt Ried, Inv.-Nr. 128

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