Oberösterreich, 22. Jahrgang, Heft 1, 1972

Karl Kaineder Die Mechanisierung in der Landwirtschaft Oberösterreichs Unsere Kinder singen heute noch in der Schule: „Wenn im Märzen der Bauer sein Rößlein einspannt.. Wie viele dieser Kinder mögen noch kein Pferd gesehen haben und schon gar keines vor einer Egge? Vor dem Einbruch der großen Me chanisierungswelle, den man ungefähr um 1950 ansetzen kann, waren das Zugtier, vorwiegend Pferde und Ochsen, sowie reichliche und schwere Handarbeit die Leit bilder des bäuerlichen Alltags. Heute sind Zugtiere rar geworden.Das alte Lied stimmt nicht mehr. Im Jahre 1970 sind in ganz Oherösterreich einschließlich der Sportpferde nur mehr 6900 Pferde über drei Jahre hei 5402 Pferdehaltern gezählt wordenl Eine Bauernstube war einmal voll Leben und Treiben. Eine Schar von Mägden und Knechten war um den großen Tisch versammelt. Heute lebt hier nur mehr der Bauer mit seiner Familie. Von rund 64.000 Landarbeitern im Jahre 1948 sind 1971 in Oberösterreich nur knappe 10.000 übrig geblieben. Betrug der Anteil der land wirtschaftlichen Bevölkerung um die Jahr hundertwende noch rund ein Drittel der Gesamtbevölkerung, so liegt er heute bei einem Siebtel. Trotzdem wird jetzt wesent lich mehr produziert als früher. Das wurde nur durch einen gigantischen Aufschwung des Landmaschineneinsatzes möglich. Unser Bauer spannt kein Röß lein mehr ein, sondern setzt sich auf den Gesundheitssitz seines Traktors, der heute im Durchschnitt um wesentliches stärker ist als zu Beginn der Mechanisierung. Im Jahre 1950 gab es in Oberösterreich rund 3000 Traktoren. Damals kaufte ein fort- • V«; J . schrittlich eingestellter Landwirt einen 15-PS-Traktor um 30.000 Schilling, dazu einen kleinen Pflug, eine Egge, den Mäh balken und einen Ackerwagen. Mit einem Gesamtmaschinenneuwert von 50.000 bis 80.000 Schilling kam er leicht durch. Der Traktor war nur „eisernes Pferd" und seine später entwickelten Möglichkeiten als Mit telpunkt eines ganzen Arbeitssystems wa ren erst schwach angedeutet. Immerhin benützte man recht bald eine am Traktor angebaute Riemenscheibe zum Antrieb anderer Arbeitsmaschinen mittels Treibriemen. Kaum noch trat die Zapfwelle zum Antrieb angehängter oder angebau ter Maschinen in Erscheinung. Zehn Jahre später, also 1960, benötigte der gleiche Bauer schon einen 30-PS-Traktor um 60.000 Schilling; mit einer etwas stär keren Bodenbearbeitungsgerätereihe und einigen neuen Maschinen, wie Mist- und Mineraldüngerstreuer, Frontlader, die ver schiedensten Heurechen, Geräten der In nenwirtschaft u. a., setzte er ein Maschinen kapital von 100.000 bis 300.000 Schilling ein. Und heute? Dieser Bauer braucht heute einen 50- bis 60-PS-Traktor um 120.000 bis 140.000 Schilling mit einer umfangrei chen Gerätereihe und Erntemaschinenaus rüstung, die je nach Produktionsrichtung Maschinenneuwerte von 400.000 bis 800.000 Schilling ergibt. Heute stehen den oberösterreichischen Bauern aber auch 66.000 Traktoren zur Verfügung, die nicht nur reine Zugarbeit leisten, sondern ebenso Lasten heben, Maschinen antreiben, Geräte tragen und mit großen Anhängern schwere Lasten vom Lagerhaus zum Hof und vom Hof zum Abnehmer bringen. Im Frühjahr beginnt die Arbeit Der Traktor beginnt seine Arbeit im März zur leichten Bodenbearbeitung mit Schlei fen und Eggen. Immer mehr wird die hohe Zugleistung moderner Traktoren zum gleichzeitigen Einsatz mehrerer zusammen gebauter Geräte benützt. So können z.B. verschiedene Eggen, die nach ihrer BauIm Frühjahr beginnt die Arbeit; die Aussaat mit Sämaschinen. — Werkfoto Reform-Werke Bauer & Co., Wels

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