Oberösterreich, 22. Jahrgang, Heft 1, 1972

gesamtösterreicKisch im Jahre 1966 noch 346.000 Tonnen Mais und 246.000 Tonnen Futtergerste zur Bedarfsdeckung impor tiert, so mußten infolge der Produktions umschichtung 1969/70 keine Einfuhren mehr getätigt werden. Im Falle des Milch überschusses ging es darum, die Milcher zeugung zugunsten der Produktion von Rindfleisch einzuschränken, dessen Ver brauch nach einer Studie von Profes sor Köttl bis zum Jahre 1985 eine enorme Zunahme verzeichnen dürfte. Köttl kommt in seiner Untersuchung zu dem Ergebnis, daß sich der Rindfleischverbrauch in Österreich bis zum Jahre 1986 von gegen wärtig etwa 143.000 auf 226.000 t erhöhen wird. Außerdem sind Exportmöglichkeiten in den EWG-Raum gegeben, weil dieser und hier vor allem unser wichtigster Han delspartner Italien ein beträchtliches Fleischdefizit aufweist, welches kaum in ab sehbarer Zeit geschlossen werden kann. Die Absatzchancen für Rindfleisch auf dem Inlands- und Auslandsmarkt rechtfertigen unsere Bemühungen und bestärken uns in der Auffassung, den richtigen Weg in der Produktion eingeschlagen zu haben. Für Oberösterreich sind die Entwicklungen auf dem tierischen Sektor deswegen von so weitreichender Bedeutung, weil wir hin sichtlich der Kuhzahl als auch des Gesamt rinderbestandes in Österreich mit Abstand an der Spitze liegen und unsere Landwirte einen Großteil ihres Einkommens aus der tierischen Produktion schöpfen. Aus dem statistischen Material der Viehzählungser gebnisse läßt sich auf dem Rindersektor eine Umstrukturierung in Oberösterreich herauslesen, welche in der von uns ge wünschten Richtung verläuft. Demnach nimmt der Gesamtrinderbestand kontinuierlich zu (1969; 658.414, 1970: 681.916, 1971: 699.795), der Kuhbestand hingegen weist eine rückläufige Tendenz auf. Betrug der Anteil der Kühe am Ge samtrinderbestand im Jahre 1950 noch 52,8, so verringerte er sich bis 1971 auf 43,0 Prozent. Ging der Abbau des Kuhbestandes zunächst noch etwas zö gernd vor sich (im Jahre 1970 — 0,3 Prozent Rückgang — Bundesdurchschnitt 1,4 Pro zent), so deuten nunmehr die letzten Vieh zählungsergebnisse vom 3. Dezember 1971 eher auf eine Beschleunigung des Abbau prozesses hin, wiewohl der Rückgang in diesem Jahr mit 1,04 Prozent noch immer unter dem Bundesdurchschnitt von 1,8 Pro zent lag. Mit einem Anteil von 28,64 Pro zent am gesamtösterreichischen Kuhbe stand scheint sich Oberösterreich zum Zent rum der Milcherzeugung zu entwickeln, zu mal der Abbau des Kuhbestandes in den östlichen und besonders in den alpinen Bundesländern durchwegs stärker ausfiel als bei uns. Im wesentlichen ist die Verringerung des Milchkuhbestandes auf die Abnahme der Rinderbesitzer zurückzuführen (1967 — 61.637, 1971 - 55.984). Ursache für die Aufgabe der Kuhhaltung ist ihre Arbeits aufwendigkeit, die hauptsächlich bei Ne benerwerbsbetrieben und Wirtschaften mit größerer Flächenausstattung ein fast un lösbares Problem darstellt. Daß gerade bei den Nebenerwerbsbetrieben ein empfind liches Abbröckeln des Kuhbestandes zu er warten ist, geht aus einer statistischen Un tersuchung über die Milchanlieferung her vor, derzufolge im Jahre 1971 51 Prozent aller oberösterreichischen Milchlieferanten mit einer jährlichen Anlieferungsmenge bis 10.000 kg mit Sicherheit als Nebenerwerbs betriebe eingestuft werden können. Das überreiche Arbeitsplatzangebot im Zentralraum begünstigt den Übergang zur Nebenerwerbslandwirtschaft und somit zu arbeitsextensiveren Betriebszweigen als der Milchwirtschaft. Ebenso scheidet im Acker baugebiet die Milchviehhaltung bei Betrie ben, die über ein ausreichendes Flächenaus maß verfügen, aus arbeitswirtschaftlichen Gründen mehr und mehr aus. Nach den letzten Viehzählungsergebnissen ist dem nach der Abbau des Kuhbestandes im Be zirk Linz mit 8,6 und Wels mit 5,4 Pro zent relativ am stärksten gewesen. Wie schon vorhin angedeutet wurde, geht der Kuhbestand zurück, während gleichzei tig die Gesamtrinderproduktion ansteigt, d. h. daß der Aufzucht von weiblichem und insbesondere von männlichem Jungvieh immer mehr Beachtung geschenkt wird. Folgende Tabelle erlaubt einen Überblick über diese Entwicklung in Oberösterreich: auf 100 Kühe entfielen Jungvieh Kalbinnen 1950 8,5 19,5 19,6 7,0 4,1 4,6 1960 16,0 18,9 20,3 5,0 10,8 1,3 1970 25,8 21,1 23,3 4,9 21,7 0,8 Die Kalbinnenaufzucht scheint in Ober österreich eine besonders gute Grundlage zu besitzen. Günstige Aufzuchtverhältnisse, besonders frühreife Rassen und gute Absatzeinrich tungen machen die Kalbinnenaufzucht zu einem typisch oberösterreichischen Er zeugungsschwerpunkt, wobei fast 50 Pro zent um den Absatzschwerpunkt Ried i. 1. liegen. Der Bestand an männlichem Jung vieh vergrößerte sich im Jahre 1971 um 8,8 Prozent. 39 Prozent des gesamtöster reichischen Zuwachses dieser Kategorie ge hen auf das Konto Oberösterreichs. Die Be standsaufstockung in der Kategorie männ licher Jungrinder bis zu einem Jahr hat sich in Oberösterreich ebenso wie in ganz Osterreich im Jahre 1971 gegenüber 1970 etwa um die Hälfte abgeschwächt. Waren es in Oberösterreich im Jahre 1970 noch 11,2, so 1971 nur mehr 6,1 Prozent. Hier wird ganz deutlich eine natür liche Barriere spürbar, welche den Umfang und die Möglichkeiten der Pro duktionsausweitung bei Rindfleisch ab grenzt und den Zusammenhang zwischen Milcherzeugung und Rindfleischproduktion nachdrücklich unterstreicht. Die Ursache für die sinkende Zuwachsrate bei männlichem Jungvieh dürfte in einem langsamen Er schöpfen des Reservoirs an aufzüchtwür digen Stierkälbern liegen. Innerhalb der einzelnen Bundesländer ist im Sinne der Produktionsteilung ein überregionaler Aus gleich bis zu einem bestimmten Grade möglich, aber gesamtösterreichisch gesehen sind die Grenzen der Rindfleischproduk tion klar erkennbar. Legt man bei 1,050.833 Kühen eine Abkalberrate von 90 Prozent zugrunde, so würden von 945.750 Kälber geburten bei einem ausgeglichenen Ge schlechtsverhältnis 472.874 Stierkälber an fallen. Mit 368.237 Stierkälbern werden immerhin schon 77,9 Prozent aufgezogen, während es im Vorjahr nur 72,5 waren. 1965 lag die Aufzuchtquote bei 57,3 Pro zent. Damit wird für die Auswei tung der Jungrindermast die abnehmende Kuhzahl zum begrenzenden Faktor. Einzig die Erhöhung der Abkalbquote und die Verringerung der Kälberschlachtungsrate könnten hier noch den Spielraum gering fügig erweitern. Die Stierkälbernachschaffung zur Rind fleischproduktion steht also betriebswirt schaftlich in einem untrennbaren Zusam menhang mit der Milchviehhaltung und Milcherzeugung. Es wäre daher absolut verfehlt, wollte man die Milchviehhaltung und die Rindfleischproduktion — also letzt lich auch das Preisgeschehen bei Milch und Rindfleisch — isoliert betrachten. Nach den letzten Viehzählungsergebnissen liegt Oberösterreich mit einem Durch schnittsbestand von 12,5 Rindern pro Be trieb über dem österreichischen Durch schnitt, der sich um 10,6 Rinder pro Be trieb eingependelt hat. Schwerpunkte in der Rinderhaltung lassen sich in Ober österreich in den Bezirken Ried und Brau nau herauslesen, wo durchschnittlich 15,9 Rinder pro Betrieb gehalten werden. In der Schweineproduktion nimmt Ober österreich mit einem Anteil von 25 Pro zent am gesamtösterreichischen Schweine bestand hinter Niederösterreich gleichfalls eine Spitzenposition ein. Die Erzeugungs schwerpunkte liegen naturgemäß im Ge treideanbaugebiet der Bezirke Wels, Gries kirchen, Kirchdorf und Perg sowie Linz. Noch immer sind die Schwankungen in der Produktion beträchtlich und spiegeln das gewohnte Bild des sogenannten Schweinezyklus wider. Gesamtschweinebestand in Oberösterreich: 1968 793.577 1969 834.556 1970 907.720 1971 788.788

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