Oberösterreich, 22. Jahrgang, Heft 1, 1972

Die Aufgabe einzelner Betriebszweige zu gunsten der erwünschten Spezialisierung wird naturgemäl3 ein Anwachsen der Be standeseinheiten pro Betrieb im Bereich der tierischen Veredelungswirtschaft mit sich bringen. Das Aufstocken der Bestandesein heiten ist durchaus wünschenswert und wird so lange das marktwirtschaftliche Gleichgewicht nicht stören, als die Auswei tung der Bestände im Rahmen des über regionalen Kapazitätsausgleiches im Zuge der Produktionsentflechtung erfolgt. Abge sehen von der qualitätsbetonten und daher marktgerechten Produktion, die bis zu einem gewissen Grad ihren Niederschlag im Erlös findet, kann der spezialisierte Betrieb auch auf der Kostenseite ent sprechende Vorteile für sich buchen. Mit zunehmender Vergrößerung der Tierbe stände kommt nämlich die Kostendegression bei den Stallgebäuden und in der Mechanisierung sehr spürbar zum Tragen. Sicherlich liegen die optimalen Bestandes größen im Sinne der Kostendegression noch sehr wesentlich über dem Durch schnittsbestand unserer Betriebe, stellen wir aber einen Vergleich mit unseren spe zialisierten Betrieben an, so zeigt sich, daß diese Werte schon erreicht, ja vielfach be reits überschritten sind. In der bodenab hängigen Produktion, wie z. B. in der Jungrindermast, sind der Bestandesaufstokkung durch das vorhandene Flächenausmaß der Betriebe klare Grenzen gesetzt. Kritisch wird die Situation jedoch in der bodenun abhängigen Veredelungswirtschaft, wie z. B. auf dem Mastschweine- und Geflü gelsektor, die auf Zukauffutterbasis be trieben werden können, wodurch deren Ausdehnung rein theoretisch keinerlei Schranken auferlegt sind. In letzter Zeit mehren sich die Fälle, wo hauptsächlich jüngere Landwirte sich mit der Absicht tragen, Veredelungszweige mit einem Tier besatz aufzubauen, von dem wir bisher nicht einmal zu träumen gewagt haben. In einem konkreten Fall wollten drei Land wirte einen Gemeinschaftsstall für 1200 Mastschweine errichten. Vor einer solch überdimensionalen Ausweitung kann nicht genug gewarnt werden, weil der riesige Kapitalbedarf für die baulichen Anlagen und für die Einrichtung kaum aus Ligen mitteln aufgebracht werden kann. In der Regel wird hier mit teurem Fremdkapital ausfinanziert, welches solche Unternehmen von vornherein zum Scheitern verurteilt, weil die finanzielle Tragkraft des Betriebs zweiges für so aufwendige Investitionen nicht ausreicht. Überbetriebliche Zusammenarbeit in der Produktion und beim Absatz - ein Weg in die Zukunft Drei Gründe sprechen unbedingt für die Spezialisierung, einerseits die Notwendig keit, marktgerecht zu produzieren, ande rerseits der allgemeine Kostenauftrieb, der sich nur über forcierte Spezialisierung einigermaßen abschwächen läßt, und schließlich sind es arbeitswirtschaftliche Ge sichtspunkte. Steht der vielseitig geführte Betrieb produktionsmäßig und daher auch einkommensmäßig auf mehreren Pfeilern, wodurch sich natürlich eine Streuung des Risikos ergibt, so ist das Fundament eines spezialisierten Betriebes nur ein Produk tionszweig, erhöhtes Produktions- und Marktrisiko sind daher die Folge. Zur Ab deckung des erhöhten Risikos braucht der spezialisierte Betrieb einen wirkungsvol len Schutz, der nur durch den Zusammen schluß der Betriebe zu überbetrieblichen Produktions- und Absatzgemeinschaften erreicht werden kann, wobei sich vor al lem das Marktrisiko durch eine umsichtige Disposition des Angebotes reduzieren läßt. Die Landwirtschaftskammer mißt die ser Entwicklung allerhöchste Bedeutung bei und unterstützt die Bildung derartiger Pro duktions- und Absatzgmeinschaften nach Kräften. Wie die Erfahrung in der Ver gangenheit mehrmals gezeigt hat, erweisen sich solche Gemeinschaften als ein sehr wirksames Instrument zur Produktions steuerung, weil es mit Hilfe der straffen Organisation gelingt, dem einzelnen Land wirt über eine gezielte Produktions- und Marktberatung die marktwirtschaftlichen Zusammenhänge überschaubar zu machen, ihm also Markttransparenz zu vermitteln, welche die Grundlage für jedwedes markt gerechte Verhalten bildet. Um die tierische Veredelungswirtschaft systematisch in den Griff zu bekommen, wurde in Oberöster reich auf Landesebene der „Verein land wirtschaftlicher Veredelungsproduzenten" als Dachorganisation gegründet, unter des sen Patronanz bereits eine Reihe von re gional gestreuten Produktionsringen haupt sächlich auf dem Ferkel- und Mastschweine sektor laufen. Ferkelringe wurden aufge baut in Vöcklabruck, Grieskirchen, im Mühlviertel und im Kremstal, Schweinemastringe bestehen im Mühlviertel und Kremstal sowie in Braunau.Primäre Aufgabe dieser Lrzeugerringe ist es, bei den Mit gliedsbetrieben über eine intensive Be ratungstätigkeit die Qualität anzuheben und zu vereinheitlichen, weiters das auf gesplitterte Angebot zu sammeln und in aufnahmsfähige Kanäle zu leiten. Die Ver einigung des Angebotes, die Standardisie rung der Qualität durch diese überbetrieb lichen Gemeinschaften stellt in der Land wirtschaft den Beginn eines Konzentra tionsprozesses dar, welchen die Abnehmer landwirtschaftlicher Produkte, also der Handel und die Industrie, schon längst vollzogen haben. Die großen Handelsket ten, die den Markt beherrschen, sind ein schlagender Beweis dafür. Die Stärkung der Verhandlungsposition gegenüber der Produktionsstufe ist die we sentlichste Folgerung der Konzentration seitens der Abnehmerbereiche für landwirt schaftliche Produkte. Es bleibt der Land wirtschaft keine andere Wahl, als entspre chend den vorgegebenen Strukturen zu pro duzieren, aber sie muß, um ihre Marktposi tion zu festigen, gegenüber dem Handel und der Industrie als großer Anbieter auf treten, will sie sich nicht dem Preisdiktat dieser Wirtschaftsgruppen ausliefern. Dazu ist die Kooperation und Koordination zwi schen den einzelnen Betrieben unerhört wichtig, diese Aufgabe berührt in glei cher Weise den einzelnen Landwirt, die überbetrieblichen Gemeinschaften wie auch die Genossenschaften. Nur dann wird die Landwirtschaft das Gesetz des Handelns nicht aus der Hand geben, wenn sie selbst mehr als bisher in die Verarbeitung ihrer Produkte einsteigt und sie nicht ausschließ lich als Rohstoffe an die Industrie abgibt. Nur so kann sich die Landwirtschaft einem totalen Abhängigkeitsverhältnis gegenüber der Industrie entziehen und ihren Anteil an der Wertschöpfung, also letztlich am Pro dukterlös, vergrößern. Ein Musterbeispiel dieser Art, einer vertikalen Integration in der Landwirtschaft, stellt in Oberöster reich die Lferdinger Konservenfabrik dar, welche in einem Zentrum des Feldgemüse baues errichtet wurde. Hier haben die feldgemüseproduzierenden Landwirte sich zu einer bestens funktionierenden, schlag kräftigen Verwertungs- und Vermarktungs genossenschaft zusammengeschlossen. Wie ihr Erfolg beweist, hat es die Genossen schaft verstanden, sich hundertprozentig auf die Bedürfnisse des Handels einzustellen. Mengenanpassung - ein dringliches Gegenwartsproblem Ein Problem, welches der Landwirtschaft unter den Nägeln brennt, ist die Mengen regulierung in der Produktion, denn gering fügige Überschüsse in einzelnen Sparten zerschlagen Markt und Preis. So kann er fahrungsgemäß ein Überangebot an Schweinen von fünf Prozent eine Preissen kung bis zu zwölf Prozent verursachen. Die Angleichung der Erzeugung an das Auf nahmevermögen des Marktes ist daher aus Gründen der Linkommenssicherung beson ders vordringlich. Lange Zeit waren be kanntlich die Milchschwemme und der Ge treideberg Alptraum der Landwirtschaft und zweifellos auch gewaltiger Hemmschuh auf dem Wege zu einer dynamischen Preispolitik. Daß sich hier eine Wende zum Besseren angebahnt hat, ist den Be mühungen und Maßnahmen der Agrarpo litik zuzuschreiben, welche darin gipfel ten, schwer absetzbare Überschüsse durch eine Umlenkung der Produktion auf Spar ten mit Bedarf abzubauen. Das bedeutet auf dem Getreidesektor eine Verringerung der Brotgetreideflächen zugunsten des Futtergetreideanbaues. Der Rückgang der oberösterreichischen Brotgetreidefläche von 99.770 ha im Jahre 1968 auf 88.352 ha im Jahre 1970 weist in diese Richtung. Wurden

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