Oberösterreich, 21. Jahrgang, Heft 2, 1971

LENZING — Nicht nur Chemie fasererzeuger Die Chemiefaser Lenzing AG ist im all gemeinen als Produzent zellulosischer Chemiefasern und Folien bekannt. Das Unternehmen gehört mit einer Jahres produktion von ca. 80.000 Tonnen welt weit zu den größten Viskosefasererzeugern. Nach der Produktionsmenge steht Lenzing an siebenter Stelle der Welt rangliste, doch bestreitet das Unterneh men mit über 48.000 Tonnen derzeit rund 16 Prozent des Weltexportes an Viskosespinnfasern. Da das Werk durch seine Kunstfasererzeugung über Viskose im Hause verfügt, begann man bereits vor 20 Jahren auch mit einer Zellglas produktion, so daß das Unternehmen auch auf eine langjährige Erfahrung in der Herstellung von Verpackungsfolien zurückblicken kann. Wie Generaldirektor KR.Rudolf H.Seidl bei einer Pressekonferenz anläßlich der Kunststoffmesse 71 in Düsseldorf vor Journalisten hervorhob, wird auch in Zukunft das Zellglas seine führende Stellung in der Verpackungswirtschaft behalten. Die Weltproduktion an Zell glas beträgt derzeit über 600.000 Jah restonnen und wird voraussichtlich noch weiter steigen. Somit ist Zellglas nach Polyäthylen die am meisten verwendete transparente und flexible Verpackungs folie. Sie hat hervorragende Qualitäts merkmale, wie z. B. Schutzeigenschaften, Maschinengängigkeit, das verkaufsför dernde Aussehen und die Wirtschaft lichkeit. Für die siebziger Jahre sind noch weitere Verbesserungen bei den Zellglasfolien zu erwarten, vor allem hinsichtlich der Beständigkeit unter verschiedenen kli matischen Bedingungen, noch bessere Maschinengängigkeit und weitere Ver besserung der technologischen Eigen schaften, vor allem im Hinblick auf Folienkombinationen. Die Lenzinger Zellglasproduktion ist im vergangenen Jahr mit der Erzeugung von spinngefärbten Folien erweitert wor den; diese haben den Vorteil, daß sie den höchsten Ansprüchen bei der Lebensiiüttelverpackung gerecht werden. Sie entsprechen somit voll den jetzt ver schärften Bestimmungen des EWG-Lebensmittelgesetzes. Neben Zellglas lie fert die Chemiefaser Lenzing AG auf dem Verpackungssektor auch technische Papiere, vor allem Pergamin sowie Beschichtungs- und Kaschierpapiere. So wohl Zellglas als auch technische Pa piere gehen zu zwei Drittel in den Export. Im Zuge der Diversifikation auf dem Verpackungssektor hat man in Lenzing Mitte der sechziger Jahre mit der Pro duktion monoaxial gereckter Kunststoff folien und Folienfäden begonnen. An fangs waren sie nur zur Deckung des eigenen Bedarfes an gewebten Kunst stoffverpackungen an Stelle von Jute für die Chemiefaser-Ballenverpackung vor gesehen. Daß sich aus diesen Anfängen innerhalb relativ kurzer Zeit eine an sehnliche Maschinenindustrie in Lenzing entwickelt hat, die in der Herstellung und Weiterverarbeitung der Folien und Folienfäden neue Wege geht, beweist die Tatsache, daß dem Unternehmen be reits 1968 ein österreichischer Staats preis für das in Lenzing entwickelte Spitt WeaVing-Verfahren (Weben ohne Kettenbaum) und 1971 ein weiterer für beschichtete Bändchengewirke zugespro chen wurde. Kunststoffolien in der Verpackungswirt schaft kennen wir ja schon seit vielen Jahren. Als eine ganz neue Entwicklung in der Plastikverarbedtung kann aber die Herstellung und Weiterverarbeitung von monoaxial gereckten Folien und Folien fäden angesehen werden. Diese beson dere Art der Folienverarbeitung hat sich in sehr kurzer Zeit in der industriellen Praxis eingeführt und der Anwendung von Kunststoffen in den verschiedenen Industriebranchen neue Wege eröffnet. So dringen monoaxial gereckte Folien und Folienfäden aus Niederdruckpolyäthylen und Polypropylen immer mehr in das bisherige Anwendungsgebiet der Grobfasern Jute, Sisal, Hanf usw. ein. Der Vorteil der gewebten und gewirkten Verpackungen aus Folienfäden gegen über den bisher in Schlauchform, in Rol len oder als Planware verwendeten Kunststoffolien beruht darin, daß ge webte oder gewirkte Verpackungen aus Folienfäden genau auf den Verwen dungszweck abgestimmt werden kön nen. In Lenzig war man von Anfang an be strebt, nicht nur monoaxial gereckte Fo lien und Folienfäden für Verpackungen und textile Anwendungszwecke herzu stellen. Das Schwergewicht bei LenzingPlastic liegt auf der Fabrikation von Ma schinen zu deren Herstellung und Wei terverarbeitung monoaxial gereckter Fo lien und Folienfäden. Es wurden das Split Weaving- und Split Knitting-Verfahren (Weben und Wirken ohne kon ventionellen Kettbaum) entwickelt. Fer ner erzeugt Lenzing Folienstreckanlagen, Folienfadenanlagen, Fibrilliereinheiten, Texturieranlagen, Extrusionsbeschichtungsanlagen und einen Lenzing-Sackformer. Der Umsatz in diesem neuen Produk tionszweig hat sich in den letzten Jahren so gut entwickelt, daß sich die Notwen digkeit ergab, die Maschinen- und Fo lienerzeugung in eigenen Produktions hallen zu konzentrieren. Im laufenden Jahr werden voraussichtlich über 30 An lagen mit Zusatzaggregaten hergestellt werden, die fast ausschließlich in den Export gehen und einen Umsatz von über 10 Millionen DM erbringen. Damit liegt diese neue Produktionssparte der Chemiefaser Lenzing AG nach so kurzer Anlaufzeit bereits umsatzmäßig in der vergleichbaren Größenordnung einer mittleren Maschinenfabrik. Dieser neue Produktionszweig ist aber nach wie vor noch im Aufbau und läßt für die Zu kunft vieles erwarten. 74

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2