Oberösterreich, 21. Jahrgang, Heft 2, 1971

Zeitgeist, dem die Harmonie der Welt wie der zu einem Wunschtraum geworden ist. Eindrucksvoll sind die im Anhang ab gedruckten eigenhändigen schriftlichen Zeugnisse Keplers, wobei bisher unveröf fentlichte Briefe gebracht werden. Es wird wohl nur wenige geben, die sich selbst in die Werke Keplers einlesen kön nen. Was Kepler der ganzen Menschheit jedoch zu sagen hat, wußte der Kulturhisto riker Justus Schmidt verständlich zu machen. So wird dieses Buch in die Kepler-Literatur als Standardwerk eingehen. Benno Ulm: Das Mühlviertel. Seine Kunst werke, historischen Lebens- und Siedlungs formen. Bildteil: Walter Hofstadier. — Salzburg: Verlag St. Peter 1971,255 Seiten, 88 Abb.schwarzweiß,Ladenpreis S 235.— Seit langem besteht das Bedürfnis, zwi schen der österreichischen Kunsttopogra phie und dem Dehio-Handbuch der Kunst denkmäler Österreichs eine Publikations reihe anzusiedeln, die mehr als ein trocke nes Kunstinventar bietet, die bei aller Wis senschaftlichkeit gut lesbar ist, also einen allgemein brauchbaren Kunstführer abgibt. in Oberösterreich unternahm der unver gessene Erwin Hainisch bereits 1933 einen derartigen Versuch, der allerdings mit den „Denkmalen des politischen Bezirkes Eferding" eine Eintagsfliege blieb. Für Kärnten versuchte Ginhart ähnliches. Der Salzbur ger Verlag St. Peter hat vor Jahren eine „österreichische Kunstmonographie" be gonnen, Benno Ulms Werk ist der 5. Band dieser Reihe. Bisher wurden niederösterreichische Landschaften und das Burgenland behandelt, die Monographie über das Mühl viertel ist für unser Bundesland ein hoff nungsvoller Beginn. Benno Ulm erweist sich in diesem Werk als ein hervorragender Kenner des Mühl viertels und als ein kenntnisreicher, kriti scher Kunsthistoriker. Gleiches Lob ver dient seine gute Darstellungsgabe. Sein Buch ist mehr als ein landläufiger Kunst führer, es kann als eine umfassende Ge samtdarstellung unseres nördlichen Landes teiles bezeichnet werden. In einer knapp gefaßten Einführung wird dem Leser die Kunst- und Kulturgeschichte dieser Land schaft von der Erstbesiedlung bis zur Ge genwart nahegebracht. Der Autor wertet nicht, sondern stellt charakterisierend die historischen Fakten dar, so verschweigt er auch nicht den besonderen Anteil des Mühl viertels an der Entwicklung der Neugotik in Österreich. In den alphabetisch angeord neten Örtsbeschreibungen finden wir so dann eingehende Darstellungen, die eine rasche Orientierung über alle kunsthistori schen Sehenswürdigkeiten und kultur geschichtlichen Objekte ermöglichen. Der Autor erweist sich dabei als ein echter Feld forscher, der nicht blind kompiliert, sondern in erster Linie eigene Erkenntnisse ver arbeitet. Wie es der Landschaft des Mühl viertels entspricht, nimmt die Gotik dabei einen vorderen Platz ein. Kirchenpläne und sorgfältig gestaltete Abbildungen ergänzen optisch den Text. Kritisch anzumerken wäre höchstens der Wunsch, bei einer Neuauflage die „Chro nik", die an den Beginn des Buches gestellt ist, bis in die Gegenwart fortzuführen, da die Geschichte des Mühlviertels gerade nach 1945 sehr bewegt war. Es sei aber auch die Bitte ausgesprochen, diesem Band bald wei tere oberösterreichische Landschaftsmono graphien folgen zu lassen. Dr. Otto Wutzel Erwiderung auf den Aufsatz von Nikolaus Negrelli-Moldelbe: „Originale aus Linz und Umgebung" in „Überösterreich", 20. Jahr gang, Heft 2. Diese Erwiderung wird über besonderen Wunsch abgedruckt. Anm. d. Red. Kremsmünster,16. 10.71 Sehr geehrter Herr Chefredakteur! Gestern habe ich das Heft 2, Winterheft 1970, 20. Jahrgang der Kulturzeitschrift öö. „Porträts aus Oö." in die Hand be kommen. In Ihrem Beitrag „Originale aus Linz und Umgebung" wollen Sie unter an derem auch meinen Vater skizzieren. Sie tun das mit Behauptungen, die seine Töch ter und Söhne, in deren Namen ich als Ältester schreibe, schockieren und beleidi gen. Mein Vater, Herr Medizinalrat Dr. R. Feßl, war gewiß ein sonderbarer oder nicht all täglicher Durchschnittsmensch; in seiner geistigen Überlegenheit getraute er sich eine Hose zu tragen, bei der man nicht zum Niedersetzen die Bügelfalten hoch ziehen muß, überhaupt hat er sich nicht „ä la Mode" gekleidet, sondern praktisch; „gefranste Hosen, vielfach geflickte Joppen" zählten nicht zu seinem Besitztum! Die mobil gewordene Krautscheuche gehört einzig und allein in das Reservat Ihrer beleidigenden Phantasie, die Sie doch ver nünftigerweise mehr in Zaum halten soll ten. In der Beschränkung zeigt sich der Meister; diesmal haben Sie nicht bedacht, daß auch die dichterische Freiheit ihre absoluten Grenzen wahren soll, wenn sie schön, er götzlich, erhaben oder usw. sein will; Sie haben sie weit überschritten und haben sich damit weit aus der Zone einer üblichen Höflichkeit entfernt. Mein Vater, ein körperlich gut durch trainierter Mann, war Gründer des Wiener akademischen Turnvereines, ein glänzender Schlittschuhläufer, ein eifriger Bergsteiger, Gründer des Neuhofener Gesangs- und Theatervereines, hatte sämtliche medizini schen Prüfungen mit Auszeichnung abge legt; er war von stattlicher, aufrechter Hal tung, selbst wenn er gewollt hätte, wäre er nicht im entferntesten einer Kraut scheuchenfigur ähnlich geworden. Nun steht Ihr Elaborat im „Porträts aus Oberösterreich". Die Hochschätzung seines Bekanntenkreises meinem Vater gegenüber stirbt mit den Menschen allmählich ab, es bleibt also nur Ihre gedruckte und eben beleidigende Unwahrheit von der lächer lichen Krautscheuche! Dr. Rudolf Fessl 73

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