Oberösterreich, 21. Jahrgang, Heft 2, 1971

tenberg, aus Regensburg und aus Württem berg geeignete Prediger und Lehrer senden lassen. Die Ordinationslisten der Regens burger Kirche nennen uns eine Fülle von Namen. So wie zu Heerbrands Zeiten die Steiermark, so wandten sich zur Zeit des jüngeren Andrea die Oberösterreicher nach Tübingen. Württemberg hatte sich nicht ganz zu Unrecht den Beinamen des „luthe rischen Spanien"erworben. So fand Kepler als leitenden Mann des evangelischen Kirchenministeriums der Landstände einen schwäbischen Lands mann wieder: Daniel Hitzler, nur vier Jahre jünger als er selbst, ebenfalls Tübin ger Stiftler und in vieler Hinsicht bewan dert und schon in Spezialaufgaben tätig ge wesen, so z. B. als Repetent (heute etwa Oberassistent) am Tübinger Stift und stell vertretender Hofprediger in Stuttgart. Bei anderen schwäbischen Landsleuten fand Kepler mit seinen zwei ihm noch verbliebe nen Kindern Unterkunft: Im Hause des ehemaligen Rektors der Landschaftsschule Johannes Memhard, der allerdings schon 1613 verstarb. Am 30. Oktober 1613 ver mählte er sich in Eferding in der zum Hause Starhemberg gehörigen Stadtkirche mit Su sanne Reuttinger. Sechs seiner Kinder wur den in Linz im Landhausministerium ge tauft, wo die evangelischen Seelsorger ihre Wirkungsstätte hatten. In der Landschafts schule traf er auf den Rektor Matthias Anomäus; weit über Linz hinaus bekannt waren der Kärntner Historiker Hieronymus Megiser, der Komponist Johann Kraut (Brassicanus) und der damals noch ganz junge steirische Pfarrerssohn Martin Zeiler, später der geographische Mitarbei ter Merians. Sie alle waren Männer von wissenschaftlichem Format und entsprachen der Absicht der Stände, eine Bildungsmög lichkeit für die Jugend des Adels wie auch der Bürger über das Durchschnittsmaß der Lateinschulen hinaus zu gewährleisten, ohne auf ausländische Universitäten an gewiesen zu sein. Ein solcher Mann war auch Daniel Hitzler. Etwas von der umfassenden Geistesschu lung des Tübinger Stiftes zeichnet ihn aus. Daß er für das damals meistverbreitete Dogmatik-Lehrbuch von Leonhard Hutter eine Einführung mit der biblischen Grund lage schrieb, mag noch im engeren Rahmen bleiben, vielleicht auch noch kirchenrecht liche Gutachten. Aber die Herausgabe eines Gesangbuches sprengt diesen Rahmen und noch mehr die Arbeit an der Agende der oberösterreichischen evangelischen Gemein den von 1617, also einem Kirchenbuch mit der Gottesdienstordnung und dem Wort laut der Gebete; diese sollte die bisher meistgebrauchte des Nürnbergers Veit Dietrich ablösen. Daß eine solche Agende nötig wurde, zeigt die Festigung des evan gelischen Kirchenwesens seit 1608. Man hat dem österreichischen Protestantismus oft genug die Unfähigkeit vorgeworfen, eine gemeinsame Basis gottesdienstlichen Han delns zu finden. Es ist aber bezeichnend, daß überall in den Gebieten auch nur einigermaßen sichergestellter Duldung nach wenigen Jahren solche Agenden geschaffen wurden, so in Niederösterreich 1572 durch Chytraeus und Reuter, schon 1578 auch in Linz durch Georg Khuen. Als Kepler Hitzler bald nach seiner An kunft aus Prag seine Haltung zur Konkordienformel mitteilte, schloß ihn dieser von der Teilnahme am Abendmahl aus. Das hatten die Prager Pfarrer Augsburgischer Konfession nicht getan, auch nicht der spä tere sächsische Oberhofprediger Hoe von Hohenegg, der aus Wien stammte, zeit weise in Prag wirkte und als Vorkämpfer eines streng konfessionellen Luthertums im Sinn der Konkordienformel galt. Kepler wandte sich nach Tübingen und Stuttgart um Vermittlung. Das Konsistorium in Stutt gart stellte sich jedoch auf die Seite Hitzlers. Kepler möge bei der reinen und gesunden Lehre, in welcher er durch einzigartige Milde und auf Kosten der württembergiBIBLIOTHEK DER KAMMER DER GEWERBLICHEN WIRTSCHAFT FÜR OBERÖSTERREICH (7: HiiM EBHiillliiiilil IMHIMSwSh EISSnBS Freie Benützung des Lesezimmers, kostenlose Bücher entlehnung. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag täglich von 8 bis 12 Uhr und von 14 bis 17 Uhr, jeden ersten und dritten Samstag im Monat von 9 bis 12 Uhr. Die Bibliothek der Handelskammer Öberösterreich, Linz, Handelskammergebäude, Eingang Mozartstraße(Haus tor), steht als öffentliche Bibiiothek Interessenten aus allen Bevölkerungskreisen zur Verfügung. Zirka 44.000 Bände, rund 1000 Jahrbücher, Zeitungen und Zeitschriften. Hauptsächliche Fachgebiete der Bibliothek: Wirtschafts wissenschaften — Wirtschaftspolitik — Sozialpolitik — Rechtswissenschaften — Betriebswirtschaft — Technolo gische und gewerbliche Fachliteratur. 59

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