lers Mutter eben mit der Folter gedroht wird. Doch nicht vergeblich hatte der Sohn beim Herzog von Württemberg interve niert: ein Kurier überbringt den Entlas sungsbefehl. Das fünfte Bild (wie das erste 1952 ent standen) wurde — sehr zum Vorteil für die Buchausgabe — gänzlich umgeschrieben,die einbegleitende Szene mit Keplers Mutter gestrichen. Während der Astronom einer Fehlberechnung im Manuskript zur Welt harmonik auf der Spur ist, tritt der Wider sacher als Herr aus Prag in die Linzer Stu dierstube mit der Kunde vom Prager Fen stersturz und drohender Kriegsgefahr. Um geben von seiner Frau, Gringalletus und dem Widersacher, und Kepler spricht sein Friedensmanifest: eine hohe Schöpfung deutscher Dichtkunst. Nun wird ihm auch letzte Einsicht in das Geheimnis der Welt harmonik: Das dritte Planetengesetz ist ge funden, Kepler feiert seines „Lebens größten Sieg". Zwischen den Szenen in Linz und Sagan klaffte im Bühnenmanuskript eine Lücke, die nun das sechste Bild schließt. Arnolt Bronnens Vorwurf, der Dichter habe sein Drama auf lokal-historische Szenen einge engt, ist damit entkräftet. Keplers Treue zu Luthers Lehre veranlaßt ihn, eine kaiser liche Berufung zum Universitätsprofessor (die Max Caspar vermutet) auszuschlagen! So motiviert Keplers Charakterstärke das tragische Geschick, dem er nun entgegen geht. Er überreicht dem Kaiser das vollendete Tafelwerk und rät beschwörend zum Frie den; Wallenstein nimmt auf des Kaisers Empfehlung Kepler in seine Dienste. Das Schloß zu Sagen wird Keplers Zuflucht. Das spannungsgeladene siebente Bild, aus dem vierten Bild der Bühnenfassung gereift, ist neu konzipiert. Der Widersacher als Wallensteins Adjutant treibt Kepler wegen des von Wallenstein geforderten Horoskops in die Enge. Der Feldherr erweist sich zudem als säumiger Zahler. So überredet der Wi dersacher schließlich Kepler zum Aufbruch nach Regensburg, beim Reichstag seine noch ausstehenden Gelder einzufordern. Die Tagebuch-AufZeichnung aus Gleichen berg vom 30. Juli 1966 macht autobiogra phische Bezüge zur Saganszene transpa rent: „...Ein schwarzer Hund lag vor dem Bauernhaus, das in der Nähe der Ka pelle steht. Als er uns wahrnahm, erhob er sich und bellend lief er auf uns zu. In die sem Augenblick wachte wieder die uralte Hundeangst in mir auf. Im Vorspiel und im siebenten Bild meiner Keplerdichtung gibt es Stellen, in denen diese Hundeangst, die in meinem Unterbewußtsein immer da ist, auf merkwürdige Weise hervor bricht.. Todkrank finden wir Kepler in Regensburg wieder (achtes Bild). Hilde brand und Ursula Billi, die Kepler beher bergen, halten mit Lansius Wache beim Sterbenden. Zwei Hofherren bringen ein Geldgeschenk des Kaisers, die Not zu lin dern. Der Widersacher in seiner Urgestalt und der Engel erscheinen. Während der Wi dersacher Keplers Entdeckungen als Unheil für die Menschheit bezeichnet, tröstet der Engel Kepler, er werde — als treu befunden — vor Gottes Angesicht bestehen. Arthur Fischer-Colbrie hat Keplers Passion mit der Gewissenhaftigkeit eines Historiographen, ebenso aber mit der frommen In brunst jener großen Mysterienspieldichter zu einem Drama von hohem Rang gestal tet. Robert Braun lobt es als „so echt menschlich und österreichisch" (Uppsala, 8. 12. 1960); „Würdig reiht sich der Linzer Fischer-Colbrie in die Reihe jener großen österreichischen Dichter, die nicht nur der Lyrik, sondern auch dem Theater Tiefes und Schönes schenkten: Hofmannsthal, Wildgans, Max Mell, Csokor, Felix Braun." (Prof. Evermod Groß in: „TheologischPraktische Quartalschrift", 1/1961, Linz); Otto Jungmair empfiehlt das Werk den Salzburger Festspielen zur Aufführung und Hanns Salaschek apostrophiert im gleichen Zusammenhang das Burgtheater. Arthur Fischer-Colbries Dichtung ist dem Leidens weg des Ahnherrn christlicher Ökumene geweiht, den Linz in seinen Mauern beher bergen durfte. Tiefen Eindruck hinterließ daher eine Le sung am Goetheanum zu Dornach (17. Juni 1967). Im Jahr zuvor hatte Arthur FischerColbrie Regensburg besucht:„Um drei Uhr läutete ich am Kepler-Haus. Ein bärtiger Herr führte mich. Zum Abschied übergab ich mein Kepler-Drama. Da gingen ihm die Augen auf" (Tagebuchnotiz vom 23. Juni 1966). Arthur Fischer-Colbrie hat dem Schöpfer der „Weltharmonik" das schönste Preislied gesungen. Dies soll im Kepler-Gedenkjahr nicht vergessen sein, mag auch Arthur Fi scher-Colbrie heute auf den Jahrmärkten literarischen Managements ungenannt blei ben, weil er sich, fernab von ihnen, in die Stille innerer Schau versenkt hatte: „Er aber glaubte der Stille. Sie lehrte ihn schauen und horchen. Ließ ihn die Schöpfung verstehen. Hieß ihn erkennen sich selbst..." (Aus den „Gleichenberger Elegien") Linz • Figulystr. 1 (b. Volksgarten)• Tel.55066 55
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