Oberösterreich, 21. Jahrgang, Heft 2, 1971

Links; Erinnerungsbüchlein des Stefan Lansius aus dem Jahre 1621, Studienbibliothek Linz. — Rechts: Programmzettel von der Aufführung des dramatischen Gedichtes „Johannes Kepler" von Arthur Fischer-Colbrie am 24.Mai1952 im Akademischen Gymnasium Linz. Leo Kliegels Bühnenbilder besaßen Niveau und schufen den stimmungsvollen Rahmen. Ignaz Brantner setzte mit der Aufnahme des „Johannes Kepler" in den Spielplan eine Pioniertat, derer man dankbar ge denken sollte. Landeshauptmann Dr. Hein rich Gleißner und Bürgermeister Dr. Ernst Koref spendeten im Verein mit der zur Uraufführung erschienenen Prominenz des oberösterreichischen Kultur- und Geistes lebens dem Dichter wie seinen Interpreten frenetischen Beifall. Ein Schatten freilich war über der Insze nierung gelegen, der diese erste Bühnen fassung, mochte sie auch dramaturgisch noch nicht zur letzten Vollendung ausge reift gewesen sein, kaum zur vollen Wir kung gelangen ließ. So manche der Regie anweisungen widersprachen den Vorstel lungen des Autors. Marianne Schwayer verweist auf Keplers Friedensrede, die über Weisung des Regisseurs mit dem Rücken zum Publikum gesprochen wurde und so nicht gebührend zur Geltung kam. Dies hat u. a. der Aufführung empfindlich geschadet. Heinrich Wimmer spricht daher anläßlich der Buchausgabe von einer erheb lichen Verbesserung gegenüber dem Büh nenmanuskript, wo die Friedensrede im vierten Bild (Sagan) „gleichsam aus dem Fenster gesprochen wurde". So hatte wohl bei der Uraufführung der Eindruck entste hen müssen, es ermangle dem „Johannes Kepler" an Dramatik, handelte es sich doch um das erste Bühnenwerk eines von der Literaturwissenschaft bereits anerkannten Lyrikers. Ob nicht darin der Grund liegen mag, daß man Arthur Fischer-Colbries Werk im Spielplan 1971 unseres Theaters vermißt? Arthur Fischer-Colbrie hat später sein Büh nenmanuskript um zwei Bilder bereichert, die dann als erstes und fünftes Bild in die Buchfassung eingingen. Sie wurden am 24. 5. 1952 aus Anlaß der 400-Jahr-Feier des Linzer Gymnasiums, dessen Schüler der Dichter gewesen, im Festsaal der jubilie renden Anstalt uraufgeführt. Regie und Titelrolle lagen bei Kurt Fischer-Colbrie. Die Bühnenbilder stammten von Heinz B. Gallee. Aus dem Ensemble des Linzer Lan destheaters wirkten ferner Friedrich Haupt (Widersacher), Rose Erburg (Keplers Mut ter) und Else Petry (Keplers Frau Susanne) mit. Studenten des Gymnasiums spielten die Rollen der Schüler Keplers bzw. des Gringalletus. Die Aufführung bildete einen würdigen Höhepunkt der Feiern des Linzer Gymnasiums unter der Direktion von Dok tor Hubert Razinger. 400 JAHRE GYMNASIUM LINZ Dramatisclie Uraufführungen Festsaal des Bundesgymnasiums — 24. Mai 1952 Beginn: 17 Uhr Ende: 19 Uhr I Zwei Bilder aus dem dramatischen Gedicht JOHANNES KEPLER Von Arthur Fischer-Colbrie Erstes Bild In der evangelischen Landschaftsschule zu Linz (Dezember 1612) Johannes Kepler Kurt Fischer-Colbrie Der Widersacher als Pastor und Schulinspektor Friedrich Haupt Karl Jörger .............. Maximilian Liechtenstein . Hieronymus Megiser d. J. Valentin Megiser Schüler Keplers Franz Persehl* Wolfgang Prinz* Hermann Furthmoser* Cerhart Kührer* Fünftes Bild Studierzimmer in Keplers Linzer Wohnung in der Hofgasse (Mai 1618) Johannes Kepler .................. .... Kurt Fischer-Colbrie Katharina, Keplers Mutter .................... Rose Erburg Susanne, Keplers zweite Frau Else Petry Der Widersacher als Herr aus Prag Friedrich Haupt Janus Gringalletus, Keplers Gehilfe Franz Willnauer* * Studenten des Bundesgymnasiums Linz Regie: Kurt Fischer-Colbrie Bühnenbilder: Heinz Callee In der Oktober-Nummer 1952 der „Wiener Monatshefte" erschien dann aus Arthur Fischer-Colbries Feder „Der Stern der Liebe", eine Erzählung um Johannes Kep lers Leben in Linz, die inhaltlich dem zwei ten Bild der Bühnen-, bzw. dem dritten der Buchfassung und dem vierten Bild des Hörspiels entspricht (Lansius' erster Besuch bei Kepler). Marianne Schwayer er wähnt, daß sich Arthur Fischer-Colbrie teilweise mit der Titelfigur seines Dramas identifizierte; dies trifft auch auf Lansius zu, dessen Namen er gelegentlich als Pseu donym verwendete. Die letzte und endgültige Fassung seines dramatischen Gedichts in einem Vorspiel und acht Bildern erschien mit Unterstüt zung des Unterrichtsministeriums, der oö. Landesregierung und des Magistrats der Stadt Linz als festliche Buchgabe im Oö. Landesverlag zum 65. Geburtstag des Dichters (geboren 25. 7. 1895) im Novem ber 1960 und fand, wie aus bereits zitierten Kritiken hervorgeht, höchste Anerkennung. 53

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