Aldemar Schiffkorn KeplersJünger in Apoll Zu Arthur Fischer-Colbries Drama„Johannes Kepler' Benediktinerstift Kremsmünster, Bildnis Kep lers von einem unbekannten Maler (Kepler im 39. Lebensjahr). Dieses Porträt wurde von Arthur Fischer-Colbrie besonders geschätzt. Es war der Genius Keplers, welcher Arthur Fischer-Colbrie die Geheimnisse „allheller Nächte" erschlossen hatte, deren Wun der und Weihe in seinen Versen tö nend wurden. Zwei 1939 bzw. 1941 er schienene Gedichtbände „Die Wälder at men und die Sterne leuchten", wie „Unter dem Sternbild der Leier" zeugen, daß sich seine Lyrik an der erhabenen Schönheit des gestirnten Himmels entzündete. So war er längst schon „von der Idee ergriffen, dem bewunderten Menschen und Gelehrten Kepler ein dichterisches Denkmal zu errich ten". Beim Erscheinen seines Gedichtbandes „Or gel der Seele" (1954) hatte ich den Dichter als „Keplers Jünger in Apoll" begrüßt, da er wie keiner vor ihm es vermocht hatte, die „göttliche Zeichenschrift", die „himmlischen Runen",poetisch zu deuten. „Und schließlich sind auch viele meiner Abende der Vertiefung in die unerschöpf liche Schönheit des gestirnten Himmels ge weiht", bekannte er, als ihm 1938 für sein Gedicht „Abschied von Orion" der Lyrik preis der „Dame" zuerkannt worden war. Wann immer der Dichter von den Höhen des Freinbergs im nächtlichen Schweigen seinen Blick nach dem Gang der Gestirne richtete, wurde ihm dieser zum Gesang, dem er sich, angerührt vom Geheimnis des Kosmos, hingab. Unter die Widmung der Buchausgabe sei nes „Johannes Kepler" hatte mir Arthur Fischer-Colbrie an Stelle seines Namenszu ges die Worte „Keplers Jünger in Apoll" gesetzt. Doch bis sein „Johannes Kepler" zur Buchfassung gedieh, mußten dem Dich ter zwei Jahrzehnte seines Lebens verstrei chen. „So ist eigenes Erleben mitbeteiligt, wenn ich Kepler im sechsten Bild meiner Dichtung sprechen lasse: Die Mühen von Jahrzehnten — Hab' ich an dieses Lebens werk gewendet!" (An Dr. Franz Hammer, 30. 1. 1961.) Keplers Schicksal hat u. a. Hans Rehberg zu seinem Schauspiel „Johannes Kepler" und schließlich Hindemith zu seiner Oper „Harmonie der Welt" inspiriert. Kein Ge ringerer als der Vorsitzende der KeplerGesellschaft und Leiter der Forschungsstelle Weil der Stadt, der Kepler-Kommission der Bayrischen Akademie der Wissenschaften, Dr. Franz Hammer, drückte dem Dichter sein Bedauern aus, daß Hindemith nicht einen Text von Arthur Fischer-Colbrie ver tont habe: „Ich denke mir jetzt, was da Schönes hätte herauskommen können, wenn er (Hindemith) sich mit Ihnen zusam mengetan und einen Text von Ihnen ver tont hätte."(Brief vom 12. 1. 1961.) Kepler hatte selbst Goethe und Stifter fas ziniert. Goethe meinte jedoch: „Anderen sei es überlassen, seine Verdienste anzuer kennen und zu rühmen, welche außer un serem Gesichtskreis liegen: aber uns ziemt es, sein herrlich Gemüt zu bemerken, das überall auf das freudigste durchblickt" (Farbenlehre). Hanns Salascheks Rezension der Buchausgabe von Arthur Fischer-Col bries „Johannes Kepler" („Die Furche", 11/1961: „An der Orgel des Himmels") setzt mit der Replik auf Goethe ein:„Wem anderen denn gleich, als den Dichtern, wem anderen als einem, der aus jener Stadt stammt, in der Kepler gewirkt hat: aus Linz!" Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Moriz En zinger verweist in seinem Brief vom 15. 12. 1960 auf Stifter: „Sie haben mit Ihrem Kepler-Stück die Krönung Ihrer ,astronomischen Dichtung' gegeben, und man darf sich darüber freuen, daß Ihnen das gelungen ist. So wird Kepler auch für Sie zu einem Sinnbild, wie er es in dem geplanten Kepler-Roman auch für Stifter hätte werden sollen." Arthur Fischer-Colbrie hatte sich alle Kep ler betreffenden Äußerungen Stifters no tiert. Es mochte im Zusammenhang mit dem Studium von Max Caspars 1948 er schienener Kepler-Biographie geschehen sein. Ihr widmete er in den Oö. Heimat blättern (3. Jg., Heft 3, Juli-September 1949, Seite 268 ff.) unter dem Titel „Ein literari sches Ehrenmal für Johannes Kepler" auf zehn Seiten eine von fundierter Quellen kenntnis zeugende Würdigung. Darin be zieht er sich u. a. auf Stifters pessimistische Beurteilung der Linzer Verhältnisse, welche auch Kepler das Leben verleidet haben sol len: „Indessen war jene Meinung auch nach der aktenmäßig belegten Feststellung Proschkos, daß Oberösterreich sich an Kep ler nie undankbar erwiesen hat, noch immer verbreitet und wurde sogar von Adalbert Stifter vertreten." Stifter fühlte sich als posthumer Linzer Leidensgenosse Keplers: „In Linz hat auch einmal so ein moralisch Gekreuzigter ge lebt, dessen Spuren ich hier oft mit schauernder Ehrfurcht nachgehe... der sternkundige Kepler... Wie wäre es, wenn wir diesen Mann poetisch behandelten?" (An Heckenast, 29. 7. 1858.) Stifters Idee kam jedoch nicht zum Tragen, denn: „Stoffe und Gedanken häufen sich in mei nem Haupte, sie pochen und drängen zur Ausführung: aber dann fehlt die Zeit, und die Gemeinheit der täglichen Vorkömmniße und die Kläglichkeit der Menschen, mit denen ich zu thun habe, und denen ich nicht aus dem Wege gehen kann, trübt die Stimmung. Vielleicht wird man einmal diesen Brief lesen, und die im Mutterleib getöteten Kinder bedauern, dann wird es zu spät sein, wie es bei Kepler zu spät war, der auch in diesem unseligen Linz lebte und wie es bei Mozart zu spät war." (An Heckenast, 29. 2. 1856.) Anders als Stifter sah Arthur Fischer-Col brie Keplers Linzer Jahre. Eine erste Hör spielfassung seines „Johannes Kepler" schrieb er 1942. Nach seiner Motivation be fragt, antwortete er: „Zu meinem Hörspiel war ich durch meine Beschäftigung mit den großen Persönlichkeiten gekommen, die in Linz gelebt und gewirkt haben. Dabei hatte es mir außer Bruckner und Stifter Johannes Kepler besonders angetan, weil ich mich schon seit langem mit der Himmelskunde als Liebhaber beschäftigt hatte (worauf auch meine Sternengedichte zurückzuführen 49
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