Oberösterreich, 21. Jahrgang, Heft 2, 1971

Wendung von Horolcgien immer mehr ent behrlich, gerade durch Keplers Festlegung elliptischer, also nicht kreisrunder Umlauf bahnen, verloren ganze Gruppen dieser Instrumente ihren wissenschaftlichen Wert, blieben aber bis heute hochbegehrte und sehr teure Sammelstücke. Daß Johannes Kepler auf die Herstellung von Horologien oder astronomisch wissenschaftlicher Instru mente Einfluß genommen hätte, ist un sicher, gewiß ist nur die Verwendung des von ihm konstruierten großen Sextanten. Johannes Kepler war vielmehr Optikus, er sah, schon seiner schwachen Augen halber, in der Verbesserung besonders der Optik des Fernrohres weit größere Chancen als in der zeitraubenden Herstellung kompli zierter astronomischer Behelfsmittel oder Demonstriermodelle. Aufschlußreich sind hier Keplers Beziehungen zu Jost Bürgi, einem Schweizer, der seit 1579 Hofuhr macher, Astronom und Mathematikus beim Landgrafen Wilhelm IV. in Kassel war und die dort 1561 gegründete Sternwarte be treute. Bürgi war Universalgenie, er baute kunstvolle Meßgeräte, Himmelsgloben und Planetarien auf wissenschaftlicher Grund lage; durch die Einführung der Kreuz schlagunruhe machte er sich aber auch um die Fortentwicklung der Räderuhr sehr ver dient. 1582 erfand er den Proportionszirkel und zehn Jahre später ein Triangulations instrument. Kaiser Rudolf II. lieferte er 1592 für seine berühmte Kunstkammer einen Himmelsglobus mit Uhrwerk. Von 1603 an arbeitete er als Kammeruhrmacher in Prag. Als Kepler 1600 in Prag eintraf und dort als Mathematikus bis 1612 ver blieb, hatte er reichlich Gelegenheit, mit Jost Bürgi, den er als Wissenschafter und Mechanikus gleichhoch schätzte, wissen schaftlichen und persönlichen Verkehr auf zunehmen. Es ist undenkbar, daß Kepler in dieser Zeit am Uhren- und Instrumenten bau, der gerade durch Bürgi in Prag weit über Nürnberg hinaus seinen Höhepunkt erreicht hatte, nicht unmittelbar beteüigt gewesen wäre. Bürgi war Praktiker und vollendeter Handwerker, Kepler Theoreti ker, beide waren Astronomen und geniale Erfinder. Wir kennen in Einzelheiten aber nur ihre gemeinsame Arbeit um das Zustandekommen einer ventillosen Druckund Saugpumpe, die 1607 fertiggestellt „ein lustiges kunst brünlein" für Kaiser Rudolf betrieb und auch anderenorts z. B. für den Herzog von Anhalt nachgebaut wurde. Si cher hatte Kepler besonders während seines Prager Aufenthaltes auch andere Beziehun gen zum Instrumenten- und Uhrenbau, denn diese Sparten bedurften xmentwegt des Mathematikers und eines in Richtung Fortschritt hinzielenden Anregers. Wir wis sen, daß Kepler diesen Dingen zwar zu getan war, daß er aber befürchten mußte, damit seine großen, fast in die Uferlosigkeit gesteckten Ziele zu verlieren. Er war stark genug, hier abzubremsen, wo es weder ent sprechenden Verdienst noch Möglichkeiten gab, Entscheidendes zu leisten. Die Sammlung von Zeitmeßinstrumenten, astronomischen und optischen Instrumenten und Globen im Oberösterreichischen Lan desmuseum umfaßt Objekte, die seinerzeit tatsächlich wissenschaftlichen Zwecken dien lich waren. Es ist beabsichtigt, diese Samm lung in einem naturwissenschaftlichen Ka binett zu vereinigen und zugänglich zu ma chen. Die im Linzer Schloßmuseum gezeig ten Geräte sind kleine handliche Demon strierobjekte, die wie die ausgestellten frü hen Räderuhren ausgesprochenen Kunst wert besitzen. Es sind dies Vertikal-, Hori zontal- und Äquatorial-Sonnenuhren und Sonnenringe in betont künstlerischer Aus führung. Ausschließlich Lehrzwecken diente ein Sphären- und Erdglobus in prachtvol ler Ausführung. Er besitzt im Sockel die unentbehrliche Bussole und Vorrichtung zur Einstellung der Polhöhe. Die bewegliche Erdkugel zeigt Erdteile und Meere, Äquato rial- und Polzonen, ist von den Kreisen des Cancer und Capricornus umgeben, am Arcus Coeli, also im Zenit, schwebt ein verhüllter Frauenkopf — Symbol der EwigLinks; Erd- und Sphärenglobus mit Bussole im Zenit, Frauenkopf, um 1660. Rechts: Planiglobus mit Himmelssphäre.

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