Oberösterreich, 21. Jahrgang, Heft 2, 1971

Taschenformat gebracht worden. Seefahrt und Wüstendurchquerung waren ohne diese Uhrkompasse fast unmöglich. Sehr rasch nach ihrer Einführung nahm man an diesen ersten brauchbaren Zeitfeststellern eine wesentliche Verbesserung dadurch vor, daß man auf einer viertelkreisförmigen Skala die Elevation, also die Polhöhe, auf trug und sowohl den Zeitziffernring als auch den Gnomon der Polhöhe entsprechend ver stellbar einrichtete. Von nun an besaß man also Horizontal- und Äquatorial-Sonnenuhren mit einstellbarer Polhöhe. Diese Ge bilde wurden meist sehr hübsch und deko rativ gestaltet, in Tisch- und Taschenformat geliefert und mit einer in drei Sprachen abgefaßten Gebrauchsanweisung versehen, in der die Elevatio Poli von Granada und Syrakus über Paris und Amsterdam bis hinauf nach Gotenburg angegeben war. Der Stolz jedes Reisenden — Johannes Kep1er kaimte diese hübschen Instrumente si cher von seiner Jugend an, sie blieben un verändert noch weit über seinen Tod hin aus! Er ließ sicher mit Rücksicht auf diese volkstümlichen Zeitfeststeller in seinem Grazer Schreibkalender auf das Jahr 1599 ausdrücklich aufdrucken: „Auff des Poli Borealis Höhe 47 Grad." Zur vereinfachten Darstellung der Himmelssphäre, später zur Demonstration der Planetenbahnen kon struierte man besonders in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts nach maurischen Vorbildern Himmelsgloben, in der zwei ten Hälfte dieses Jahrhunderts Armillarsphären, dann Sonnenringe und schließlich Astrobalien und Astrolabien in Scheiben form. Die Herstellung dieser Instrumente erforderte große Mühe und viel Geld, nur ganz wenige Werkstätten befaßten sich mit solchen Dingen, und als Besteller kamen meist nur fürstliche Mäzene, vielleicht noch Großhandelsherren in Frage. Es ist mit Si cherheit anzunehmen, daß Johannes Kepler diese komplizierten Instrumente, wenig stens ihren Typen und Systemen nach, viel leicht schon am höheren Seminar in Maul bronn, jedenfalls aber nach 1589 auf der Universität Tübingen kennengelernt hat. Anzunehmen wäre auch, daß Kepler bei seinem Scharfblick in solchen Belangen die meisten dieser Horologien und Demon strierobjekte als TrugVorstellungen erkannt haben wird, als Ausdrucksformen mensch licher Phantasie, die wissenschaftlich zum Großteil ohne Wert waren. Wir wissen heute, daß gerade die kostspieligsten und unter Beiziehung von Künstlern hergestell ten Instrumente größtenteils dazu dienten, dem vornehmen Besitzer den Anschein hoher Gelehrtheit zu verleihen. Man kann diese Instrumente in drei Grup pen teilen, nämlich in besonders erdachte Links: Tischuhr mit einstellbarem Wecker, Caritas, Spes und Patientia, um 1580. Rechts: Sternzeituhr mit eingebauter Bussole, Heidelberg,17. Jahrhundert. und konstruierte Geräte, die nach dem da maligen Stand der Wissenschaft erarbeitete Erkenntnisse festzuhalten und zu demon strieren imstande waren. Hieher gehören die Astrobalien und Astrolabien, die Stern zeituhren, Mondphasenzeiger, besonders aber die Immerwährenden Kalender. Diese Kalender zeigten auf beweglichen, gravier ten und gepunzten Metallscheiben all das an, was man für füglich vom Kalender er fahren wollte, die Tages- und Nachtlängen, Sonnenauf- und -Untergang im Ablauf der Jahreszeiten, fortlaufende Datumsangaben und schließlich die Mondphasen mit Aufund Untergang dieses Gestirns. Eine zweite Gruppe bilden Geräte, die ausschließlich dem Lehrgebrauch dienten und als Demon strierobjekte verwendet wurden. Das waren die Erd- und Himmelsgloben in allen er denkbaren Ausführungen, die Armillarsphären, Mondlaufdemonstranten und der gleichen. Zur dritten Gruppe gehören alle Gerätschaften, die unmittelbar der Zeit bestimmung dienten, also Vertikal-, Hori zontal- und Äquatorial-Sonnenuhren, Son nenringe und Sextanten. An den vielen Instrumenten der drei angeführten Grup pen fällt ihre schöne Ausführung deutlich ins Auge und läßt darauf schließen, daß ihre Besteller und Erstbesitzer zum Stande der Wohlhabenden gehörten. Mit dem Fortschritt der Wissenschaft wurde die Ver-

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