Oberösterreich, 21. Jahrgang, Heft 1, 1971

Otto Wutzel Das Salzkammergut Die Entdeckung des Salzkammergutes „Jene fuhren nach Salzburg zurück, wäh rend ich meinen Wanderstab weitersetzte und nach St. Gilgen marschierte... Weiter ging ich dann nach Ischl, über den schönen Traunsee nach Gmunden, bis zum Traunfall bei Lambach, überall zeichnend, was mir Schönes entgegentrat.. Diese Zeilen aus dem Jahres 1823, entnommen den lie benswürdigen „Lebenserinnerungen" des romantischen Malers und Zeichners Lud wig Richter, wurden in der Frühzeit des Salzkammergutes als Reise- und Erholungs landschaft geschrieben. Als die Romantiker die Natur als neues Lebenselement ent deckten, als sie ihre Lieder von der Lust des Wanderns sangen, wurde bereits auch das Salzkammergut „entdeckt". Es war allerdings weniger eine idyllische Entdekkung, eher ein „pittoreskes", ein „bizar res" Erlebnis. Man erschauerte vor der Größe dieser Bergwelt und begeisterte sich gleichzeitig an der Lieblichkeit ihrer Seen; man bestaunte ihre Vielfalt und erfreute sich daran mit dem ganzen Überschwang der Zeit. Schon 1797 schrieb Alexander von Hum boldt: „Ich gestehe, daß ich in der Schweiz keine solchen großen Naturszenen kenne als diese oberösterreichischen... Ich sehe diese Gegend diesen Herbst noch einmal. Ich werde zu Fuß nach Ischl, Hallstatt und, wenn die Witterung sich hält, bis Aussee in die Steiermark gehen ..." Caroline Pich ler schrieb 1811 in verzückter Erinnerung an den Mondsee:„Was waren das für köst liche Tage in dieser wild-schönen Ge gend ..." Wie einen Forschungsbericht hin gegen verfaßte der bayerische Mediziner und Botaniker Joseph August Schuftes sei nen Bericht über seine Reisen durch Ober österreich in den Jahren 1794, 1795, 1802, 1803, 1804, und 1808 und vermerkte über das Salzkammergut: „Wenn irgend ein Ländchen in Deutschland nur den hundert sten Teil der hohen Schönheiten aufzuwei sen hätte, mit welchen die Natur hier einen kleinen Winkel Landes schmückte, es würde längst eben so gepriesen seyn, als das Salz kammergut unbekannt ist..." Im Jahre 1832 gab der k.k. Forstbeamte Johann Steiner seinen „Reise-Gefährten durch die österreichische Schweiz oder das obderennsische Salzkammergut" heraus. Wesentlichen Anteil an der Erschließung dieser Landschaft hatte das Kaiserhaus. Erzherzog Johann wurde zum Gönner des Ausseerlandes. Am 27. August 1810 voll brachte er mit der Überquerung des Dach steinstockes von der Gjaidalm über die Feisterscharte nach Schladming eine frühe Großtat des Alpinismus. Neun Jahre spä ter, am 22. August 1819, begegnete er an den Ufern des Toplitzsees der Ausseer Postmeisterstochter Anna Plochl, die zum Schicksal seines Lebens werden sollte. Sein Bruder, Erzherzog Carl, versuchte am 27. August 1812 von der Gjaidalm eine Dachsteinbesteigung. So kam der Hallstätter Gletscher zu seiner Bezeichnung Karls-Eisfeld", die ihm heute noch eigen ist. Zum Mittelpunkt des Salzkammergutes in jenen geruhsamen Tagen des frühen 19. Jahrhunderts, die wir gerne als Bieder meier bezeichnen, wurde jedoch das Heil bad Ischl erkoren. Erzherzog Rudolf, Kar dinalerzbischof von ölmütz, gab dem erz herzoglichen Ehepaar Franz Karl und Sophie den Rat, eine Kur in Ischl zu be nützen. Deren Sohn, der spätere Kaiser Franz Joseph, verbrachte in seinem langen, mühsamen Leben 83 Sommer in seinem geliebten Ischl. Mit ihm verlegte der ge samte Wiener Hof hieher jeden Sommer seine Residenz. Im Jahre 1827 wurde das Kurtheater erbaut, das nunmehr laufend die Sterne des Wiener Theaterhimmels an zog. In den Jahren 1829 bis 1831 entstand die Trinkhalle, 1853 erwarb die kaiserliche Familie die Villa Dr. Eitz und baute sie zu der biedermeierlichen Idylle der „Kaiser villa" aus. Künstler mehrten mit dem Glanz ihrer Na men den Ruf dieser Landschaft. So wären für Bad Ischl Johannes Brahms und Anton Bruckner, die Operettenkönige Johann Strauß, Emmerich Kaiman, Franz Lehär und Oscar Straus zu nennen. Die Schön heit Gmundens zog Nikolaus Lenau und Friedrich Hebbel, aber auch Johannes Brahms an. Hebbel fand hier Frieden für sein unruhevolles Herz und erwarb sogar ein bescheidenes Landhaus. Berühmt ge worden ist die Schilderung Lenaus von einer Traunsteinbesteigung. Johannes Brahms kam gerne zu Viktor v. Miller als Gast, das Gmundner Stadtmuseum ver wahrt heute noch kostbare Reliquien aus seinem Leben. An den Ufern des Attersees komponierte in einem kleinen Häusl Gu stav Mahler. Franz Karl Ginzkey schrieb „Atterseelieder", in denen er vom See sagt: „Bald ist er märchenhaft blau wie Türkis oder Aquamarin, bald abenteuerlich grün wie Smaragd oder Malachit; es ist, als streiche die Hand eines göttlichen Ma lers unablässig über ihn hin und vergnüge sich an der Vielfalt aller farbigen Möglich keiten." Das Lob des Wolfgangsees hat Ralph Benatzky mit seinem international bekannten „Weißen Rößl" in den fröh lichen Bereich der leichten Muse gehoben. Wer kann alle Maler nennen, die seit Lud wig Richter diese Landschaft durchwandert und in Bildern festgehalten haben? Die Blütezeit der österreichischen Malerei des 19. Jahrhunderts ist mit dem Namen des Salzkammergutes eng verbunden. Wir be gegnen Adalbert Stifter (nicht nur als Dich ter, sondern auch als Maler), Ferdinand Georg Waldmüller, Rudolf von Alt, um nur die wichtigsten zu nennen. Schließlich faßte dieses Loblied einer Landschaft noch einmal ein Dichter unserer Tage (Arthur Fischer-Colbrie) in einprägsame Worte zu sammen: „Blaugrün schimmernde Wasser flächen, zwischen Wald und Fels gebreitet, von weißen, windgebauschten Segeln über glänzt, buntes Gedränge auf Kurpro menaden, wo Strand- und Parkmusik rauscht; Dunkel von Salzbergwerken, wo im Schimmer der Grubenlampen der Jahr tausendschatz glitzert; Wege an schäu menden Wassern, begleitet von nicht enden wollenden Röhren, in denen die Sole ins Tal nach den Sudhäusern wandert; von Zahnrad und Drahtseil bezwungene Gip felhöhen, von denen beglückter Blick die Zinnen und Türme, die Schneefelder und Gletscher des Hochgebirges schaut und die talzu wogenden Wälder und ganz in der Tiefe das Blinken der Seen, der kleinen und kleinsten rings von der Bergwelt um fangenen, und der großen, die sich weithin verlieren ins Flimmern der Ebene: diese Welt ist eingeschlossen im Namen Salz kammergut, der in allen Zonen der Erde Berühmtheit genießt." Die Bergwelt des Salzkammergutes Drei Bundesländer haben am Salzkammer gut ihren Anteil: Oberösterreich, Salzburg, und Steiermark. Am Dachstein stoßen sie in einem markanten Dreiländereck anein ander. Oberösterreichisch ist das eigentliche Kammergut, das von der Traun entwässert wird, mit dem vorgelagerten Mondseeland und dem Attergau. Das Quellgebiet der Die Gosaulacke am Weg vom Vorderen zum Hinteren Gosausee mit dem Blick auf den An stieg zur Adamekhütte. — Foto: H.G.Priilinger

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