Lenzing bautfür die Zukunft Die dynamische Entwicklung der Chemiefaser industrie der Welt hat auch in Österreich zu einem intensiven Ausbau der Werksanlagen und des Produktionsprogrammes der Chemie faser Lenzing AG geführt. Nachdem bereits vor zwei Jahren mit der Gründung der AustriaFaserwerke Ges. m.b. H. die erste österreichi sche Synthesefasererzeugung aufgenommen werden konnte (eine Gemeinschaftsgriindung der Farbwerke Hoechst AG mit der Chemie faser Lenzing AG), hat sich im vergangenen Jahr ein weiteres entscheidendes Ereignis voll zogen, nämlich die Vereinigung der bisher im Besitz des Bunzl & Biach-Konzerns befindlichen Lenzinger Zellulose- und Papierfabrik AG mit der Chemiefaser Lenzing AG. Beide Werke waren schon seit jeher eng mit einander verbunden, und nun ist die Chemie faser Lenzing AG in der Lage, in einem verti kal gegliederten Produktionsprozeß vom Roh holz bis zur fertigen Viskosefaser bzw. Vis kosefolie die gesamte Erzeugung in einem kon tinuierlichen Prozeß durchzuführen. Durch die Fusion wurde auch eine größere Diversifikation erzielt, weil das Werk nun im eigenen Rahmen Zellulose und auch verschiedene Papiere her stellt. Darüber hinaus sind neue Produkte so wohl auf dem Sektor der Chemiefasern und Verpackungsfolien als auch auf dem Maschi nensektor entwickelt worden. Der Gesamt umsatz der fusionierten Unternehmen betrug im Jahre 1969 1,33 Milliarden Schilling, wobei der Umsatzanteil der Viskosefaserproduktion, der bisher bei der Chemiefaser Lenzing AG etwa 85 Prozent betragen hat, nunmehr bei ca. 65 Prozent liegt. Durch die Fusion ist die Chemiefaser Len zing AG der größte Holzverbraucher Öster reichs geworden, der seinen Holzbedarf zu 60 Prozent aus dem Inland deckt, während der Rest importiert werden muß. Die Zellstoff produktion beträgt derzeit rund 100.000 Ton nen lufttrocken pro Jahr, soll aber in den nächsten Jahren auf eine Kapazität von 120.000 Jahrestonnen lufttrocken ausgebaut werden. Die Papierproduktion — es handelt sich haupt sächlich um technische Papiere — ist nicht sehr hoch, doch werden vor allem Spezialpapiere hergestellt, die einen guten Absatz finden. Die Produktion lag im Jahre 1969 bei 15.000 Ton nen und soll in diesem Jahr auf rund 18.000 Tonnen,also um fast 20 Prozent, gestei gert werden. Der herrschenden günstigen Nachfragesituation auf dem Verpackungssektor entspricht auch die gesteigerte Zellglasproduktion Austrophan, eine Klarsichtfolie, die bereits seit 20 Jahren in Lenzing erzeugt wird. Sie wird in diesem Jahr eine Produktion von rund 3600 Tonnen erreichen, von welcher mehr als zwei Drittel in den Export gehen. Angesichts des hohen Eigenbedarfes an Schwe felsäure für die Viskoseproduktion erzeugt das Unternehmen seit nun vier Jahren auch die Schwefelsäure selbst, und zwar rund 70.000 Tonnen pro Jahr. Ebenso werden jährlich rund 17.000 Tonnen Natriumsulfat gewonnen. Nach wie vor bilden für Lenzing die Viskose spinnfasern das Herzstück der Produktion. Er zeugung und Umsatz wiesen im vergangenen Jahr gute Zuwachsraten auf, zumal ja auch weltweit der Textilfaserverbrauch weiter an stieg, zum ersten Mal über 21 Millionen Tonnen. Während die Naturfasern einen leichten Rück gang ihres prozentualen Anteils hinnehmen mußten, haben die Chemiefasern, wenn auch nicht so stürmisch wie in den Jahren vorher, auch im vergangenen Jahr ihren Anteil er höhen können, der jetzt bereits über 38 Pro zent des Gesamtverbrauchs der Welt erreicht hat. Von den über 8 Millionen Tonnen Chemiefasern entfallen auf die synthetischen Fasern 4,350.000 Tonnen und auf die zellulosischen Fasern 3,700.000 Tonnen. Bei den synthetischen Fa sern betrug 1969 die Zuwachsrate 15,5 Prozent und bei den zellulosischen Chemiefasern war sie mit 1,5 Prozent eher bescheiden. Um so be merkenswerter ist die Entwicklung in Lenzing. Hier wurden 1969 rund 68.600 Tonnen Vis kosespinnfasern erzeugt, was eine Steigerung um 6 Prozent bedeutet. Damit liegt das Len zinger Unternehmen um 4,7 Prozent über dem Weltdurchschnitt des Produktionszuwachses bei zellulosischen Chemiefasern. Nach wie vor wer den über zwei Drittel der Faserproduktion aus Lenzing in west- und osteuropäische Staaten sowie nach Übersee exportiert, so daß das Unternehmen zu den größten österreichischen Devisenbringern zählt. Zu den Neuentwicklungen auf dem Fasersektor in Lenzing zählt die bereits auf dem Markt bestens eingeführte modifizierte Viskosespinn faser „Hochmodul 333". Ganz neu auf dem Markt ist die Faser „Tapiflor", eine Kräusel faser von hoher Bauschkraft, die vor allem in der Teppichproduktion verwendet wird. Ferner wurden in Lenzing die Grundlagen für eine flammfeste Viskosefaser und für Viskosefasern mit besonderen Färbeeigenschaften erarbeitet. An allen diesen Entwicklungen hat die erst vor vier Jahren in einem eigenen Forschungszen trum neu organisierte Abteilung für Forschung und Entwicklung besonderen Anteil. Angesichts der hohen Bedeutung der Synthetiks für die Zukunft hat sich Lenzing selbst verständlich in seiner Forschungsarbeit mit der Problematik gewisser Entwicklungsmöglichkei ten bei Synthesefasern beschäftigt. — Dabei gelangte man speziell bei der Herstellung von textilen Fäden aus Filmen zu ganz eigenstän digen Lösungen. Lenzing beschäftigt sich auch bereits seit Jah ren mit der Herstellung und Weiterverarbei tung von monoaxial orientierten Folien und Folienfäden aus Polypropylen und Niederdruck polyäthylen und beschreitet auch auf diesem Gebiet ganz neue Wege. So wurden im Laufe von nur einigen Jahren Spezialmaschinen für die Herstellung monoaxial orientierter Folien entwickelt, ebenso ein neues Websystem zur Erzeugung von Foliengeweben, das inzwischen international bekannte „Split-Weaving"-Verfahren. Der Umsatz in diesem neuen Produk tionszweig hat sich in den letzten Jahren so gut entwickelt, daß sich die Notwendigkeit ergab, die Maschinen- und Folienerzeugung in eigenen Produktionshallen zu konzentrieren, deren Fertigstellung auch ein Anlaß zu dieser Presse konferenz war. Im Jahre 1970 werden über 20 Anlagen mit Zusatzaggregaten hergestellt werden, die fast ausschließlich in den Export gehen und einen Umsatz von über 60 Millionen Schilling erbringen dürften. Die Chemiefaser Lenzing AG beschäftigt der zeit rund 3500 Mitarbeiter und konnte auch im letzten Jahr wieder eine bemerkenswerte Pro duktivitätssteigerung um 7 Prozent erreichen.
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