Oberösterreich, 21. Jahrgang, Heft 1, 1971

Felswänden in den See. Das vom Kaiser eigenhändig geführte Jagdtagebuch gibt die erzielte „Strecke" an. Der Regent ließ sich anschließend von den oberösterreichischen Landständen in die „Hohe Jagd" einreihen, um dieses edle Wild zu schonen. Auch un ter Kaiser Franz Josef I., dessen Leibgehege sich von Goisern abwärts beiderseits der Traun bis über den Traunstein hinaus er streckte, fanden Gemsjagden statt. Bei zwei Treibjagden nahm der Kaiser teil. Im Jahre 1883 wurden 25 Gemsen und im Jahre 1885 an den Hängen des Traunsteins 54 dieser edlen Tiere erlegt, darunter eine weiße oder semmelfarbene (Albino), die der Kronprinz schoß. Wenn die Jäger kaiserlichen Blutes des Abschießens müde waren, hielten sie am „Kaisertisch" im Schatten der Buchen am Lainaubach Rast, eine Stelle, die schon seit Kaiser Maximilians Zeiten so bezeich net wurde. Um die Jahrhundertwende gab es am Traunstein noch rund 200 Gemsen (Rupicapra rupicapra), davon etwa 80 Stück im Bereich des Lainautales. Nach dem Jahre 1911 erlitt der Gamsbestand durch die Räude beträchtliche Einbuße. Der Win ter 1969/70 und die ergiebigen Schnee fälle im Mai verringerten den Bestand von 120 auf etwa 80 Stück. Heute leben am Traunstein nur mehr 60 bis 80 Gemsen, von denen jährlich etwa 15 Stück zum Abschuß freigegeben werden. Die Gemsreviere am Traunstein sind die Son nenhänge der Südabdachung zum Lainautal und die Nordabstürze des Massivs. Bis zum Gschliefgraben und bis zum Seeufer am Miesweg steigen die Tiere ab. Flüch tende Gemsen im Brandgraben, einen „Eingeher" beim Pauliwieserl oder ein Gems rudel im Bereich der Schrofen zum Lainautal längere Zeit beobachten zu können, gehört zu den menschlichen Freuden in un serem „Gamsgebirg". Der Edelhirsch (Cervus elaphus) wird an den Traunsteinhängen nur mehr vereinzelt angetroffen. Zu Frühlingsbeginn äst das Wild an den Südhängen zur Mairalm hin und in den Wäldern um den Laudachsee. Auch das Reh (Capreolus vulgaris) ist am Traunstein heute schon sehr selten. Auer- und Birkhahn (Tetrao urogallus et Lyrurus tetrix) sind aus dem Jagdrevier des Traunsteins bereits verschwunden. Nur eine strenge Durchführung der Schutzund Schonbestimmungen sowie die Hege werden den Wildbestand an den Gehängen dieses Berges auf längere Zeit hin sichern. Die Almwirtschaft In der Servitutenregulierungserkenntnis der oberösterreichischen Alpen aus dem Jahre 1862 sind im Bereich des Traunsteins nur zwei Almen angeführt, die Mair- und Laudachseealm. Die erstere verfügte über die Nordhänge vom Hochkogl zum Lainaubachtal, zwischen Hochkogl- und Gsollgraben, im Ausmaß von 312 Hektar. Zum Auftrieb waren 13 Rinder berechtigt. Schon in der Ablösungserkenntnis vom 10. Fe bruar 1890 wurde die Alm aufgelassen und spätere Viehtriebe lediglich mit Sonder genehmigung der Bundesforstverwaltung Traunstein durchgeführt. Heute ist das Almgebiet aufgeforstet. Die Sennhütte wurde zu einer Gaststätte umgebaut und ist heute auf der Forststraße in das Lainaubachtal leicht erreichbar. Nur die Laudachsee-Alpe,früher Ramsauer alm genannt, hat ihre Weideflächen im Kessel zwischen Traunstein und Schratten stein und verdient daher besondere Be achtung. Die Alm,in der Katastralgemeinde Traunstein/Schlagen gelegen, verfügte über eine Kulturfläche von rund 197 Hektar. 194 Hektar davon entfallen auf den Wald der österreichischen Staatsforste und der Rest von rund 3 Hektar auf Mähder, den Anger und die Baufläche. Zuerst im Eigentum eines Besitzers stehend, wurde sie 1869 an den Herzog von Cumberland verkauft und ging dann in den Besitz der Staatsforste über. Im Jahre 1922 wurde sie im Laufe der Wie derbesiedlung neu reguliert und an zwei Alpbeteiligte abgegeben, die berechtigt wa ren, mit 25 Rindern aufzutreiben. Da die Waldweide mit genau 193,7 Hektar Fläche bei weitem überwiegt, ist es verständlich, daß der Herzog von Cumberland für die Zwecke der Jagd und die Bundesforste zum Zwecke der Waldwirtschaft Interesse zeig te, die Alpung zu unterbinden und das Servitut abzulösen. Im Jahre 1963 kam es dann auch zu einer Totalablöse des Almservituts. Man ist ver ständlicherweise von forstlicher Seite her stark interessiert, eine deutliche Trennung von Wald und Weide durchzuführen. Die gemauerte Almhütte war schon früh Aus flugsziel der Städter und zu einer Gaststätte ausgebaut worden. Die Alpweide ist heute vergahndet, und das friedliche Bild von einst ist dem geschäftigen Treiben des Fremdenverkehrs gewichen. Die Traunsteinbesteigung Vermutlich bestiegen Gemsjäger zuallererst den Berg. Noch heute führen viele Jagd steige bis zur Hochfläche.Die erste verbürgte Ersteigung erfolgte durch Kaiser Maxi milian am 14. November 1506 (S. Wallner, 1953). Ein ausführlicher Bericht der Be steigung stammt von dem Dichter Nikolaus Lenau, der am 7. Juni 1831 mit dem Gamsjäger Hansgirgl und dessen Schwester Nanni den Gipfel erreichte. Schon am Fuß des Berges wurde Lenau von einem Freu denrausch ergriffen, denn er ging voraus und kletterte die Lainaustiege mit solcher Eilfertigkeit hinauf, daß oben der Jäger sagte: „Das ist recht! So halt! Weil Sie da herauf so gut gekommen sind, werden Sie auf den Traunstein wie ein Hund hinauflau fen". In drei Stunden waren sie oben, und mit überschwenglichen Worten lobte Lenau die Aussicht: „Ganz oben trat ich hinaus auf den äußersten Rand eines senkrechten Abgrundes, daß die Nanni aufschrie, mein Jäger aber frohlockte. Das ist Kuraschi! Da ist noch keiner von den Stadtherrn außitreten ...die Minute, die ich auf jenem Rande stand, war die allerschönste meines Lebens." Lenau hat dann noch sehr tref fend den Zustand geschildert, jene Beklem mung, die den Menschen erfaßt, wenn er sich dem Abgrund nähert und in die Tiefe schaut. Wenn man den Südanstieg wählt und endlich am Rande der Nordabstürze steht, erlebt man gleichsam, was Lenau hier empfand. Schon S. Wallner (1953) deutet treffend darauf hin, daß sich der Traunstein als Wander- und Kletterherg gleichermaßen gut eignet. Als Wanderberg, wenn man die gerundeten dolomitischen Formen be tritt oder ihn an seiner Basis umgeht, als Kletterberg, wenn man die Zone der Wet tersteinkalke aufsucht und hier im unweg samen Gelände einer Führe folgt. Sowohl H. Loderbauer (Bd. III) als auch S. Stahrl (1968) berichten ausführlich über die An stiegswege und Kletterrouten auf diesen Berg. Der Gaßnersteig verbindet die Laudachsee- mit der Mairalpe. Hernler- und Naturfreundesteig sowie der Anstieg vom Süden sind gut begehbare und gesicherte Felssteige, die zur Gmundner- und Natur freundehütte führen. S. Stahrl (1960) berichtet, daß der Fels des Traunsteins alle Schwierigkeitsgrade auf weist und bei aller Bescheidenheit als „Klet terparadies" bezeichnet werden könne. Wer sich auf schwierige Fahrten vorbereitet, be ginnt am besten in der Kaltenhachwildnis. Adlerhorst und Nadel, Dreibrüderkogel, Diabolo und Hefenstelle, sind bekannte Berge der „Gmundner Kletterschule" am Fuße des Berges. Erst dann wendet man sich den Steilabstürzen des Wetterstein kalkes zu, beginnend mit den kurzen PauliWessely-Kaminen und endend mit dem Mulzet-Strohlkamin. Nur wer es noch ex tremer wünscht, der zieht die tausend Meter hohe Westwand vor, in der man viele Stunden klettert. Südwestgrat, Traunkirchnerkogl-Nordpfeiler, Pyramiden- und Fahnenkogelnordanstiege gehören zu den schwierigsten Führen dieses Berges und sind nur für die besten Kletterer da, zu denen Hans Hauer und Nikolaus Rafanowitsch, die Durchsteiger der Eiger- (1963) und Matterhornnordwand (1964) gehören. Seit dem Jahre 1898 sind über 70 Men schen am Traunstein tödlich verunglückt, und seit dem Jahre 1920 sind über 600 Menschen auf dem Berg in Not geraten. Dabei hat Max Kienesberger, Träger des Grünen Kreuzes des ÖAV, über tausend vierhundert Mal den Traunstein bestiegen, hauptsächlich, um den Menschen Hilfe zu leisten oder als Hüttenwart für die Gmund nerhütte zu sorgen. Wenn auch Sepp Stahrl von einer Winterbergfahrt schwärmt, so ist davon doch dringend abzuraten. „Berges Tücke, Allmachts Tat, gähnende Lücke, Schweigen hat", so ist es auf einer Gedenktafel am Einstieg zum „Pauliwan-

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