Oberösterreich, 21. Jahrgang, Heft 1, 1971

Roman Moser Der Traunstein — Vorposten einer berühmten Landschaft Fotos; Sepp Stahrl Kein Berg ist dem Vorland so nahe und kein Fels der oberösterreichischen Kalk alpen so auffallend und richtungweisend wie der Traunstein. Vielen Menschen mag er im Laufe der Geschichte den Weg in das Innere der Salzkammer gewiesen haben, und für viele war es wie ein Abschied, wenn sie beim Verlassen des Berglandes, mit kostbarer Fracht in ihren Booten, sein Spiegelbild zerteilten. Noch einmal sehen wir an ihm die Domi nanten einer herrlichen Natur: Fels, Wald und Wasser — ehe wir heute, rasch an ihm vorbei und über das Moränenland hinweg, die weiche Mulde Oberösterreichs erreichen. Wir schauen zurück, noch ist er da, be schwört uns umzukehren. Und eines Tages ist es wieder soweit. Zuerst als kleines Korn in waldiger Kimme, gewinnt er rasch an Größe und Gestalt. Noch sind wir fern auf breiter Straße, da weist er uns den Weg zur Pforte hin und lädt uns ein, nun länger zu verweilen. Der Name Während das keltische Wort Traun als „truna" reißender Fluß bedeutet und ur kundlich erstmals im Jahre 829 erwähnt wurde (J. Jebinger, 1967), verrät das Wort „Stein" den spärlichen Bewuchs der Kalke, die besonders im Bereich der Gipfelzone und an den steilen Felsflanken gut aufge schlossen sind. Die Lage Wegen der beherrschenden Stellung hat man den Traunstein als „Wächter" am Tot zum Salzkammergut bezeichnet. Den übri gen Bergen weit vorgeschoben, wirkt er als gut sichtbare „Landmarke" und wie ein Eckpfeiler an der bedeutenden Kalkalpen pforte zur Salzkammer. Entgegen dem gesteinsgleichen Höllengebirge befindet er sich rund fünf Kilometer weiter nörd lich am Ostufer des Traunsees. Deutlich läßt sich eine Querstörung oder Blatt verschiebung erkennen, deren Kluft durch Fluß- und Eiswerk erweitert wurde. Heute bedeckt das Wasser des Traunsees diese tektonische Fuge. Seine Westwand und die Ostabstürze des Sonnsteins waren sich zur Zeit der Gebirgsbildung ganz nahe. Diese Vorverlagerung bedingt seine dominierende Stellung nach allen Seiten hin. Sein Fels massiv liegt am Schnittpunkt von 13" 50' östlicher Länge und 47° 52' nördlicher Breite. Der Traunstein ist somit — entspre chend seiner Lage zum Vorland — durch das geringe Ausmaß an Verkarstung sowie durch Bau und Tektonik als ein deutlich isoliertes Glied der Nördlichen Kalkalpen anzusprechen. Die Grenzen Geographisch ist der Berg gut abgrenzbar. Nach dem Westen hin ist es das Seeufer mit seinen steilen Felsflanken, nach dem Norden der Gschliefgraben und die Flach hänge am Weg zum Laudachsee (Lehrpfad), im Süden das Lainaubachtal und nach dem Osten, in Richtung Katzenstein, ist es der Einschnitt der Hohen Scharte (Scharten 1127 m), durch den der Gaßnersteig führt. Diese Grenzen umfassen eine Fläche von rund 700 Hektar. H. Kohl (1964) hat in einer naturräumlichen Gliederung Ober österreichs den Traunstein deutlich von den im Norden vorgelagerten und teils überschobenen Flyschbergen geschieden, da sein Kahlgestein und die zwischengeschalteten dolomitischen Waldflächen sowie die Feis und Schuttfluren eine klare Abgrenzung ermöglichen. Die Höhe Die erste Höhenmessung erfolgte auf Ver anlassung des Kaisers Maximilian 1. zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Dabei ent sprachen 385 Grad über dem Traunsee einer relativen Höhe von nur 679 Metern. In der ersten Landkarte Oberösterreichs, die von dem Nürnberger Kupferstecher Augustin Hirschvogel im Jahre 1542 gezeichnet und 1583 gedruckt wurde, wird der „Draunstein" als „mons altissimus" bezeichnet (F. Pfeffer, 1960), womit wiederum die beherrschende Stellung dieses Berges zum Vorland hin ausgedrückt ist. Auch in der Karte von Wolfgang Lazius aus dem Jahre 1545 scheint der Traunstein als der mar kanteste Berg der oberösterreichischen Ge birgslandschaft auf. Während die ober österreichischen Landstände im Jahre 1617 den Kartographen Isaak Holzwurm beauf tragten,in einer neuen Landkarte von Ober österreich auch die „fürnembsten Gepürg" abzusehen (1662), gelingt erst Matthäus Vischer 1669 eine genauere Darstellung der oberösterreichischen Alpen. Die Errechnung einer annähernd richtigen Gipfelhöhe mit einem Wert von 581 Toisen (Toise = Nor maleinheit des altfranzösischen Längen maßes oder 1 franz. Klafter mit 1,95 Me ter) oder aufgerundet 1133 Metern über der Seefläche, vermittelt jedoch erst die Jo sefinische Militäraufnahme (1769 bis 1772) und die „Mappa von dem Land ob der Enns" von Carl Schütz (1787). Im Jahre 1858 wurde von der Triangulierungsabteilung des Militärgeographischen Instituts auf dem Gipfel eine trigonometrische Holz pyramide errichtet und eine absolute Höhe von 1691 Metern über der Adria festge stellt. Damit ist eine relative Höhe von 1269 Metern über der rund 422 Meter hoch gelegenen Traunseefläche errechenbar. Geologische Verhältnisse, Gesteinsbestand, Spuren der Vereisung Sedimentation, Faltung, Hebung und Dekkenüberschiebung sind die charakteristi schen Merkmale der Gebirgsbildung in den Alpen. Der Traunstein zeigt als Einzelberg alle Phänomene der Orogenese. Sein Ge stein, vorwiegend Kalke und Dolomit, wurde im Erdmittelalter (Mesozoikum) — vor rund 200 bis 150 Millionen Jahren — in einer Meereswanne (Tethys) abgelagert. Gebirgsbildende Kräfte hatten am Über gang von Kreide- und Tertiärzeit die WestOst streichende Geosynklinale so stark ein geengt, daß ihre Sedimente gefaltet und ausgepreßt wurden. Der Traunstein ist ein Teil der oberostalpinen Kalkdecke, deren Bildungsraum heute nur mehr zwischen dem Möll- und Gailtal nachweisbar ist (A. Tollmann, 1965). Die Einengung der Meereswanne war so gewaltig, daß die Sedimente herausgehoben und über die Ränder der Synklinale nach dem Norden geschoben wurden. Der Nordschub der Ge steine ist am Traunstein sehr deutlich am

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