Oberösterreich, 21. Jahrgang, Heft 1, 1971

linienmäßige Passagierverkehr mit elek trisch betriebenen Motorbooten aufgenom men wurde, oder daß die 1927 als erste Seilbahn in den Ostalpen fertiggestellte „Feuerkogelbahn" lange Zeit hindurch die einzige Schwebebahn der Welt mit einer Spannweite von 2900 m und einem stütz freien Abschnitt von 1400 m war? Wem ist es noch geläufig, daß auf dem Feuer kogel der erste Skilift Österreichs in Be trieb genommen wurde? Nur mehr die ältere Generation erinnert sich vielleicht noch gelegentlich an die hohen, wie ein „Schiff der Wüste" einherschwankenden Autobusse der „Oberkraft", die jedoch bezüglich der Erschließung der bahnentlegenen, ländlichen Gebiete für den Lokal-, ebenso aber auch für den Urlaubs und Ausflugsverkehr Oberösterreich zu einem der fortschrittlichsten Gebiete stem pelten. Zu erwähnen ist hier aber auch der erst vor etwa eineinhalb Jahrzehnten ver storbene Gründer des heute größten priva ten westösterreichischen Reisebüros in Linz, der um 1930 einen Autobus erwarb und im Einmannbetrieb zu einem Wegbereiter der organisierten Gesellschaftsreisen wurde. Wie auf so vielen Gebieten, brachten auch auf dem von Verkehr und Fremdenverkehr der zweite Weltkrieg und die Nachkriegs entwicklung für Europa und damit auch für Österreich die große Zäsur. Die Ur laubssaison ist zur periodischen Völker wanderung geworden, der Feriengast zum Nomaden — und wenn auch gerade in den letzten Jahren die alte „Sommerfrische" wieder mehr gesucht wird und selbst im Winter nicht nur der Skiurlaub dominiert, sondern auf Anraten der Ärzte auch der bloße Erholungsaufenthalt an Bedeutung gewinnt, das „Phänomen" Fremdenverkehr hat sich in allen Formen und Erscheinungen, vor allem aber in quantitativer Hinsicht grundlegend gewandelt, es ist zur Massen bewegung geworden, deren Probleme einer seits darin liegen, diese Massenbewegungen zu bewältigen und andererseits in dem Bestreben, die Flucht vor der Masse in eine Sphäre der Ruhe und Entspannung zu ermöglichen. 1936 wurden in ganz Österreich 6,2 Mill. Ausländernächtigungen gezählt und in Oberösterreich 327.500, im Fremdenver kehrsjahr 1969/70 waren es 58,42 Mill. Ausländerübernachtungen bzw. in Ober österreich 3,415.386. Die Zahl der Inländernächtigungen betrug 1936 im Bundesgebiet 13,7 Millionen und in öberösterreich 1,96 Millionen, im FremdenVerkehrsjähr 1969/70 20,23 Millionen bzw. 3,16 Millio nen. Während in den dreißiger Jahren der weit aus größte Teil der ausländischen Gäste mit der Bahn nach Österreich kam und auch im Inlandsverkehr die Schiene dominierte, hat sich nunmehr das Bild völlig gewandelt. Von den 73,89 Millionen Grenzübertritten einreisender Ausländer im Jahre 1969 sind 64,28 Millionen bzw. etwa 87 Prozent im Kraftfahrzeug bzw. per Straße erfolgt und nur 9,01 Millionen per Bahn und (zu einem kleinen Teil) mit dem Donauschiff. Bei einer Zunahme der Grenzübertritte einrei sender Ausländer binnen zweier Jahre um etwa 9 Millionen nahm die Zahl jener der auf der Straße einfahrenden Besucher Österreichs um nahezu 10 Millionen zu, während die Zahl der per Bahn kommen den um ca. 900.000 zurückging. Die Motorisierung im eigenen Lande nahm gleichfalls stürmisch zu, die Zahl der Kraft fahrzeuge in Österreich beträgt mit etwa 2,2 Millionen das Zwanzigfache des Jah res 1937. In Oberösterreich beträgt der Kfz-Bestand mit ca. 320.000 Fahrzeugen (einschließlich der Mopeds 420.000) etwa das Dreißigfache der Vorkriegszeit. Die Motorisierungsquote liegt erheblich über dem Bundesdurchschnitt. Die Straße wurde wieder zum Hauptträger des Personenverkehrs, jedoch mit einer im Verhältnis zur Vor-Eisenbahnzeit nunmehr unvergleichlich stärkeren Verkehrsdichte. Der Ausbau des Straßenwesens ist somit zu einer für den Fremdenverkehr entschei denden Aufgabe geworden. Oberösterreich kann hierbei für sich buchen, nicht nur bereits 1937, also noch in der ersten Repu blik, seitens der Landesverwaltung voraus schauend den Bau einer Autobahn projek tiert, sondern auch schon die ersten Ortsumfahrungen (Enns, Vöcklabruck) gebaut zu haben. Seit 1964 besitzt Oberösterreich als erstes Bundesland eine durchgehend vollendete Autobahnstrecke. Neben den 120 Kilometern Autobahn sind 1475 km des oberösterreichischen Bundesstraßen netzes staubfrei (99,6 Prozent, zum Ver gleich 1945; 57 Prozent), ferner 2835 km Landes- und Bezirksstraßen (63,6 Prozent). Die Bedeutung des Autobahn- und Straßen baues für den Fremdenverkehr liegt in An betracht der Motorisierungsdaten und Gästezahlen auf der Hand. Freilich sind Funktion und Auswirkungen unterschiedlich. Projekte,die fast ausschließ lich Fremdenverkehrsinteressen dienen, wa ren bzw. sind z. B. der Bau des Hallstätter Tunnels und die zahlreichen Ortsumfahrungen der Salzkammergut-Bundesstraße, sei es nun Gmunden, Ebensee, Ischl, Lauffen, Goisern usw., aber etwa auch der Pyhrnpaß-Bundesstraße etc. Andererseits hat die Verkehrs- und auch fremdenverkehrs politisch vom gesamtösterreichischen und auch oberösterreichischen Standpunkt aus höchst bedeutsame Westautobahn trotz des Umstandes, daß Linz die erste Stadtauto bahn als Zubringer erhielt, zunächst vor übergehend auf die Nächtigungszahlen in der Landeshauptstadt eine negative Sog wirkung ausgeübt, die jedoch durch den Ausbau der Nibelungenstraße und nach Realisierung der projektierten InnkreisAutobahn Passau—Linz mehr als ausgegli chen werden wird. Die Handelskammer Oberösterreich hat 1967 einen eigenen „Katalog der Straßen wünsche der gewerblichen Wirtschaft" er stellt, der besonders auch auf die Bedürf nisse des Fremdenverkehrs abgestimmt ist und alljährlich überprüft sowie bezüglich aktueller Entwicklungen ergänzt wird. Die ser „Katalog" ist die Grundlage für das Einvernehmen der Kammer mit den für den Straßenausbau zuständigen Instanzen bei Bund,Land und Gemeinden. Aus Überlegungen für den Fremdenverkehr hat die Wirtschaftsvertretung auch für die namentliche Bezeichnung von Straßenzügen bereits verschiedene Vorschläge erstattet. Abgesehen davon wäre es jedoch zweck mäßig, die beabsichtigte umfassende Novel lierung des Bundesstraßengesetzes und die in Verbindung damit vorgesehene Neufas sung des Bundesstraßenverzeichnisses zum Anlaß zu nehmen,in der nummernmäßigen Bezeichnung der Bundesstraßen eine Be reinigung vorzunehmen. Der Zeitpunkt wäre auch deshalb richtig gewählt, da auf Grund des neuen Bundesstraßenverzeichnis ses ja sämtliche Autokarten usw. erneuert werden müssen. Laut den beispielsweisen Vorschlägen der Handelskammer Oberösterreich sollten etwa die Gmündner Bundesstraße und deren Fortsetzung in Oberösterreich, die Sternwald-Bundesstraße, mit einer gleichen Nummer versehen werden. Ähnliches gilt hinsichtlich einer Nord-Süd-Verbindung für die Innviertier Bundesstraße und die Pyhrnpaß-Bundesstraße, die, obwohl sie vom Gesichtspunkt des Durchzugsverkehrs eine organische Einheit darstellen, mit zwei verschiedenen Nummern bezeichnet sind. Vor allem bezüglich des Äusländerverkehrs wären für derartige Straßenzüge durchlau fende Straßennummern zweckmäßig. Äls Kreuzungsfeld von als E-Straßen, d. h. „Europa-Straßen", deklarierten kontinenta len Verbindungen, deren Äusbau als mo derne Fernstraßen auch nach Süden (Pyhrnpaß) und Norden (Prag) vorgesehen ist, wird Linz und der oberösterreichische Zen tralraum einmal in noch weitaus stärkerem Maße als heute zu einem Schwerpunkt des europäischen Reiseverkehrs werden. Ein Straßenzug, der nach der dringlichen Fer tigstellung seines Äusbaues weiteres Neu land für den Fremdenverkehr erschließen wird, den das Gebiet als wirtschaftlichen Stützungsfaktor dringend braucht, ist die Eisenbundesstraße durch das Ennstal. Für den Fremdenverkehr bedeutsam wäre etwa auch der Ausbau der Hengstpaß-Landes straße oder eine Verbindung zwischen Steyrling und öffensee bzw. Ebensee. — Geradezu als Musterbeispiel für die Wech selbeziehungen zwischen dem Ausbau von Verkehrseinrichtungen und dem Fremden verkehr ist als Landesteil das Mühlviertel anzuführen.

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