Oberösterreich, 21. Jahrgang, Heft 1, 1971

Helmut H. F. Hamann Was wir schützen sollen Diese Frage bezieht sich auf den reinen Naturschutz, ohne seine zahlreichen, heute an Bedeutung zunehmenden Randprobleme, also nur auf die Formen der Lebensgemein schaften, der bioökologischen Vereine der wirklichen Natur und damit ihrer überaus mannigfaltigen Geschöpfe, Pflanzen, Tiere und deren Biozönosen, soweit sie in unse rem Lande aufscheinen und das Gesamt bild der Landschaftsstufen im harmoni schen Zusammenklang bestimmen. Damit erhebt sich aber auch zwangsläufig die Frage, was wir mit Rücksicht auf die zahlreichen, von außen kommenden Stö rungen und Einflüsse, welche die Natur verändern und die zum Teil unabweisbar sind, im kleineren Räume noch schützen können und mit welchem echten persön lichen Einsatz an Energie und Entschieden heit wir dafür einzustehen bereit sind. Denn selbst engagierte Naturschützer tre ten oft leise und glauben mit Beschwichti gungsformeln die Gegner besänftigen zu können, anstatt die Unabdinglichkeit des Naturschutzes jederzeit kategorisch zu for dern. Der Normalbürger zeigt dazu aus altbekannten Gründen wenig Neigung, ob wohl er den Eindrücken der naturgeschaffe nen Umwelt durchaus nicht indifferent ge genübersteht und viele Argumente des Na turschutzgedankens bejaht. Würde diese sicher große Zahl der Unentschlossenen sich nominell den bestehenden Naturschutz organisationen anschließen, so wäre eine entscheidende Stimmenmacht erreicht, ohne die es in unserer Gesellschaftsform zur Durchsetzung dringender Ziele nicht an geht. Wissen, Einsicht und erhellendes Verständ nis in allen Dingen des Naturgebäudes sind nur in hingebender Betrachtung unserer Umwelt, deren tausendfältige Erscheinun gen, Ursächlichkeiten und Wirkungen zu gewinnen. Die Naturerkenntnis, grundsätz lich grenzenlos und ihrer Tendenz nach den sinnlichen Lebensraum übersteigend, bietet alle Grundlagen für eine emotioneile Sanierung. Sie reaktiviert das Urvertrauen zum Dasein. Die Forderung nach ganzheit lichem Naturschutz sei die Maxime aller naturerhaltenden Bestrebungen und damit der erste Leitgedanke in der Problematik dessen, was wir in unserem natürlichen Milieu schützen sollen. In der schönen und informativ reichen Halbjahreszeitschrift „Oberösterreich" ist schon vieles eindringlich, anschaulich und überzeugend über die großen Probleme i, " f. ausgesagt worden, die mit dem Naturschutz sinngemäß aber doch in gewisser Weise nur indirekt zusammenhängen. Diese sehr aktuellen Themen befassen sich im Rah men des Umweltschutzes, der heute welt weit zur Diskussion steht, mit der Ver seuchung der Gewässer,des Luftraumes,der Devastation des Bodens und der Ablagerung der Abfälle. Im Vordergrund steht dabei die unerläßliche Forderung nach Raumord nung und Landesplanung, die ihrerseits durch einen Flächenwidmungsplan den Landschaftsschutz und damit einen echten Naturschutz erst möglich machen. Das europäische Naturschutzjahr 1970 hat offensichtlich positive Auswirkungen. Aber auch sonst mehrt sich weltweit die Kritik und Warnung vor der rücksichtslosen Ver wüstung unserer Erde. Ein Aufbruch zu besseren Wegen scheint sich anzubahnen. Auch die Ursächlichkeit aller Übel, die un sere Existenz bedrohen, wurde sowohl in dieser Zeitschrift als auch in anderen Publi kationen in unserem Lande vielfach heraus gestellt und diskutiert. Schließlich handelt es sich bei allen diskutierten Problemen um die Regelkreise der Beziehungen des Menschen zu seiner Umwelt im Hinblick auf die leibliche Existenz. Aber wenig ist von der Natur an sich die Rede, ebenso wenig über die Zellen ihres Gesamtgebäu des. Der Alltagsmensch erfaßt die Bezie hung zur Natur schlechtweg nur in Form zweier Kategorien, nämlich sich selbst als höchstes Wunder dieser Schöpfung und auf der anderen Seite die Natur als ein ihm zugesprochenes Nutzungsfeld. Er vergißt, wie nichtig er ist. Schon geringe klimatische Einflüsse von einiger Dauer erzeugen Ka tastrophen, die abrupt die gesamten menschlichen Organisationen zusammen brechen lassen,trotz der stolzen Technik. Die Natur an sich ist aber nicht nur Bodenund Rohstoffquelle für die merkantil und utilitaristisch eingestellten Vertreter unse rer Art, sondern der Bevölkerungsanteil der Naturverständigen und Naturliebenden hat die gleichen Grundrechte, ganz abgesehen von den Verwüstungen, welche die immer während emsigen und geschäftigen Zeit genossen anstellen. Der Naturschutzgedanke ist in seiner hi storischen Entwicklung ursprünglich vom Links: Panorama der Au (Niederwasser bei Fichling). Foto Eiersebner Rechts: Alpenanemonen auf dem Feuerkogel. Foto Loderbauer

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