Oberösterreich, 21. Jahrgang, Heft 1, 1971

Rechts; Das Stift St. Florian begeht 1971 sein 900jähriges Bestandsjubiläum.Bekannt ist seine barocke Baugestalt. Weniger bekannt ist die reiche Barockausstattung im Stiftsgebäude, vor allem im Marmorsaal, der Bibliothek und in den Kaiserzimmern. Durch Jahrzehnte beschäf tigte das Stift eine Vielzahl von Malern, Stukkatoren und Bildhauern •p. ^ Unten; Das gotische Sakramentshäuschen in der Pfarrkirche von Campern, die vor allem durch ihren mächtigen gotischen Flügelaltar bekannt ist deckungsreisenden der Heimat den Weg. St. Florian, geistige Heimat Anton Bruck ners, Wilhering bei Linz mit Österreichs prächtigster Rokokokirche, Lambach mit seinen romanischen Fresken, Kremsmünster mit dem berühmten Tassilo-Kelch und dem ältesten Hochhaus Europas, Engelszell, je nes markante Rokokostift der schweigsa men Trappisten, das Prämonstratenserstift Schlägl bei Aigen mit seiner interessanten Gemäldegalerie, Reichersberg, dessen Stiftssammlungen ein „Museum ohne fa den Beigeschmack" sind, oder Schlierbach, dem die Brüder Carlone die reichste Innen ausstattung gaben, die wir in Oberöster reichs Klosterkirchen finden. Das sind die Fix-Punkte auf der SternKarte heimischer Baedecker-Crößen. Dazu kommen sicher auch die weltberühm ten Altäre in den Kirchen von St. Wolfgang und Kefermarkt, in Gebertsharn oder die Muttergottes von Frauenstein. Irr der Kirche am Abersee ragt Michael Pachers Hochaltar in St. Wolfgang als eines der schönsten Werke deutscher Gotik auf, in Kefermarkt rätselt die Kunstwelt seit Adallrert Stifter darum, wo die Werkstatt dieses großen Meisters zu suchen ist. Seitab der großen Straßen locken jedoch die eigentlichen, viel prickelnderen ^iele. Man entdeckt sie bei einem harmlosen LandausAug plötzlich „für sich" und isf dann voll herrlichster Forscherfreude. Wej etwa das Stift St. Florian und das ideal angelegte Jagdmuseum Schloß Hohenbrunn besucht hat, der sollte auf der Straß^ Richtung Niederneukirchen noch ein Stück weiterfah ren. Rechterhand zweigt ein kleines Sträßlein nach Ruprechtshofen ab. Nahe einem gemütlichen Landgasthaus steht die kleine Filialkirche, zu der der Wirt den Schlüssel hat. Das Gotteshaus birgt einen wahren Kunstschatz; Beim Rokoko-Hochaltar ragt eine der schönsten gotischen Madonnen auf, aus dem Beginn des 16. Jahrhunderts stammend, von beglückender Schlichtheit. Um gleich bei den weniger bekainnten Zie len zu bleiben, wechseln wir Iiinüber ins Mühlviertel und steuern die Filialkirche von Altenburg bei Perg an. In der Gruft der Kapelle — vor Jahrzehnten eritdeckte sie der Pfarrer auf recht unangenehme Weise, als er einen Sturz von der Kajjelle in die Tiefe tat — wurden Fresken aus dem Jahre 1512 gefunden, die diese letzte Ruhestätte des einst bedeutenden Geschlechtes der Prager von Pragthal zu einem Kunstdenk mal ersten Ranges machen. Mosaikartig fügen sich weitere lohnende Ziele in die Landkarte oberösterreichischer Kunstfreuden ein. Ist es nicht ein eigen artiges Erlebnis, wenn man im Stadt museum von Wels jene handgi'oße, grün lich-bronzene Venus-Statue der Römerzeit vor sich hat, die auf einem Feld bei Gunskirchen beim Eggen gefunden wurde und Zeuge bedeutsamer römischer Vergangen heit in unserem Land ist! Oder fahren wir mit dem Auto direkt in die Römerzeit! Lassen wir uns im Bereich der idyllisch beschaulichen Kirche von Lorch bei Enns von jenem geistigen Fluidum umfangen, das sorgsame Ausgräber und ein kunstsin niger Dechant unserer Zeit wiedergebracht haben; Die einstige Basilika von Lauriacum, bedeutsame Bischofskirche der ersten nachchristlichen Zeit im Lebensbereich der letzten römischen Stadtgründung auf euro päischem Boden. Wer das Abenteuerliche liebt, dem winkt nach einer Seilbahnfahrt auf die Wurzer alm bei Spital am Pyhrn im schaurig-ein samen Bergkessel am Fuß des bleichen Stubwieswipfels in der „Höll" die Begeg nung mit Felsbildern aus der Keltenzeit, und eine Fahrt in das Innere des Salzkam mergutes rückt uns im schwalbennestartig an die Steilhänge über dem Hallstätter See geschmiegten ältesten Salzbergwerksort der Welt, Hallstatt, in prähistorische Zeit zu rück. Welches Formgefühl schon vor Jahr tausenden in einer schlichten Schnabel kanne aus der Früh-La-Tene-Zeit, die man im prähistorischen Museum Hallstatts fin det! Aber es ist nicht nur die Konfrontation mit Kunstwerken selbst, die geboten wird, man kann auch auf den Spuren großer Meister entlangfahren und sich etwa auf dem Weg zwischen Bruckners Geburtsort Ansfelden und seiner Ruhestätte St. Florian in die Schaffenswelt des Meisters einstimmen, die heute als „das Brucknerland" bei Linz Sinn gehalt bekam. Wer jenes entlegene Künstlerschlößl Zv/ickledt auf den Sauwaldhöhen zwischen Schärding und Passau aufsucht, mag an nebelig-düsteren Herbsttagen oder im Zwie licht des Abends an den spukhaft-skurrilen knorrigen Büschen, die das Arbeitsreich Alfred Kubins umgeben, erahnen, daß dies die geistig-synchrone Umwelt für einen Maler war, der über sein Schaffen sagte; „Die Angst ist mein Kapital". Gehen wir auch einmal von Klam bei Grein durch die Klamschlucht, dann wird uns das wild-romantische Felstal mehr noch als bis her die düstere Mystik und tiefbewegte Einsamkeit verstehen lassen, die den be rühmtesten Dichter Schwedens, August Strindberg, zu seinen leidenschaftlichen Werken inspirierte. Er lebte in Klam und durchlebte hier wildbewegte Jahre. Gelöster und froher dagegen stimmt uns der mittelalterliche Kleinstadtzauber der alten Eisenstadt Steyr, in der Franz Schu bert sein Forellenquintett komponierte und Adalbert Stifter an seinem „Nachsommer" arbeitete. Ein Hauch der „alten Kaiserzeit" wird spürbar, wenn wir in Bad Ischl am Ufer der Traun die Lehär-Villa aufsuchen, in der der Meister der Operette nachts bis in den frühen Morgen hinein komponierte und von der er schwärmte; „Hier habe ich meine besten Ideen!"

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