Oberösterreich, 21. Jahrgang, Heft 1, 1971

Die Kraftwerkskette an der Enns ! und das Pumpspeicherwerk Molin S« ■ ff sr''-^rv ''L-' 'J BP»-- ? 1 — Ennskraftwerk Schönau im Bau (Bauzustand Anfang April 1971) Die Elektrizitätswirtschaft hat insbesondere nach dem zweiten Weltkrieg entscheidend zum wirtschaftlichen Fortschritt und zur Industriali sierung Österreichs beigetragen. Während in den Vorkriegsjahren nur etwa 17 Prozent des gesamten Rohenergieverbrauches durch die Elektrizität gedeckt wurden, waren es im ver gangenen Jahr bereits über 40 Prozent. Der Reichtum Österreichs an Wasserkräften ist das Rückgrat seiner Elektrizitätsversorgung. Von den rund 43 Milliarden Kilowattstunden aus bauwürdiger Wasserkräfte sind bisher nur etwa 50 Prozent energiewirtschaftlich genutzt, während die Schweiz bereits über 75 Prozent ihres verfügbaren Wasserkraftpotentiales aus gebaut hat. Die günstigen Vorbedingungen für eine ener giewirtschaftliche Nutzung der Enns — sie ist mit einer Länge von 254 km der größte zur Gänze innerhalb Österreich liegende Fluß — wurden schon in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg erkannt; aber erst durch die wirt schaftlichen Erfordernisse des zweiten Welt krieges begann eine großzügige Erschließung des Ennsunterlaufes. Maßgebend hiefür waren die reichliche Wasserführung, die günstigen Gefällsverhältnisse sowie die gute geogra phische Lage der Enns zu den wichtigsten Industrieräumen und Verbrauchszentren von Öberösterreich, Steiermark und östösterreich. Der Bau von vier Ennskraftwerken wurde noch während des Krieges begonnen und mit Kriegsende stillgelegt. Die Ennskraftwerke AG, eine Sondergesellschaft des Verbundkonzerns, wurde 1947 auf Grund des zweiten Verstaat lichungsgesetzes gegründet mit der Aufgabe, die begonnenen Großkraftanlagen fertigzustel len und den weiteren Kraftwerksbau an der Enns planmäßig fortzusetzen. In den Jahren bis 1951 wurden die begonnenen vier Kraft werke Großraming, Ternberg, Staning und Mühlrading vollendet. 1953 folgte Rosenau als fünfte Staustufe und 1962 Losenstein als sech stes Glied der Ennskette. Das Er.nskraftwerk St. Pantaleon, die siebente und größte Stufe der Ennskraftwerke AG, wurde 1965 in Be trieb genommen und erzeugt mit einem seiner beiden Maschinensätze Einphasens:rom für den Zugbetrieb der österreichischen Bundesbah nen. Der hier installierte Bahnstromgenerator ist der größte dieser Art auf dem europäischen Kontinent. Als achte Staustufe nahm das Enns kraftwerk Garsten-St. Ulrich Ende 1967 die Stromerzeugung auf,und im öktober 1970 ging Weyer als neuntes Werk der Ennskraft werke AG in Betrieb. Es liefert ebenso wie St. Pantaleon mit einem seiner beiden Maschi nensätze Strom für die österreichischen Bun desbahnen. Damit erhöht sich die Bahnstrom erzeugung der Ennskraftwerke AG auf rund ein Viertel des gesamten Strom^edarfes der österreichischen Bundesbahnen. Der energiewirtschaftliche Ausbaiu der Enns durch die Emiskraftwerke AG ist in seine Endphase getreten. Das Ennskraftwerk Schönau, die zehnte und letzte ^taustufe der Ennskraftwerke AG, ist seit Dezember 1968 in Bau. Im Jahre 1972 wird Schönjau mit einer Fallhöhe von fast 12 Metern und einem Jahres arbeitsvermögen von 107 Millionen Kilowatt stunden die Stromerzeugung aufnehmen. Die Enns wird dann in einer geschlossenen Kraft werkskette — der ersten in Österreich — end gültig ausgebaut sein. Das Jahresarbeitsvermö gen der Ennskraftwerke AG wird sich damit auf etwa 1700 Millionen Kilowattstunden erhöhen. Im Jahre 1970 erreichte die Ennskr.iftwerke AG mit rund 1830 Millionen Kilowattstunden die bisher höchste Stromerzeugung, welche um mehr als 18 Prozent über dem Regelarbeits vermögen lag. Diese erzeugte Strommenge entspricht rund einem Drittel des jährlichen Stromverbrauches von Oberösterreich, dem Bundesland mit der größten Stromerzeugung und dem höchsten Verbrauch innerhalb Öster reichs. Die besondere Bedeutung der Kraft werkskette an der Enns liegt neben der gün stigen geographischen Lage im Zentrum Öster reichs in der Möglichkeit, die Kraftwerke im sogenannten Schwellbetrieb mit Durchlaufspeicherung einzusetzen: Dadurch kann die Stromerzeugung von den verbrauchsschwachen Tageszeiten in die Stunden des erhöhten Strombedarfes verlagert werden. Die Planungstätigkeit der Ennskraftwerke AG liegt derzeit auf dem geographisch zwischen den Flüssen Enns und Steyr gelegenen Pump speicherwerk Mölln. Bereits in den zwanziger Jahren beschäftigten sich die Techniker auf Grund der günstigen morphologischen Gege benheiten mit dem Speicherprojekt in diesem Raum. In Zusammenarbeit mit der Oberöster reichischen Kraftwerke AG (OKA) wurde nun mehr das Projekt Molin unter Berücksichtigung des abgeschlossenen Ennsausbaues und des steigenden Energiebedarfes der kommenden Jahrzehnte vollkommen neu erstellt. Als was serwirtschaftliche Mehrzweckanlage könnte Mölln neben seiner energiewirtschaftlichen Hauptaufgabe die Hochwassergefahr im Be reich des Steyrflusses und damit der Stadt Steyr selbst vermindern und vor allem eine weit vorausschauende Trink- und Nutzwas serversorgung des oberösterreichischen Zen tralraumes und der Bundeshauptstadt Wien er möglichen. Die Notwendigkeit rechtzeitiger Planungen für die Trinkwasserversorgung von Bevölkerungszentren wird durch einige Zahlen des Linzer Trinkwasserkonsums unterstrichen: Derzeit liegt der durchschnittliche Tagesver brauch bei 50.000 m-', der Spitzenverbrauch reicht über 70.000 m-'. Bei einer angenomme nen jährlichen Zunahme von drei Prozent muß daher für die nächsten 25 Jahre mit einer Ver doppelung des Trinkwasserverbrauches ge rechnet werden. Den Hauptanteil am Projekt Mölln bildet selbstverständlich die energiewirtschaftliche Nutzung, und zwar die Veredelung von Ennsenergie und minderwertiger Überschußenergie (wie sie beim Betrieb von Kernkraftwerken zu gewissen Tageszeiten zwangsläufig anfällt) durch Wälzbetrieb, die Überleitung des Über schußwassers aus der Steyr in das Pumpspei chersystem und die Saisonspeicherung in einem großen Speicher. Die Errichtung des Pumpspeicherwerkes Mölln kann — entsprechend dem steigenden Strom bedarf der kommenden Jahre — in vier unab hängigen Ausbauetappen erfolgen, die dann zu einer energiewirtschaftlich besonders gün stigen Einheit zusammengefaßt werden. Dieses umfangreiche Projekt wird nicht nur das Land schaftsbild des Gebietes um Mölln, sondern auch seine wirtschaftliche Struktur vorteilhaft verändern.

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