Oberösterreich, 21. Jahrgang, Heft 1, 1971

An der ursprünglichen Durchzugsstraße vom Linzer Tor zur alten Stadtschmiede stehen wohl die ältesten Gebäude der Stadt, sehr viele Einkehrgasthöfe mit mächtigen Rustikaportalen und reizvollen baulichen Details darunter. Hier steht auch der Salz hof, die erste landesfürstliche Burg, die später als Salzmagazin für das durchgefrachtete Salz benützt wurde. Auch in den anderen Gassen und Gäßchen blieben schöne, alte Bauteile erhalten. Müßiges Be ginnen wäre es, jedes Detail hier zu erwäh nen. Der aufmerksame Besucher, der nicht nur durch die Straßen bummelt und die Häuser von außen beschaut, sondern sich vielleicht auch die Mühe nimmt, hier und dort in ein Tor einzutreten, wird Innenhöfe und viele gotische, Renaissance- und Ba rockelemente finden. Hier und dort geben Jahreszahlen über den Portalen nähere Auskunft, immer wieder laden schmiede eiserne Wirtshauszeichen zu fröhlicher Ein kehr, und gotische Erker, entweder an den Ecken vorspringend oder an der ganzen oder teilweisen Straßenfront über Kragstei nen emporstrebend, beleben das Straßen bild. Unbedingt besuchen sollte man die Pfarr- und die Frauenkirche, und niemand sollte versäumen, das landesfürstliche Schloß zu besichtigen; in Räumen dieses 1363 begonnenen Baues ist das Heimat haus Freistadt untergebracht. Durch Sam meleifer und nie ermüdende Initiative wurde hier eine große Sammlung zusam mengetragen, die in eindrucksvoller Weise über Arbeitsgeräte und Volkskunst, über frühe Geschichte und Brauchtum der Be völkerung des unteren Mühlviertels, be sonders aus der Gegend um Freistadt, un terrichtet. Kurz sollen auch noch einige jener bedeu tenden Männer erwähnt werden, die aus Freistadt stammen oder hier wirkten. Da wären Karl Kronberger, der am 7. März 1841 hier geboren wurde und zum bedeu tendsten oberösterreichischen Maler des 19. Jahrhunderts wurde, oder Edward Samhaber, geboren am 26. Dezember 1846, der hervorragende Schulmann und Dichter, dann das Komponistenbrüderpaar Anton, geboren 1858, und Hermann Pius Vergeiner, geboren 1859, von dem man sehr zu Unrecht so wenig hört; auch Franz Neuhofer, dem ungezählte Lehrer ihre musikali sche Ausbildung verdanken und von dem zahlreiche Messen und eine reiche Männer chor-Literatur erhalten sind, wurde 1870 hier geboren. Damit man Freistadt aber in der ganzen Lieblichkeit und Schönheit seiner Lage ken nenlernt, ist es notwendig, auch die wei tere Umgebung zu besuchen. Ein Blick vom St. Peterer Berg oder von der Höhe der St. Oswalder Straße bietet unvergeßliche Eindrücke. Viele Spazierwege durch Wälder und Wiesen, oft gesäumt von gotischen Bildstöcken und Wegkreuzen, laden zum Wandern ein. Handwerkerfleiß, Landwirtschaft und Bür gertum vereinigen sich in vielen Märkten des Mühlviertels. Die Ursprünge dieser Siedlungen gehen meist sehr weit zurück und weisen zum großen Teil auf alte Durchzugswege hin, auf denen der Handel schon zu Zeiten abgewickelt wurde, als weite Strecken des Landes noch vom gro ßen Wald bedeckt waren. Eine dieser Sied lungen ist Königswiesen, am alten Saum pfad von Linz nach Arbesbach gelegen. Bereits 1147 wird Königswiesen als Pfarre genannt, und schon 1279 erhielt dieser Ort Marktrechte. Königswiesen, 600 m hoch gelegen, süd westlich des Zusammenflusses des Klamleitenbaches mit der Großen Naarn, ist ein äußerst freundlicher Markt; es erhielt be reits zweimal den Preis des „Schönsten Dorfes Oberösterreichs". Von drei Seiten nur auf steilen Wegen zugänglich, gleicht der Ort fast einer schwer einnehmbaren Festung. Am stärksten ist dieser Eindruck von Osten, wo der Abfall zur Naarn eine romantische Szenerie bildet. Auf dem Marktplatz oder auf dem Friedhof, der am nördlichen Ende des Marktes, auf einer vor geschobenen Höhenzunge angelegt ist, hat man das Gefühl unendlicher Weite und Losgelöstheit; unbegrenzt spannt sich der Himmel über die Dächer, frei geht der Blick über die hügelige Landschaft. Die Umgebung von Königswiesen zeigt rundum schöne Höfe und fruchtbare Felder, gesäumt von saftiggrünen Wäldern. Allerdings ist dieser Waldgürtel durch den großen Sturm des Jahres 1953 stark gelichtet worden, un ermeßlich erschienen die Windrisse; man che Wälder glichen damals einer ausge schütteten Zündholzschachtel. Das Marktbild hat in den letzten Jahren sehr viel von seiner Ursprünglichkeit ver loren, trotzdem ist an vielen Stellen der Altbestand noch gut zu spüren. Ein besonderes Juwel bildet die Pfarrkirche, wahrscheinlich ein Jugendwerk des bekann ten Baumeisters Mathes Kleyndl. Aus den kannelierten, achteckigen Pfeilern wächst das prächtige, überreiche Netzgewölbe her vor, das im Mittelschiff allein 480 Felder bildet. Obwohl die Ausmaße des Lang hauses bescheiden sind, zählt die Kirche zu den hervorragendsten spätgotischen Bau denkmälern Österreichs. Der alte Pranger, das Wahrzeichen der Marktgerechtigkeit, wurde vor einigen Jah ren, nicht gerade passend, aber immerhin geschützt, in den Kirchenanlagen aufge stellt. Noch eines anderen allerdings weitaus be scheideneren Gebäudes soll hier gedacht werden; es ist dies der alte Markthammer oder einfach das „Hammerl" genannt, ganz hinten im romantischen Tal des Klamm leitenbaches; es dürfte zu den ältesten Häu sern des Marktes zählen; die Erzeugnisse dieses Hammers gingen in alle Welt, von der Schweiz bis Rußland, und die heute noch erhaltene einfache Rokoko-Giebelfront aus dem Jahre 1734 gibt Zeugnis von der einstigen Wohlhabenheit der Besitzer. Doch weg vom geschäftigen Treiben in den Märkten! Nochmals soll ein Stück Wald einsamkeit aufgesucht werden, wie sie das Mühlviertel so reich zu bieten hat, nämlich die Waldkapelle Maria Rast bei Helfenberg. Steil strebt der Weg durch den Wald auf wärts, ein richtiger Pilgerpfad ist es, dann öffnet sich eine Lichtung. Umgrenzt von dunklen Bäumen, hebt sich in sonniger Helle der Turm dieser Kapelle in den blauen Himmel. Ob man nun gläubig ist oder nicht, ein Gefühl der Andacht erfaßt jeden Besucher, kein Blick in die Ferne lenkt ab, man fühlt den Zauber der durch Jahrhunderte geübten Gläubigkeit und spürt die urtümliche Kraft der Natur. Seit Beginn des 18. Jahrhunderts wissen wir von einer Wallfahrt zum heilenden Wasser, erst in den Schalensteinen,dann zur Quelle; Einsiedler lebten lange hier. Unter Kaiser Josef II. wurde die Wallfahrt verboten, im Glauben des Volkes aber starb sie nie vollkommen aus. 1836 wurde eine neue Kapelle errichtet, mit der Zeit vergrößert und umgebaut und in den letzten Jahren renoviert. Das Kapelleninnere mit einem spätbarocken Hochaltar ist von guter Raum wirkung. Ein alter Kruzifixus und einige Heiligenfiguren aus der Pfarrkirche Helfen berg vervollständigen die Einrichtung. Von der Waldmühle führt ein moderner Kreuz weg mit interessanten Darstellungen, ge schaffen vom Bad Haller Bildhauer Josef Diethör, herauf. Mit diesem Platz der Stille und der Einkehr soll dieser Streifzug durch das Mühlviertel beschlossen werden; er soll symbolhaft sein für die heilsame Kraft, die der schö nen Herbheit dieser Landschaft entströmt. FRÜHLINGSREGEN Der Tag war grau, die Straße naß, der Wind ist lau und frisch das Gras. Der Regen fällt, die Luft ist rein, es blüht das Feld, es glänzt der Stein. Die Pfütze wird zum Ideinen Teich. Ein Vogel schwirrt heim in sein Reich. Gundi Pruscha

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