Oberösterreich, 20. Jahrgang, Heft 2, 1970

treu ergeben geblieben ist, im Sommer 1970 in einem erinnerungsträchtigen Ge spräch mit mir zusammenfassend meinte: „Die Dichter sind in Zwickledt haupt sächlich erschienen, wenn sie für ihre Ar beit vom gnä' Herrn etwas wollten." Hans von Weber, der 1903 die erste KubinMappe herausgegeben hatte, ist vielleicht überwiegend ein Verleger aus Liebhaberei, doch sicher ein selbstloser Förderer und Freund Kubins gewesen. Einer der ersten namhaften Verleger Kubins wurde Rein hard Piper, der zugleich als Vertrauter Ku bins bezeichnet werden kann, soweit der lei intime Verhältnisse zwischen einem schöpferischen Menschen und dem wirtschaftlichen Nutznießer des Geschaffenen nicht von vornherein in den leicht komi schen Grenzbereich unglaubwürdiger Be ziehungen innerhalb einer speziellen Commedia dell' arte gehören. Kubin, der sich gern als weltfremder Träumer gab, dem ökonomischen Betrieb gegenüber jedoch ein durchaus hellwacher Kopf war, hat die Lage mit witziger Selbstironie 1924 zum 19. Mai, offenbar einem Gedenktag des ,Anfangs', gezeichnet und gekennzeichnet. Dieses Widmungsblatt, auf dem ein mächtiger Mann im Fauteuil und ein abwartender Schulbub neben dem Schreibtisch zu sehen sind, trägt in kindlicher Schönschrift den heiter offenbarenden Text: „Der kleine AILinks: Christophorus. — Rechts: Alfred Kubin, Der ermordete Hausierer, aquarellierte Feder zeichnung 1932. — Die Zeichnung ist von einer wahren Begebenheit ausgelöst worden. Ein jüdischer Hausierer, der seit vielen Jahren im unteren Innviertel von Hof zu Hof wanderte, war eines Tages ermordet aufgefunden wor den. Die schreckliche Szene wird von der Na turstimmung schauerlich verstärkt. Die Pram führt Hochwasser. Die Fluten haben eine Brücke zerstört. Das Wesen der Landschaft wird vom Künstler großzügig erfaßt fred Kubin zeigt dem großen Verleger Reinhard Piper seine ersten Zeichnungen." Dennoch gehörte Piper zu jenen, die Kubin an Zwickledt gewöhnt hat und sich von hier aus äußerst verbunden erhielt. Aus dem ,kleinen Alfred Kubin' war eben — fast möchte man sagen: trotz der Landluft — ein großer Künstler geworden,zu dem auch ,mächtigen Verlegern' kein Weg zu weit geworden war. Zu diesen frühen Verlegern und Förderern des Illustrators Kubin ge hörte auch Georg Müller, der allerdings be reits 1917 gestorben ist und somit dem Piper-Verlag das Feld überlassen mußte. Dr. jur. Kurt Otte, Besitzer der FischmarktApotheke in Hamburg, ist ebenfalls über die Faszination durch die künstlerischen Werke Kubins nach Zwickledt und zur per sönlichen Freundschaft mit Alfred und Hedwig Kubin gelangt. Lr gründete 1926 das Kubin-Archiv in Hamburg, das nun, da der Sammler älter geworden ist, trotz viel leicht gewisser emotional bedingter Ver stimmungen zwischen ihm und Verhand lungspartnern nach Oberösterreich in die Obhut dieser eigentlichen Heimat des Künstlers zurückkehren sollte. — Nach dem zweiten Weltkrieg hat auch Kubins kun diger Bibliograph Dr. Abraham Horodisch mehrfach seine Schritte von Amsterdam verehrungsvoll nach Zwickledt gelenkt. Unter den Schriftstellern und sonstigen hommes de lettres soll in unserem Zusam menhang zunächst Alexander von Bernus genannt werden, durch dessen Freund schaft Kubin Beziehungen zu Stefan George, Karl Wolfskehl, Alfred Mombert, Karl Thylmann und anderen pflegen konnte. Franz Blei sowie Otto Julius Bier baum hatten sich bereits von München aus für den jungen Künstler eingesetzt; der aus St. Marienkirchen bei Schärding stammende Richard Billinger hingegen lei tete seinen Zutritt in Zwickledt zuvörderst aus der Innviertier ,Nachbarschaft' ab. Lr ist wiederholt in Zwickledt eingekehrt, hat Ku bin bis zu letzten Versen am offenen Grabe im Friedhof Wernstein etliche Gedichte ge widmet und sich 1931 für die Uraufführung seines Stücks „Rauhnacht" in München Figurinen und Bühnenbild-Entwürfe von ihm anfertigen lassen. Zum Thema ,Rauhnacht' hatte Kubin allerdings schon Jahre vorher im überlieferten Kultur gut des Innviertels selbständig gefunden und 1925 eine Mappe mit dreizehn Litho graphien und einem Vorwort von Otto

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2