Oberösterreich, 20. Jahrgang, Heft 2, 1970

^31 Linzer Schutzengeil Apotheke der Medaillen derart verhaftet, daß er sich jede Hundemarke, derer er habhaft werden konnte,an die Brust heftete. Eine Marotte machte in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg den Gemeindearzt von Neuhofen an der Krems, Dr. Fessl, zum Original. Dieser tüchtige Landarzt hatte eine Schwäche für speckige Hüte, aus gefranste Hosen und vielfach geflickte Joppen und ähnelte, wenn er, den Knoten stock schwingend, Krankenbesuche ab stattete, einer mobil gewordenen Kraut scheuche. Oft genug wurde dieser in Lum pen gehüllte Jünger Äskulaps von Jung gendarmen angehalten, der Vagabondage bezichtigt und dem Postenkommando über stellt. Dort wurde der schmunzelnde „Land streicher" freilich bald identifiziert. Zu den Originalen des „Landls" in dieses Wortes bestem Sinn darf man wohl auch den weltscheuen Meister des Zeichenstiftes und Dämonenbeschwörer von Zwickledt Alfred Kubin und Österreichs größten Mundartdichter Franz Stelzhamer zählen. Der leichtsinnige „Franz von Piesenham" blieb auch im Bratenrock ein fröhlicher Vagabund, völlig dem Dreiklang Wein, Weib und Gesang verschrieben und doch von steter Sehnsucht nach der Geruhsam keit des „Muadastüberls" erfüllt. Aus ihrer Umwelt aber stachen auch der Gallspacher Magier der Leuchtröhre Zeileis und der Schloßherr von Aurolzmünster, Schapeller, hervor, der den Hunnenschatz suchte und von der Raumkraft träumte. Ein Unikum aber war der grobe „Hoisnwirt" vom Traunseegestade, der alle seine Gäste, vom Kaiser abwärts, mit einem derben Schulter schlag willkommen hieß. Eine Linzer Type,auf deren Namen Richter und Anwälte allergisch reagierten, war der „Winkeladvokat" Dr. Kopetzky. Dieser angeblich verrückte „Beistand der Armen", den man mit zerbeulter Angströhre und riesigem Regenschirm durch die Innenstadt hasten sah, war armseliger gekleidet als sein zerlumptester Klient, dafür aber mit allen Kniffen der Rechtspflege vertraut. Wer von Kopetzky vertreten wurde, mit dem hatten die Richter ihre liebe Not, er selbst jedoch blieb trotz aller Regsam keit sein ganzes Leben hindurch ein armer Teufel, dem es an dem Nötigsten gebrach. In den Jugendjahren jener Linzer, die heute weiße Haare haben, mengten sich zuweilen zwei extravagant gekleidete Damen, die „Schwestern Leheda", ins Gewühl des Landstraßenkorsos. Längst pensioniert, doch in jugendlicher Aufmachung, trippel ten diese ehemaligen Lehrerinnen täglich von der Neustadt zum Schmidtor und wie der zurück. Die ganze Stadt lächelte über ihre altjüngferliche Verschrobenheit, wußte aber auch, daß die Hausgemeinschaft der Unzertrennlichen ein heißgeliebter Affe teilte; ein boshafter Geselle, von dessen üblen Streichen das ganze Stadtviertel sprach. Manch betagter Pensionist, der im Bann kreis der „Freude am Schönen" ein Park bänklein drückt, entsinnt sich mitunter des Pächters der verschwundenen Volksgarten restauration Hans Mayr, der jeden Spaß mitmachte. So ließ er sich einmal bei einem Faschingsfest des „Sängerbundes Froh sinn", dick und schwer wie er war, nur mit einem Windelhöschen bekleidet, in einem überdimensionalen Kinderwagen durch den Tanzsaal führen. Ein urtümlicher Kauz und fröhlicher Geselle war auch der letzte Lin zer Poststallhalter Adolf Winkler. Im Mittelpunkt unzähliger heiterer Anekdoten stand aber auch der wohlhabende Jünger St. Florians, Konrad Rosenhauer, der über all dort mittat, wo es darauf ankam, die humorlosen Spießer zu ärgern und gegen die strengen Bräuche der „guten Gesell schaft"zu verstoßen. Es gibt kaum einen Linzer mit grauen Schläfen, der sich nicht an den blinden Gelegenheitsdichter Haselsteiner erinnern

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