Oberösterreich, 20. Jahrgang, Heft 2, 1970

am 9. November 1843 eröffneten, in enger künstlerischer Verbindung mit Wien ste henden Thalia-Theater arbeitete"*^. Als erste in fdamburg gemalte Dekoration bezeichnet er seinen im September 1845 datierten Entwurf eines gotischen Saales zu dem am 28. September aufgeführten Stück „Steffen Langer aus Glogau'"*®. Ihr folgen eine Reihe von Bühnenbildentwürfen, nach den fdamburger Künstlern Wilhelm Lucas, Ernst Händel, in der Mehrzahl aber nach dem fürs Thalia-Theater tätigen Maler Fritz Cassmann ausgeführt, von denen hier nur die für Nestroys „Haus der Tempera mente" (dat. 11. Oktober 1845) und „Zu ebener Erde und im ersten Stock" (dat. 7. Mai 1846) hervorgehoben seien^". Auf einem nicht näher bezeichneten Entwurf nach Cassmann vom 22. September bzw. 20. Oktober 1845 finden wir Gebeis Ver merk „Thalia Theat. in Hamburg", wäh rend ein weiteres Blatt (nach Stammer) aus dem Jahre 1846 den „Saal im Thalia Theater" wiedergibt"", was immerhin als Hinweis auf die Tätigkeit Gebeis an die ser Bühne angesehen werden kann. Daß er auch in Hamburg und Umgebung fleißig Architekturen und Landschaften nach der Natur aufgenommen hat, soll nicht uner wähnt bleiben"^. Der Aufenthalt Gebeis in Hamburg dauerte nur bis Anfang August 1846"'^. Noch im selben Monat finden wir ihn wieder in Wien"", wo er im folgenden Jahr als Ge hilfe der Dekorationsmaler Brioschi und Schlögl (Schlegel) zusammen mit Galimberti, Littrow und Pfalz im Personalstand des Kärntnertortheaters aufscheint"^. Für diese bedeutende Wiener Opernbühne lie ferte er 1847 Entwürfe zu dem am 20. Fe bruar aufgeführten Ballett „Ein ländliches Fest od. Der Tausch der Blumen" und die Oper „Catarina Howard" (aufgef. am 10. Juni)"". Es hat den Anschein, als hätte Gebel in Wien beruflich nicht mehr richtig Fuß fassen können; denn er ist in den beiden folgenden Jahren weder als Gehilfe noch als selbständiger Bühnenbildner an einer der Wiener Bühnen nachweisbar. Sein Nachlaß verzeichnet für das Jahr 1848 ganze drei Entwürfe bzw. Skizzen"", und auch in der ersten Jahreshälfte 1849 ent standen nur acht Studien, was vermuten läßt, daß Gebel ohne feste Stellung war und sich recht und schlecht durchbringen mußte. Daß es diese beruflichen Schwierigkeiten oder vielleicht politische Gründe im Zu sammenhang mit den Wiener Revolutions ereignissen waren, die ihn schließlich veranlaßten, Wien den Rücken zu kehren und sich um einen einschlägigen Posten in der österreichischen Provinz zu bewerben, läßt sich, da uns sonstige Lebensdokumente und zeitgenössische Nachrichten nicht erhalten sind, nur vermuten. Jedenfalls ersehen wir aus dem nun wieder reichhaltiger werden den Quellenmaterial des Nachlasses, daß er schon im Spätherbst 1849 mit der An fertigung von Dekorationsentwürfen für das landständische Theater in Linz beschäf tigt war"'. Bevor er im Mai 1850 nach Linz ziehen konnte"®, hatte er noch Aufträge für das Theater an der Wien (zum Stück „Philisterschule" v. Carl Ebner, aufgeführt am 17. Jänner 1850) und das Kärntner tortheater (zur Oper „Der Prophet" von G. Meyerbeer, aufgeführt am 28. Februar 1850, und zum Ballett „Der Kobold") zu erledigen"". Am Linzer Theater, das damals (1849 bis 1852) vom ehemaligen Mimiker und Ballettmeister an der Wiener Hofoper, Franz Stöckl, als Direktor geleitet wurde"", stand Gebel, der sich am 10. November 1850 ohne Erfolg bei der Landesregierung um den Posten eines ständischen Dekora tionsmalers und Zeichenlehrers mit einem Jahresgehalt von 700 Gulden beworben hatte"', wie bisher üblich, im Engagement und Sold der finanziell in eigener Regie operierenden Theaterdirektion. Erst sieben Jahre später entschloß sich die Regierung, die bislang die Instandhaltung und Restau rierung der in ihrem Eigentum befindlichen Dekorationen jeweils vom Theatermaler ge gen Rechnungslegung durchführen ließ und dafür zwischen 1847 und 1857 jährlich im Durchschnitt 256 Gulden ausgegeben hatte, Gebel auf Grund seines Ansuchens vom 19. März 1857"" mit einem Jahresgehalt von 360 Gulden anzustellen und ihm die laufende Instandhaltung des vorhandenen, damals über 100 Dekorationen zählenden Ausstattungsbestandes auf eigene Kosten zu übertragen. Die Mittel für neu anzu fertigende Bühnenbilder hatte hingegen weiterhin die Regierung aufzubringen"". Der für drei Jahre abgeschlossene Anstel lungsvertrag wurde nach Ablauf der Zeit jeweils wieder verlängert"". Franz Gebel, der als Theatermaler in Linz seinen 1849 verstorbenen Vorgänger Anton Hitzenthaler ablöste, begann, wie wir aus dem Nachlaß ersehen können, sofort nach seiner Übersiedlung im Mai 1850 mit gro ßem Eifer zu arbeiten. Bereits für die am 6. Juni aufgeführte Oper „Alessandro Stradella" von F. v. Flotow, die er als seine erste Linzer Dekorationsaufgabe be zeichnet, entwarf er am 1. Juni eine „Freye Gegend mit Ruine"®". Vorher waren aber am 27. bzw. 28. Mai schon Szenenent würfe zu dem am 1. Juli aufgeführten Stück „Anna von Österreich""" und zum ersten Akt von Meyerbeers Oper „Der Prophet" (Linzer Erstaufführung am 22. März 1851)"' entstanden. Es folgen Entwürfe für die Aufführung des in der laufenden Spielzeit bereits einigemale ge spielten Stückes „Mönch und Soldat" vom 21. Juli, die am 14. August gespielte Oper „Martha" von Flotow, Elmers Zauberposse „Poperl oder Die Welt Reise des Wiener Kapitalisten" (aufgeführt am 29. Novem ber) und die Oper „Andreas Hofer" von Kirchhoff (aufgeführt am 20. Dezember 1850)"®. Schon an diesen ersten Bühnenbildentwür fen läßt sich die auch für die weitere Tä tigkeit charakteristische Arbeitsweise Ge beis deutlich erkennen und an den ein zelnen Beispielen ablesen, wie die jeweili gen Dekorationsaufgaben von ihm prak tisch gelöst wurden. Wie bereits eingangs erwähnt, war der Theatermaler in erster Linie darauf angewiesen, mit dem vorhan denen Fundus zu arbeiten, und es war seinem künstlerischen Geschmack, noch mehr aber seiner Improvisationskunst und Geschicklichkeit anheimgestellt, aus dem verfügbaren Material das Bestmögliche für eine ästhetisch befriedigende und das Publikum ansprechende Bühnengestaltung herauszuholen. Seine Kunst bestand daher im wesentlichen in der durch langjährige Erfahrung erworbenen Fähigkeit, die vor handenen Dekorationselemente in Anpas sung an die wechselnden Erfordernisse des in jener Zeit noch viel reichhaltigeren Spiel planes geschickt zu kombinieren und im Bedarfsfalle durch eigene Entwürfe zu er gänzen. Die Gelegenheiten, seine künstle rische Begabung in vollständig neuen In szenierungen unter Beweis stellen zu kön nen, ergaben sich ja an einem kleineren Theater, dem nicht immer die dafür erfor derlichen Mittel zur Verfügung standen, verhältnismäßig selten. Es kann daher nicht überraschen, daß in Gebeis Szenenbildentwürfen neben gelegentlichen eigenen Schöpfungen in der Hauptsache die in der von seinen Vorgängern überkommenen Bühnenausstattung vorliegenden Standard dekorationen immer wieder in wechselnder Verwendung aufscheinen. Ihre von ihm gewissenhaft zitierten Inventarnummern versetzen uns in die Lage, sie in dem aus dem Jahre 1857 erhalten gebliebenen „Inventarium über die landschäftlichen Thea ter-Dekorationen""" identifizieren zu kön nen, wodurch sich in weiterer Folge für uns die Möglichkeit ergibt, fast den gesamten damaligen Dekorationsfundus des Linzer landständischen Theaters in den zahlreichen während der Linzer Tätigkeit angefertig ten Kopien und Entwürfen kennenzulernen und in seiner praktischen Verwendung während eines verhältnismäßig langen Zeit raumes zu verfolgen. Da Gebel fast alle seine bis ins kleinste Detail maßstabgerecht ausgeführten Sze nenentwürfe mit den dazugehörigen, zu meist durch Nadeln oder Fäden fest anein andergehefteten, sauber ausgeschnittenen Bögen, Kulissen und Versatzstücken in al len Teilen einzeln datiert und bezeichnet hat, können wir in den meisten Fällen nicht nur ihre zeitliche Entstehung genau ablesen, sondern auch die einzelnen Bestandteile ihrer künstlerischen Herkunft und Ent stehung nach verläßlich unterscheiden und damit näheren Einblick in seine Arbeits methoden gewinnen. Nur einige Beispiele sollen dies verdeutlichen.

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