Oberösterreich, 20. Jahrgang, Heft 2, 1970

regiments Nr. 3 teilnahm. Ausgezeichnet mit der goldenen Tapferkeitsmedaille und nach Kriegsgefangenschaft 1918/19 kehrte er in die Heimat zurück. In den Jahren 1919/20 vollendete er in Innsbruck das Studium der Rechtswissenschaft mit dem Doktorat, trat zunächst in den Dienst der oberösterreichischen Landesregierung, war dann in landwirtschaftlichen Organi sationen tätig, wurde schließlich 1933 Kammeramtsdirektor-Stellvertreter der ober österreichischen Landwirtschaftskammer, 1937 Kammeramtsdirektor und Anfang des Jahres 1938 geschäftsführender Vizepräsi dent dieser Kammer. Im Herbst 1933 holte ihn Bundeskanzler Dr. Dollfuß als Staats sekretär in das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft nach Wien. Nach dem Rücktritt des Landeshauptmannes Dok tor Schlegel wurde Dr. Heinrich Gleißner am 1. März 1934 zum Landeshauptmann von Oberösterreich vom Landtag gewählt. Die nationalsozialistische Machtergreifung und der Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich verdrängten in den Märztagen des Jahres 1938 den gewählten Landeshaupt mann von seinem Amte. Nach mehrmona tiger Polizeihaft kam er bis Mitte 1939 in das Konzentrationslager Dachau, später nach Buchenwald, erhielt 1940 Zwangsauf enthalt in Berlin, wo er dienstverpflichtet wurde. Anfang 1945 kehrte er nach Ober österreich zurück und lebte verborgen bei Freunden. Nach der Besetzung großer Teile Oberösterreichs durch amerikanische Trup pen, wurde er in die Beamtenregierung des Landeshauptmannes Dr. Adolf Eigl als Referent für die Landwirtschaft berufen. Im Oktober 1945 wurde er von der ame rikanischen Militärregierung in der neuen, bereits von den politischen Parteien ge tragenen oberösterreichischen Landesregie rung als Landeshauptmann bestellt, nach dem ihn bereits mündlich Staatskanzler Renner in Vertretung der Staatsregierung zum Landeshauptmann ernannt hatte. Nach Wiederherstellung demokratischer Verhält nisse durch die Landtagswahl vom 25. No vember 1945 wurde Dr. Gleißner am 13. Dezember 1945 vom oberösterreichi schen Landtag zum Landeshauptmann ge wählt. Seit dieser Zeit steht er — fast ein Viertel]ahrhundert — ununterbrochen an der Spitze des Landes Oberösterreich. Er hat also von allen seit 1861 amtierenden Landeshauptleuten die längste Regierungs zeit aufzuweisen. Wer Landeshauptmann Dr. Gleißner kennt —, und wer kennt ihn im Lande Oberösterreich nicht? — der weiß um die Strahlkraft, die von seiner Person ausgeht, weiß um die mitreißende Lebendigkeit seines Wesens und die innere Heiterkeit, die ihm zu eigen ist. Wer ihn je gehört hat, der erlebte den Meister des Wortes, der spürte den Kontakt, den seine Rede zwischen ihm und den hörenden Menschen in kürzester Zeit schuf, der freute sich am Humor des Landeshauptmannes. Gleißner Landeshauptmann Doktor Dr. h. c. Heinrich Gleißner. Aufnahme aus dem Jahre 1970 von M. Eiersebner ist ein Mann von Kultur und Geist, ein Mensch voll Optimismus und Glauben an das Gute. Er ist ein Mann des Volkes ge worden, geachtet von den Menschen aller Stände und politischen Richtungen. Das große Erlebnis des Sturzes von 1938, das Leid der sieben Jahre, hat ihm Weisheit und Milde gegeben und ihn echte Toleranz gelehrt. Und so anachronistisch es heute klingen mag, in einer Zeit, die das Pa triarchalische von sich stößt, von einem „Landesvater" zu sprechen, in seinen alten Tagen ist er doch der verdienstvolle „pater patriae" seines Landes Oberösterreich ge worden. Gleißners politisches Wirken ist nicht auf Oberösterreich beschränkt, als langjähriger Landesobmann der öster reichischen Volkspartei öberösterreichs, als Mitglied der Bundesparteileitung, als Senior der österreichischen Landeshaupt leute und Vorkämpfer des föderalistischen Staatsgedankens hat sein Werk gesamtösterreichische Bedeutung. 1951 kandidierte er bei der Bundespräsidentenwahl und er hielt im ersten Wahlgang die relative Mehrheit, erlag aber im zweiten knapp seinem sozialistischen Gegner Theodor Körner. Es ist schwer, seine Verdienste aufzuzählen, denn sie sind vielfältig und reich. Sie liegen auf kulturellem Gebiet (u. a. Errichtung der Hochschule Linz, Aus bau des Linzer Schloßmuseums), auf wirt schaftlicher und politischer Ebene in gleicher Weise. Wenn die Geschichte einst in unbarmherziger Weise die Spreu vom Weizen scheiden wird, dann wird vor ihr Bestand haben, was Gleißner in Zusam menarbeit mit Karl Renner für die politi sche Einheit eines Gesamtstaates Österreich im Herbst des Jahres 1945 (Länderkonfe renz September 1945 etc.) tat und so eine Teilung des Staates in östliche und west liche Zone, wie in Deutschland, verhindern half. Vor der Geschichte wird auch bestehen sein erfolgreiches Wirken dafür, daß das Land Oberösterreich — besetzt von zwei Weltmächten — trotz der damals am Ende des zweiten Weltkrieges trennenden Donau ein Land geblieben ist. Wichtigste Literatur: Biogr. Lexikon von Ober österreich, Bd. 4, A. Großschopf, Unser Gefühl ist Dank. Landeshauptmann DDr. Heinrich Gleißner zur Vollendung des 70. Lebens jahres am 26. Jänner 1963, Amtl. Linzer Zei tung 1963, Nr.4. Linzer Volksblatt 1963, Nr.22: Sonderbeilage zum 70. Geburtstag des ober österreichischen Landeshauptmanns am 26. Jän ner 1963. Die fast dreißigjährige Landeshauptmann schaft Dr. Heinrich Gleißners wurde durch die nationalsozialistische Ära und durch die Zeit der amerikanischen Besetzung des Landes unterbrochen. In dieser Zeit von 1938 bis 1945 fungierten als Landeshaupt leute von Oberösterreich:

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