Winnen, daß heißt, diese dem Liberalismus zu entreißen. Schlegel, der am 29. Dezem ber 1869 in Schönlinde im nördlichen Böh men als Sohn eines Bürgerschuldirektors geboren war, besuchte das Staatsgymna sium in Leitmeritz, studierte Rechtswissen schaften in Wien — mit kurzem Abstecher nach Bonn — und promovierte 1893 zum Dr. juris. Er ist sehr früh (1893) als Rechtspraktikant an das Landesgericht Linz gekommen, wirkte dann bei den Bezirks gerichten Urfahr, Leonfelden und Perg und wurde schließlich Oberlandesgerichtsrat und Senatsvorsitzender beim Linzer Lan desgericht. Seine politische Laufbahn setzte außerordentlich bald ein. Als 32jähriger wurde er im Jahre 1901 in den Reichsrat gewählt als Vertreter des Mühlviertels, ein Jahr später, am 27. Oktober 1903, zog er als Abgeordneter des Landgemeinde wahlbezirkes Grein in den oberösterreichi schen Landtag ein. 1909 wurde er Mitglied des Landesausschusses, 1919 vom Landtag zum Landeshauptmann-Stellvertreter ge wählt. Bis zu Hausers Tod läuft Schlegels politische Karriere parallel zu der seines drei Jahre älteren Weggenossen. Nach Hausers Tod wählte ihn der oberöster reichische Landtag am 23. Februar 1927 einstimmig zum Landeshauptmann von Oberösterreich. Schlegel war nicht wie sein Weggefährte und Vorgänger Hauser der Typus des Volksmannes und Volksführers, er hatte nicht die persönliche Ausstrahlung des populären Prälaten, er war vielmehr eine strenge, sachliche Natur von ruhigem Wesen, beamtenhaft korrekt und fleißig. Franz Langoth, jahrelang Schlegels Kollege in der Landesregierung, nannte ihn eine Arbeitsbiene, klug und weise und von hoher Intelligenz, einen Landeshauptmann, der selbst sein bester Beamter sei. Obwohl Schlegel seit jungen Jahren in der Politik wirkte, blieb etwas von seinem Beruf zeit lebens an ihm haften, das Standesethos des Richters prägte stark Schlegels Per sönlichkeit. Landeshauptmann Schlegel ge hörte dem Abgeordnetenhaus des Reichs rates bis zum Ende der Monarchie an und war auch Mitglied der Delegationen, wo er für den Ausbau der Kriegsmarine be sonders eintrat. Im Reichsrat wirkte er für die Einführung des allgemeinen Wahl rechtes. Auch der provisorischen National versammlung gehörte er mit Hauser an fangs an. In der Landespolitik wird sein Wirken für den Ausbau der Wasserkräfte (Partenstein) und des Wolfsegg-Trauntaler-Kohlenbergbaues besonders betont und auch stets eine Leistung für die Ord nung des Landeshaushalts unterstrichen. Er wird als der sparsame Hausvater des Landes Oberösterreich bezeichnet. Schlegel war streng demokratischer Gesinnung im Geiste der alten Christlich-Sozialen. Es fiel ihm schwer, dem Zeitgeist zu folgen, der Anfang der 30er Jahre auch in Österreich nach autoritärer Führung verlangte. So stand er im scharfen Gegensatz zum Füh rer der Heimwehr, Fürst Ernst Rüdiger t: % «Hill Landeshauptmann Dr. Jo sef Schlegel. Porträt von Rudolf Wernicke im Linzer Landhaus. — Aufnahme: Studio Römer Starhemberg, und geriet immer mehr auch in Spannung zum neuen autoritären Kurs der Regierung des Bundeskanzlers Dollfuß. Hatte er 1933 schon selbst die Absicht gehabt, sein Amt als Landeshauptmann zur Verfügung zu stellen, wobei ihn Bun despräsident Wilhelm Miklas zurückhielt, so mußte er nach den Februarereignissen des Jahres 1934 unter dem Druck der Heim wehr und der Wiener Regierung am 17. Februar 1934 als Landeshauptmann zurücktreten. Schlegel zog sich ins Privat leben zurück. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde er 1947 Präsident des Rechnungs hofes, ein Amt, das er bis 1953 innehatte. Es war eine späte Genugtuung für den christlichen Demokraten Schlegel, daß die zweite, wiederum demokratische Republik Österreich ihn 78jährig in eines der höch sten Staatsämter berief, welches sie zu vergeben hatte. Am 27. April 1955 ist Landeshauptmann Schlegel in Linz im Alter von 86 Jahren gestorben. Wichtigste Literatur: Krackowitzer-Berger, Biogr. Lexikon (1931). Biogr. Lexikon von Oberösterreich, Bd. 8. Linzer Volksblatt 1955, Nr. 101, und Eduard Straßmayr, Nachruf im Jahrbuch des Oö. Musealvereines, Bd. 101 (1956). H. Gamsjäger, Dr. Josef Schlegel, Landeshauptmann von Oberösterreich, Öster reich in Geschichte und Literatur 13 (1969). 9. Dr. Dr. h. c. Heinrich Gleißner Landeshauptmann von 1934 bis 1938 und seit 1945 Mit Landeshauptmann Dr. Heinrich Gleiß ner wurde erstmals das Amt des Landes hauptmanns mit einem Beamten einer modernen Berufsvertretung besetzt. Poli tisch wurzelt der 9. Landeshauptmann seit 1861 aber noch im alten katholischen Volksverein von öberösterreich, in dessen Führungsgremium er 1926 gewählt wurde. Freilich steht er bereits 7 Jahre später als Landesleiter an der Spitze der Vaterländi schen Front Oberösterreichs, jener politi schen Organisation, welche in der Krisen ära der dreißiger Jahre als überparteiliche Sammlung der regierungstreuen Öster reicher geschaffen worden war. Das heißt zweierlei: Die tiefe Verankerung im alten christlich-sozialen und katholisch-konserva tiven Boden der Zeit Ebenhochs und Hausers und die Teilhabe an dem Versuch, mit neuen Mitteln berufsständischautoritärer Art der lebensbedrohlichen Krise des alten Parteienstaates und der Republik Österreich Herr zu werden. Hein rich Philipp Gleißner ist gebürtiger öberösterreicher. Am 26. Jänner 1893 wurde er in Linz als Sohn eines Werkmeisters der Krauß-Lokomotivfabrik geboren, besuchte in Linz das Staatsgymnasium und studierte von 1912 bis 1914 Jura an der deutschen Karlsuniversität in Prag. Sein Studium wurde durch den ersten Weltkrieg unter brochen, an dem Heinrich Gleißner als Oberleutnant des Tiroler Kaiserschützen-
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