'{ Ennskraftwerk Weyer. Gesamtansicht des Wehrkraftwerkes vom linken Ufer der Unterwasserseite H " .i-'i" • 1 V ß Das Ennskraftwerk Weyer, die neunte Staustufe der Ennskraftwerke AG Die Energie hat für die Wirtschaft eines Vol kes und auch für den einzelnen Menschen eine weltweite Bedeutung erlangt. Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein verlief das Leben im Verkehr, im Handel und Gewerbe in festen unveränderlichen Bahnen und Energie wurde nur wenig gebraucht. Durch Jahrtausende standen für die mechanische Arbeitsleistung nur die menschliche und tierische Arbeitskraft und die Kraft des Wassers und des Windes zur Verfügung; Wärme wurde aus Holz, Torf und Kohle gewonnen und für die Lichterzeugung wurden öl und Fett verwendet. Die Erfindung der Dampfmaschine revolutionierte die tech nische Entwicklung und damit das menschliche Leben. Vor mehr als 150 Jahren glückte zum ersten Mal die Erzeugung elektrischen Stromes, und heute ist unser modernes Leben ohne elektrische Energie fast unvorstellbar. Während vor dem zweiten Weltkrieg die Elektrizität nur etwa 17 Prozent des gesamten österreichischen Rohenergieverbrauches deckte, waren es im vergangenen Jahr bereits 40 Pro zent. Das Rückgrat der Elektrizitätsversorgung Österreichs ist sein Reichtum an Wasserkräf ten. Von den rund 43 Milliarden Kilowattstun den wirtschaftlich ausbauwürdiger Wasser kräfte sind bisher nur etwa SO Prozent ener giewirtschaftlich genützt, während die Schweiz bereits über 75 Prozent ihres verfügbaren Wasserkraftpotentiales ausgebaut hat. Die Enns, mit einer Länge von 254 km der größte zur Gänze innerhalb Österreichs lie gende Fluß, rückte schon in den Jahren vor und nach dem ersten Weltkrieg in das Blick feld der energiewirtschaftlichen Nutzung. Aber erst durch die Vi/irtschaftlichen Erforder nisse des zweiten Weltkrieges begann eine großzügige Erschließung des Ennsunterlaufes. Maßgebend hiefür waren die reichliche Was serführung, die günstigen Gefällsverhältnisse sowie die gute geographische Lage der Enns zu den wichtigsten Industrieräumen und Ver brauchszentren von Oberösterreich, Steiermark und Ostösterreich. Die vier Ennskraftwerke Großraming, Ternberg, Staning und Mühlrading wurden noch während des Krieges be gonnen. Die Ennskraftwerke AG, eine Sonder gesellschaft des Verbundkonzerns, wurde 1947 im Zuge der Neuordnung der Elektrizitäts wirtschaft Österreichs auf Grund des Zweiten Verstaatlichungsgesetzes gegründet mit der Aufgabe, die begonnenen Großkraftwerke fertigzustellen und den weiteren Kraftwerks bau an der Enns planmäßig fortzusetzen. Als Sitz der Gesellschaft wurde Steyr gewählt, jene Stadt, in der bereits 1884 durch Zusammen arbeit der beiden Industriepioniere Werndl und Schuckert das erste Wasserkraftwerk der Welt für die öffentliche Stromversorgung er richtet und in Betrieb genommen wurde. Steyr war auch die erste Stadt Europas mit elektri scher Straßenbeleuchtung. Nach Fertigstellung der vier begonnenen Kraft werke in den Jahren bis 1951 entstanden nach neuesten technischen Erkenntnissen die Kraft stufen Rosenau (Inbetriebnahme 1953), Losen stein (1962), St. Pantaleon (1965) und GarstenSt. Ulrich (1967). Anfang Februar 1970 hat das Ennskraftwerk Weyer, die neunte Staustufe der Ennskraft werke AG, mit dem zweiten Maschinensatz die Stromerzeugung aufgenommen. Der erste Maschinensatz, welcher Einphasenstrom für das Zugbetriebsnetz der österreichischen Bun desbahnen erzeugt, ist bereits seit Anfang November 1969 in Betrieb. Die Bahnstromer zeugung der Ennskraftwerke AG beträgt nun mehr (zusammen mit einer Maschine des Ennskraftwerkes St. Pantaleon) rund ein Viertel des gesamten Strombedarfes der österreichi schen Bundesbahnen. Nach umfangreichen Vorarbeiten (wie Durch schlag des Triebwasserstollens und Errichtung einer Hangbrücke für die österreichischen Bundesbahnen) ab Sommer 1967 wurden die Hauptbauarbeiten für diese Ennsstufe im Som mer 1968 aufgenommen. Während der Bauzeit waren bis 300 Beschäftigte mit den modern sten Maschinen und Geräten eingesetzt. Rund 250.000 m'' Erdaushub und 150.000 m^ Fels abtrag waren zu bewältigen und ca. 90.000 m' Beton und Stahlbeton wurden verarbeitet. 1000 Tonnen Baustahl und 1800 Tonnen an Stahlwasserbauten und Maschinen wurden eingebaut. Die Gesamtkosten betrugen rund 408 Millionen Schilling. Die Bauaufträge sowie die Lieferungen der Maschinen und die Mon tage konnten fast zur Gänze an inländische Unternehmen vergeben werden und trugen wesentlich zur Belebung der österreichischen Wirtschaft bei. Die beiden Maschinengruppen des Ennskraftwerkes Weyer wurden — bedingt durch das enge Flußtal — in zwei Bauwerken räumlich getrennt untergebracht. Der Mittelpfeiler der Wehranlage nimmt jenen Maschinensatz auf, der vor wenigen Wochen angelaufen ist und Drehstrom für die öffentliche Versorgung lie fert. Ein 500 m langer Triebwasserstollen mit einem Durchmesser von 7,2 m führt durch das Felsmassiv der Ennsschlinge vom Stausee zum flußabwärts gelegenen Ausleitungskraftwerk; der hier eingebaute Maschinensatz liefert Ein phasenstrom für die österreichischen Bundes bahnen. Bei einer Fallhöhe von über 16 m be sitzt Weyer ein Jahresarbeitsvermögen von 164 Millionen Kilowattstunden. Der Betrieb dieser Ennsstufe erfolgt vollautomatisch und ferngesteuert vom Kraftwerk Großraming. Mit der Errichtung des Kraftwerkes Schönau, der zehnten Staustufe der Ennskraftwerke AG, wird der Kraftwerksbau an der Enns in un unterbrochener Folge während der letzten zwölf Jahre fortgesetzt. Im Jahre 1972 wird Schönau mit einer Fallhöhe von fast 12 m und einem Jahresarbeitsvermögen von 107 Millio nen Kilowattstunden die Stromerzeugung auf nehmen. Damit wird die Enns in einer ge schlossenen Kraftwerkskette — der ersten in Österreich — endgültig ausgebaut sein. Die Planungstätigkeit der Ennskraftwerke AG liegt derzeit auf dem geographisch zwischen den Flüssen Enns und Steyr gelegenen Pump speicherwerk Mölln. Neben seiner besonderen energiewirtschaftlichen Bedeutung könnte Mölln als wasserwirtschaftliche Mehrzweckan lage dem Hochwasserschutz dienen und vor allem eine weit vorausschauende Trink- und Nutzwasserversorgung des oberösterreichi schen Zentralraumes und der Bundeshauptstadt Wien ermöglichen. Die Errichtung des Pumpspeicherwerkes Mölln kann — entsprechend dem steigenden Strom bedarf der kommenden Jahre — in vier unab hängigen Ausbauetappen erfolgen, die dann zu einer energiewirtschaftlich besonders günstigen Einheit zusammengefaßt werden. Dieses umfangreiche Projekt wird nicht nur das Landschaftsbild des Gebietes um Mölln, sondern auch seine wirtschaftliche Struktur vorteilhaft verändern.
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