turn und naturkräftige Klangwelt hoch im deutschen Schwange waren, verließen man che Dirigenten ihre Wirkungsstätten und gingen ins Exil. Sie nahmen ihre Vorstel lungen über den oberösterreichischen Ton dichter, wie sie sich diese bei ihrer Tätig keit erarbeitet hatten, in ihre neuen Auf enthalte mit, ohne sie jener Korrekturen zu unterziehen, die inzwischen durch die wissenschaftlichen Forschungen und Pult praktiken notwendig geworden waren. Da zu kommt, daß es Symphonien von Anton Bruckner gibt, die sich besonderer Beliebt heit erfreuen, etwa wegen ihrer ScherziSätze, und andere Schöpfungen, die nicht die Podiumsgunst erringen konnten. Et liches ist veraltet und muß, um das Ge samtwerk zu füllen, steril mitgeschleppt werden. Kein Künstler steht für sich allein. Jeder Schaffende hat sich, ob er will oder nicht, in das kulturelle Kontinuum einzufügen. Niemand — und wäre er das größte Genie — kann sich ausschließen vom Vollzug der Zeit. Erkenntnisse wandeln sich in Erfah rungen. Viele Kenner Anton Bruckners sind tot. Sie haben ihre Erlebnisse nicht weiter gegeben. Von ihnen sind zwar Schallplat tenaufnahmen erhalten, aber das Tech nische daran ist mangelhaft. So beginnt der Erschließungsprozeß stets von vorne. Eigen ■ willige Stabführer setzen nicht nur ihre Tempi, sondern auch erlotete Werte. In der alexandrinischen Epoche des Bilanzie rens und der Überschau wurde der Not wendigkeitsgrad des Interpreten hinauflizitiert. Der Dirigent ist wichtiger geworden als der Komponist. Der Mann im Frack, der vor dem Orchester steht und ihm sei nen Willen aufzwingt, selbst wenn ganz andere Auslegungszeichen in der Partitur angegeben sind, bringt mit seinem Namen die Leute in den Saal. Man spricht nicht von Anton Bruckners Fünfter oder Neunter, sondern man spricht von Herbert von Karajan oder Bruno Walter. Man ist neugie rig auf die Nuancierungen, die Wilhelm Furtwängler oder Eugen Jochum (oder wie sonst immer die Präger der Aufführungen geheißen haben) ausschöpften und beispiel haft hinterließen. Die Hoffnung des Mei sters: „Non confundar in aeternum!" voll zieht sich mit der Schaudeutung und im Geistraum des Vermittlers. Seine Attitüde, so snobistisch und vergänglich sie sein mag, verhilft dem erneuerten Komponisten zum Weiterleben. Daher ist sowohl in der Heimat als auch in der Welt Anton Bruckners klangliche Kontur scharf zu umreißen: aus stilbilden dem Prinzip und in werkerhaltendem Be wußtsein. Durch eine verbindliche Fest legung auf die Originalfassungen ist den Orchesterleitern das Phantasieren ins Un gewisse hinein unterbunden. Dem Verbrei ten und Vertiefen soll ein Beharren vor angehen, das alles ausscheidet, was der Urgestalt Abbruch tut. Wenn man zu den Verbesserungen manchmal hört, in der bil denden Kunst haben verschiedene Ent würfe und Studien den Charakter von Ent wicklungen, dann muß diesem Einwand ent gegnet werden, daß es sich bei diesen Skizzen und Darstellungen immer um Ei genarbeiten desselben Malers oder Plasti kers handelt, indes die Fassungen der Symphonien Anton Bruckners von fremden Händen und Hirnen stammten. Der Meister hat nur ungern in die Erleichterungen ein gewilligt und ist schnell zu seinen Ein fällen zurückgekehrt. Anders verhält es sich mit den Bemühun gen, die das Herkommen, leiblicher wie geistiger Art, und die Erinnerung betreffen. Die Wohnhäuser, Aufenthaltsorte, Gast stätten, Andenken, Freundschaften, persön liche Begegnungen, flüchtige oder bedeu tende Treffen sind zu pflegen, wie man nicht genug Unterstützungen den Plänen und Aufgaben der internationalen Gesellschaf ten und lokalen Bünde, die sich um seltene Darbietungen kümmern oder Kostbarkeiten horten, zuwenden kann. Wenn das Geburts haus Anton Bruckners in Ansfelden bei Linz in die Obhut des Kulturamtes der oberösterreichischen Landesregierung ge nommen wurde, wenn im Fremdenverkehr immer wieder auf den Komponisten hin gewiesen wird, weil er in Steyr, Gmunden oder Bad Ischl innere Ruhe suchte oder dienstlich zu tun hatte, wenn in nicht gerade sehr ähnlichen Büsten oder Bildern seine Erscheinung gegenwärtig sein sollte, wenn Klangkörper sich nach ihm benennen oder wie in Linz Musikhallen und Konservato rien seine Firmierung erhielten, so sind das nicht nur werbefördernde Äußerlichkeiten, die notwendig sind in einem kurzatmigen und denkfaulen Tag, sondern kleine, aber nicht zu übersehende Beiträge, um die späte Krone, die nicht ohne Dornen ist, in der Aufmerksamkeit eines schnellwendigen Publikums präsent zu lassen. Wo etwas für Anton Bruckner geschieht, ist gleichgültig. Es kann in Amerika sein oder in Japan. An seinem Katholizismus, der nicht nur kirchlich verstanden sein darf, werden sich die Auf nehmenden seiner Musik scheiden. Die seelische Beziehung rangiert vor dem Ort, wo die Kommunikation möglich ist. Denn Anton Bruckner gehört nicht mehr allein seiner Heimat, der natürlich eine sorgsame Pflege und eifrige Hütung aufgetragen ist, damit sie Welt werde; denn Anton Bruck ner gehört auch der Welt, die sich aller dings auf ihn, den Mitbegründer der Mo derne, vorzubereiten hat, damit sie Heimat Werke zur Stifter-Forschung aus dem Oö.Landesverlag EDUARD EISENMEIER Adalbert Stifter — Bibliographie XU und 316 Seiten, Ganzleinenband, Format 17 X 24 cm, S 285.-. Ausgaben und Literatur zum Werk und zur Persönlichkeit Adalbert Stifters überschaubar zu machen, ist das Anliegen des vorliegenden Buches. Die Beschäftigung des Autors mit dem Dichter, das Erlebnis gemeinsamer Urheimat, das Bedürfnis, Forschern, Hochschulseminaren und Lehrern für ihre schulische und wissenschaftliche Arbeit ein geordnetes, möglichst vollständiges Bild zu bieten, auch den Beitrag und die Wirkung Adalbert Stifters in der Weltliteratur zu bezeugen, ließen Eduard Eisenmeier in jahrelanger Arbeit dieses Buch schreiben. KURT GERHARD FISCHER Documenta Paedagogica Austriaca — Adalbert Stifter 736 Seiten Text in 2 Bänden, Format 12,5 X 20 cm,franz. broschiert,S 426.—. ADALBERT STIFTER Die Sonnenfinsterniß am 8. July 1842 Mit Beiträgen von Friedrich Witthauer, K. L. v. Littrow, Hans Sedlmayr und Hans Eisner. 5 Abbildungen,40 Seiten, Format 14,8 X 21 cm, broschiert, S 25.-.
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