Gegenwart mit dem Werk seines Pioniers Cooper zurecht und wie sieht es Cooper und Stifter zusammen. Stifter-Rezeption in England: Sie setzte be reits um die Mitte des vorigen Jahrhunderts ein. 1850 gab nämlich Mary Norman eine dreibändige Ausgabe unter dem Titel „Pictures of Rural Life in Austria and flungaria" heraus. Hinter dem malerischen Ti tel verbargen sich „Die Mappe meines Ur großvaters", „Abdias", „Hochwald", „Die Narrenburg", „Brigitta" und „Das Heide dorf", alle diese Werke bereits ins Englische übersetzt. Zwei Jahre später erschien noch einmal die englische Version dieses „Heide dorfes"(gefolgt später sogar noch von einer anderen Version!), weiter „Die Narren burg", „Feldblumen" und schließlich, eine anonyme Übersetzungsarbeit, „Berg kristall". Stifters Verleger Heckenast muß von die sen englischen Bucherfolgen seines Autors gewußt haben, denn anhand einer engli schen Rezension der deutschen „Studien" wurde eine für den Vertrieb des Werkes verantwortliche Londoner Buchhandlung genannt, „was schwerlich ohne Wissen des Originalverlegers geschehen konnte". Ur ban Roedl fährt 1966 in einer diesbezügli chen Abhandlung („Stifter englisch", Vierteljahrsschrift, Jahrgang 15, Folge 1/2) fort: „Über die Auflagenhöhe und den Verkaufs erfolg dieser frühen Übersetzungen läßt sich heute nichts mehr feststellen. An zunehmen ist jedenfalls, daß sie eine be trächtliche Verbreitung gefunden haben. Daß ein Land, für dessen Einrichtungen Stifter hohe Achtung bekundete, seinen Werken Teilnahme und hohe Anerkennung entgegenbrachte, hätte auf ihn, der in sei nem letzten Lebensjahrzehnt vom Erfolg nicht verwöhnt war, zweifellos die wohl tätigste Wirkung ausgeübt — wenn ihm die ser Erfolg bekannt geworden wäre." Xjl 1 I ^vp.// Links: Adalbert Stifter, Der Hagestolz, fran zösische Übersetzung, Brüssel und Leipzig 1857 Rechts: Porträtzeichnungen Rudolf Wernickes von Stifterforschern, entstanden in Bad Hall, von oben nach unten: Dr. Hermann Augustin (Schweiz); Dr. Franz Hüller (1885—1967), Mit herausgeber der Prag-Reichenberger StifterAusgabe; Univ.-Prof. Dr. Hermann Kunisch, Herausgeber der neuen Stifter-Ausgabe ,7. Kurz nach dem zweiten Weltkrieg, 1948 und 1952, veröffentlichte die führende bri tische Zeitschrift in Literaturkritik „The Times Literary Supplement" Artikel über eine Stifter-Monographie von E. A. Black hall und neue Forschungszusammenhänge. Das Interesse hielt weiter an, wie auch ein Leitartikel über Stifter und die ihm gewid mete Vierteljahrsschrift bewies. Allerdings fehlte es auch nicht an skeptischen Bemer kungen, etwa des Inhalts, die englische Leserschaft brauche zunächst zulängliche Übersetzungen, um sich ein ürteil bilden zu können. Es ist sicher der Hinweis nicht neu und fin det sich wohl auch in einem Stück Sekun därliteratur, das für diese Betrachtung nicht mehr erreichbar war: Stifter hat nämlich in der sprachlichen Realistik der Engländer, in ihrem Hang zum erzählerischen Verweilen, zu liebevoller Detailschilderung, zum Aus malen, zum Humor, auch in ihrem Natur gefühl ein kongeniales Verständnis vor- // m// r^. tm \" gefunden. Laurence Sterne ist der britische Jean Paul. Und über die Linie Sterne — Jean Paul führt wiederum der Weg zu Stifter. Bei Dickens und Walter Scott tau chen fast gleichzeitig verwandte Prosavor lieben auf und eine Idylle (nicht ohne tra gische und heroische Einschübe), wie sie Goldsmiths „The Vikar of Wakefield" („Der Landpfarrer von Wakefield") verkör perte, wirkte wahrscheinlich genauso wie auf den jungen Goethe so auch auf den jungen Stifter, der Goethes „Dichtung und Wahrheit", worin auf diesen Autor an gespielt wird, gelesen haben dürfte. Neben dem englischen dürfte der böh misch-deutsche Raum bis heute das relativ größte Verständnis für das Werk Adalbert Stifters entwickelt haben. Er legt auf den ersten Blick schon einen tieferen Zusam menhang frei, wenn man im „Hochwald" bereits 1862 die erste tschechische Überset zung (von dem Priester Roman Vorisek) zur Hand hatte. Der Böhmerwald bindet als gemeinsame Landschaft die beiden Na tionen. Zu einer Zeit hoch entwickelter Deutschsprachigkeit im böhmischen Raum kam es sogar noch wesentlich früher zu direkter oder indirekter literarischer Beein flussung, wie ein tschechisches Plagiat der Stifter-Erzählung „Kondor" vergnüglich nachweist. Bedeutsam ist Stifter als legaler Vorgänger der tschechischen Dorf-Novellistik, vor allem der Bozena Nemcova. Und Berührungspunkte hat er laut Alois Hofman auch mit vielen Vertretern der tsche chischen Heimatdichtung. Eigentümlicherweise — und das hat geistes geschichtliche Parallelen auch im italieni schen Raum — macht die Stifter-Rezeption die deutlichsten Fortschritte in den drei ßiger und vierziger Jahren dieses Jahrhun derts, „also in einer Zeitspanne der groß-
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