Oberösterreich, 20. Jahrgang, Heft 1, 1970

Außer den drei Becken des Handelshafens wurde ab 1962 sodann noch das Hafen becken VII für die Stickstoffwerke ausge baut, von dem noch zwei weitere Bekken des Tankhafens abzweigen. Etwa drei Viertel des Linzer Donauumschlages, der heute etwa das Zwanzigfache der Vor kriegszeit beträgt (Zunahme von jährlich zirka 150.000 bis 200.000 Tonnen auf jährlich 4,5 Millionen Tonnen), vollzieht sich im Industriehafenbecken der VÖEST. Die Verkehrskonzeption für das Industrie zentrum Linz hat sich hiebei sodann in der Praxis wesentlich weitläufiger und „gesamteuropäischer" entwickelt als ur sprünglich nach 1938 geplant, denn Linz ist heute ein Donauhafen für West- und Ost- sowie mit einem erheblichen Anteil von Überseetransporten — sei es, daß sie derzeit noch im gebrochenen Verkehr über Regensburg und die Nordseehäfen erfolgen, sei es im Rahmen des Donau-See-Verkehrs nach dem Vorderen Orient und in den Mittelmeerraum. Wenn auch die Schwerindustrie beim Lin zer Donauumschlag dominiert, so ist im gesamten hieran mehr als ein halbes Hun dert Industriebetriebe beteiligt, die etwa 55 Prozent der industriellen Produktion des Landes erbringen und 75 Prozent des Ex portes. Vor allem durch die belebende Kraft des kostenbilligen Massengüterverkehrs zu Wasser und ihre Sekundärwirkungen erhöhte sich die Industriepotenz Ober österreichs im Vergleich zur Vorkriegszeit auf das Neunfache. Das Bundesland war vor 1937 mit etwa je 8 Prozent an der ge samtösterreichischen Industrieproduktion und an der österreichischen Ausfuhr be teiligt — heute beträgt dieser Anteil zirka 22 Prozent der Produktion und etwa ein Viertel des Exportes. Die Auswirkungen der Transportkosten auf die Rohstoffversorgung der Industrie — und gerade Oberösterreich ist eine Wirt schaftsregion mit großem Massengüterbe darf und umgekehrt auch Massengüter aufkommen — sowie andererseits die Ver flechtungen, die sich durch die Donau und den Wandel in der Güterbeförderung für die österreichischen Weltmarktverbindungen ergeben, werden durch die Tatsache demon striert, daß infolge des Einsatzes von Groß frachtern im Hochseeverkehr und der Inan spruchnahme des Donauweges ab Regens burg das brasilianische Erz für die Einzer Schwerindustrie bei zwar doppeltem Eisen gehalt, aber trotz eines über Tausende von Kilometern erforderlichen Antransportes im Endeffekt pro Tonne um 100 Schilling billiger zu stehen kommt als das heimische Erz, das lediglich über eine Strecke von 145 Kilometer herangeführt werden muß. Und 1969 bezog die VÖEST via Regens burg 465.000 Tonnen Brasilerz. Würde die im Ausbau befindliche Rhein-Main-DonauVerbindung bereits bestehen — ihre Fertig stellung ist bis 1981 zu erwarten —, so hätte sich die oberösterreichische Industrie allein nach dem derzeitigen Volumen der Transportbewegungen 1969 zusätzlich zirka 120 Millionen Schilling an Transportkosten erspart. Die durch den Donauweg bewirkte Massie rung des Güterverkehrs findet auch bei den anderen Verkehrsträgern ihre Parallele. Auf den Bereich der Bundesbahndirektion Linz entfallen etwa 45 Prozent des Güter umschlages der ÖBB und mehr als ein Drittel der Frachteinnahmen, auf den enge ren Bereich der Landeshauptstadt rund 14 Prozent des Gesamtumschlages aller österreichischen Bahnhöfe. Ähnliches gilt für den gewerblichen Straßengüterverkehr und nicht zuletzt im Hinblick auf den Flug hafen Linz-Hörsching auch für den Luft frachtverkehr. Durch das Kraftwerk Ottensheim-Wilhering wird nicht nur das größte Schiffahrts hindernis an der österreichischen Donau endgültig saniert — das Aschacher und das Brandstätter Kachlet, sondern zugleich mit der Errichtung einer einzigen Staustufe die Voraussetzung geschaffen, daß nach Ein setzen des Rhein-Main-Donau-Verkehrs der genormte Europa-Güterkahn von 1350 Tonnen bei gutem Wasserstand Linz erreichen kann. Um jedoch das ganze Jahr über die Fahrt bis Linz zu sichern, ist die Schließung der sodann letzten Lücke auf der oberösterreichischen Donau durch die Stufe Mauthausen unbedingt notwendig. Ein kurzer Blick auf die energiewirtschaft liche Bedeutung des Donauausbaues: 1956 wurde das Grenzkraftwerk Jochenstein in Betrieb genommen, 1964 Aschach — das REISEANDENKEN SCHACHSPIELE JtUv.€.6ckUU' 4020 Linz, Hauptplatz 22 Tel. 51 488 und 25 28 14 Betrieb: Melicharstraße 4a Glas - und Porzel lanmalerei Glas- und P o r z e 1 1 a n f o t o g r a f i e Goldrömer, geschliffen, mit Musik größte Eaufkraftwerk Mitteleuropas, und 1968 Wallsee-Mitterkirchen. Bereits nach dem gegenwärtigen Ausbauzustand er bringt die Donau zirka 41 Prozent der gesamten oberösterreichischen Strompro duktion und rund 52,5 Prozent der oö. Stromerzeugung aus Wasserkraft. 1968 be trug die Gesamtstromerzeugung in Ober österreich 7,25 Milliarden kWh. Davon entfielen 5,93 Milliarden kWh auf Wasser kraftwerke und hievon wiederum 2,97 Mil liarden kWh auf Donaukraftwerke, wobei die Erzeugung des Grenzkraftwerkes Jo chenstein nur zur Hälfte mitgerechnet ist. Die Donaustufe Ottensheim-Wilhering wird jährlich 1208 Millionen kWh erbrin gen, Mauthausen voraussichtlich 960 kWh. Untersuchungen über die Wirtschafts struktur in der Bundesrepublik Deutsch land haben gezeigt, daß die Industrieum sätze an Wasserstraßen mehr als dreimal so hoch sind wie in wasserfernen Gebieten. Charakteristisch hiefür ist auch der Wan del, der sich an der bisher ausgebauten Strecke der Rhein-Main-Donau-Verbindung vollzogen hat. Allein auf der 140 Kilometer langen ausgebauten Mainstrecke zwischen Würzburg und Bamberg sind seit ihrer Fertigstellung 52 neue Umschlagstellen entstanden, von denen 12 einen Jahresum schlag von mehr als 100.000 Tonnen auf weisen. 18 neue Industriebetriebe haben sich am Wasser angesiedelt. In Österreich hat mit Ausnahme der dominierenden Konzentration in Linz und manchen Entwicklungen in Krems und im Wiener Raum die Industrie standortmäßig die Donau noch wenig genützt. 1935 wur den an der österreichischen Donau 1,35 Millionen Tonnen umgeschlagen; hievon entfielen etwa 60 Prozent auf die Städte Wien und Linz und nahezu 40 Prozent auf den Ländenumschlag in anderen Orten. Von den 7,8 Millionen Tonnen hingegen, die 1968 an der österreichischen Donau ver laden wurden, erreicht der Umschlag von Linz und Wien 96,5 Prozent, und nur 3,5 Prozent entfielen auf den Hafen Krems und den Ländenverkehr. Das industrielle Vakuum abseits der großen Städte ist also noch auffälliger geworden — ein Zustand allerdings, der keinesfalls bestehen bleiben wird. Von dieser Warte aus betrachtet, gewinnen nicht nur die Maßnahmen zum weiteren Ausbau der Donau höchste Aktualität, son dern auch die Erwägungen bezüglich der Schaffung künftiger Hafenanlagen und Umschlagseinrichtungen. — Zunächst wird das Augenmerk auf Linz zu richten sein, wo bereits großzügig ausgebaute Hafen anlagen bestehen, die mit dem Blick auf die Rhein-Main-Donau-Verbindung pro jektiert wurden und bei Ausgestaltung der technischen Umschlagseinrichtungen ohne Schwierigkeiten das Doppelte des derzeiti gen Umschlages bewältigen könnten. Auf weite Sicht erfolgte auch die Situierung und der Ausbau der österreichischen Zollfrei-

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