Oberösterreich, 20. Jahrgang, Heft 1, 1970

Fritz Eckart Barth Hallstatt — Patenort einer Epoche Es gehört zu den Gepflogenheiten der Urgeschichtsforschung, Fundgruppen gleichen Gepräges unter der Bezeichnung „Kultur" zusammenzufassen und mit dem Namen eines bedeutenden Fundortes zu versehen. Die Formengemeinschaft, die uns ab etwa 800 vor Christi Geburt in weiten Teilen Mitteleuropas entgegentritt, wird seit dem Jahre 1874 mit gutem Grund „Hallstatt kultur" benannt. Im Jahre 1846 hatte näm lich der Bergmeister Johann Georg Ramsauer im Salzbergtale hoch über dem heutigen Markt Hallstatt ein Gräberfeld entdeckt und in den folgenden zwei Jahr zehnten fast zur Gänze ausgegraben. Zwar war man schon früher wiederholt auf prähistorische Objekte gestoßen — so be richtet die Salzberg-Chronika des Johann R. Riezinger für das Jahr 1710 den Fund eines Skelettes mit einer Lanzenspitze — J' wr^C -k Rfv • . ■ n-li P> M doch erst Ramsauer erkannte den Friedhof charakter und die historische Bedeutung. Er hat durch seine genaue Arbeitsweise und gewissenhafte Dokumentation, die damals durchaus noch nicht selbstverständlich war, unersetzliche Werte der Nachwelt erhalten. Sein treuer Helfer war Isidor Engel, der die Grabsituationen in prachtvollen Aquarellen festhielt (Abb. 1). Es ist das Verdienst dieser beiden Männer, daß fast hundert Jahre nach Beendigung der Gra bung eine moderne, den heutigen Anfor derungen der Wissenschaft gerechte Bear beitung durch K. Kromer möglich war. Die Funde kamen in das k. k. Münz- und Antikenkabinett und werden heute in der Prähistorischen Abteilung im Naturhistori schen Museum in Wien aufbewahrt. Als Ramsauer im Jahre 1863 die Grabun gen einstellte, hielt er das Gräberfeld für erschöpft. Dennoch versuchten zahlreiche Institutionen und Persönlichkeiten ihr Glück. Bergrat Stapf war recht erfolgreich und konnte für das Linzer Museum 175 Gräber bergen. In den Jahren 1884 bis 1899 grub der neugegründete Musealverein Hallstatt unter seinem ersten Kustos Isidor Engel mehrere Gräber aus und machte sich durch den Ankauf zahlreicher Funde aus älteren Raubgrabungen verdient. 1907 ließ die Großherzogin von Mecklenburg mit Erlaubnis des Kaisers eine große Grabung durchführen. Nennenswerte Erfolge blieben ihr jedoch versagt. Dann wird es ziemlich still um das große Gräberfeld. Erst im Jahre 1936 gelang wieder ein großer Wurf. Friedrich Morton, seit 1925 Kustos des Hallstätter Museums, entdeckte den abseits gelegenen, jüngsten Teil des Gräberfeldes und konnte eine Anzahl sehr bedeutender Funde bergen. Heute gilt das Gräberfeld von Hallstatt zum zweiten Male in der Geschichte seiner Erforschung als erschöpft. Bis auf den heutigen Tag ist es jedoch noch nicht gelungen, die Wohnstätten der prähistorischen Bergleute zu finden, obwohl anzunehmen ist, daß sich auch diese in dem engen Hochtale, dem Salzbergtale, befun den haben. Trotz des bedauerlichen Aspek tes ist diese Tatsache tröstlich. Auch kom mende Generationen von Archäologen haben die Chance, an diesem Brennpunkt der europäischen Geschichte der Frühzeit noch ein reiches Betätigungsfeld zu finden. Die Funde aus dem Gräberfeld Hallstatt erregten schon bald nach der Auffindung

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